Seit geraumer Zeit benutzt die Leipziger Stadtverwaltung nicht mehr die alte Schreibweise Kiew für die ukrainische Hauptstadt, sondern schreibt recht konsequent Kyjiw. Was sie noch vor zwei Jahren eher ablehnte. Aber der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat einiges verändert. Und die Schreibweise von Städtenamen ist hochpolitisch. Was jetzt die SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat zu einer Anfrage veranlasste: Wie hält es Leipzig mit der Partnerstadt?

„Die ukrainische Hauptstadt wird in Deutschland, wie auch in vielen Veröffentlichungen der Stadt Leipzig, so auch auf dem Rathausvorplatz ‚Kiew‘ geschrieben. An einigen Stellen, wie dem Aufsteller zu den Leipziger Städtepartnerschaften in der unteren Wandelhalle oder auf der Straßenbahn nutzt die Stadt Leipzig die Schreibweise Kyiv oder auch Kyjiw“, stellte die SPD-Fraktion in ihrer Anfrage fest.

„Sehr vielen Ukrainerinnen und Ukrainern ist die Schreibweise nicht egal, die Buchstaben sind ein Zeichen der Anerkennung. Anfang 2024 hat daher auch das Auswärtige Amt die Schreibweise geändert. Hintergrund: Im Russischen heißt die Stadt Киев, deutsche Transkription: Kijew/Kiew. Im Ukrainischen heißt die Stadt Київ, deutsche Transkription: Kyjiw. Kyiv ist die englische Variante. Umbenannt wurde unsere Partnerstadt schon 1995.“

Nun amtlich korrekt

Das Referat für Internationale Zusammenarbeit hat nun geantwortet. Und seit der letzten Diskussion um die Schreibweise der ukrainischen Hauptstadt im offiziellen Gebrauch der Stadt Leipzig hat sich ja auch auf anderer Ebene etwas geändert. Das Auswärtige Amt der Bundesrepublik hat nämlich die offizielle Schreibweise inzwischen auch geändert: „Die Stadt Leipzig orientiert sich an der vom Auswärtigen Amt seit Anfang 2024 verwendeten Schreibweise Kyjiw (dt.) und Kyiv (engl.).“

Und das hat eben auch Folgen nicht nur für Plakate, Pressemeldungen und Briefköpfe. Es betrifft auch eine ganz offizielle Straßenbenennung in Grünau.

„Die Kiewer Straße wurde in den 70ern gebaut und so benannt. Plant die Stadt Leipzig zur Einordnung des Straßennamens am Straßenschild der Kiewer Straße ein erklärendes Schild zur Transkription aus der ukrainischen und historischen Einordnung?“, wollte die SPD-Fraktion deshalb wissen.

Vor einer wirklichen Umbenennung der Straße schreckt die Stadt aber weiterhin zurück.

Das wird schon deutlich, wenn das Referat internationale Zusammenarbeit den ganzen schwierigen Diskussionsprozess von vor zwei Jahren noch einmal beschreibt: „Bereits in der Dienstberatung des Oberbürgermeisters vom 11.03.2024 wurde die Festle­gung getroffen, dass die Schreibweise ‚Kyjiw/Kyiv‘ fortan in der Kommunikation der Stadt Leipzig maßgeblich sei.

Der Stadtbezirksbeirat West brachte eine Erläuterungstafel an der Kiewer Straße nachfolgend an, die auf den Charakter einer Partnerstadt zu Leipzig hinweist. Parallel dazu schlug ein Antrag des Jugendparlaments (VII-A-07308) eine Umbenen­nung/Doppelbenennung der Kiewer Straße in Grünau vor. Der Antrag wurde abgelehnt, da zahlreiche Unternehmen von der Umbenennung betroffen wären und zum Zeitpunkt der Beschlussfassung noch die Schreibweise ‚Kiew‘ durch das Auswärtige Amt geführt wurde.

Im Nachgang zu dem geschilderten Prozess wurde festgelegt, dass ein Erläuterungsschild in der Kiewer Straße angebracht wird, das auf die Änderung der Namensgebung hinweist. Hierzu befindet sich das Amt für Statistik und Wahlen derzeit in Abstimmung mit Jugendpar­lament und dem SBB West. Ein Vorschlag für eine angepasste Erläuterungstafel, die der angepassten Schreibweise und den Hintergründen Rechnung trägt, wird nach Abschluss des Abstimmungsprozesses vorgelegt.

Zudem wird online im Straßenverzeichnis der Stadt Leipzig eine ausführliche Erklärung hinterlegt.“

Wenigstens die Bodenplatte soll ausgetauscht werden

Aber auch auf den Bodenplatten auf dem Rathausvorplatz, wo Leipzigs Partnerstädte gewürdigt werden, taucht „Kyjiw“ noch als „Kiew“ auf. Die Bodenplatte müsste also durch eine mit dem korrekten Namen ausgetauscht werden. Die Stadt plant den Austausch tatsächlich, ein Angebot mit Kostenvoranschlag für den Tausch der Bodenplatte liegt derzeit freilich noch nicht vor.

Aber das Referat Internationale Zusammenarbeit betont: „Nach Vorliegen des Kostenvoranschlages wird über die Durchführbarkeit im Rahmen des Planansatzes des Doppelhaushaltes 2025/2026 entschieden.“ Man würde sich aber im Rathaus sehr freuen, wenn eine bürgerschaftliche Initiative die Kosten für den Austausch übernimmt: „Die Stadt Leipzig begrüßt eine Initiative zur Unterstützung des Tausches der Bodenplatte.“

Eigentlich wäre das ja auch eine Idee für die Umbenennung der Kiewer Straße in Kyjiwer Straße, wenn die dort ansässigen Firmen sich das nicht leisten können. Das wäre dann wirklich ein starkes Zeichen im Rahmen der Städtepartnerschaft. Die Erklärtafeln am Straßenschild sind nicht mal ein guter Kompromiss. Nur ein Versuch, das Ganze ohne Aufhebens irgendwie abzuhaken.

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Brnoer Straße, Prahaer Straße, Krakower Straße, Wroclawer Straße … Die betreffenden Städte heißen auch nicht so, wie die Straßen jetzt benannt sind. Wo fängt man an, wo hört man auf…?

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