Trotz historisch schlechter Wahlergebnisse bei der Stadtrats- und Landtagswahl 2024 wollen sich die Mitglieder des FDP-Kreisverbandes nicht unterkriegen lassen. Auch die Tatsache, dass die Partei in den Wahlumfragen inzwischen unter „Sonstige“ geführt wird, hinderte sie nicht daran, am Montag, dem 9. Dezember, ihre Leipziger Direktkandidaten für die Bundestagswahl aufzustellen.
Bei den Kandidatenvorstellungen machten die FDPler deutlich, dass es ihnen nicht um die Themen Ampel und die Kommunikation der Bundespartei zu D-Day-Skandal ging. Die Leipziger Liberalen wollen sich auf ihren Markenkern besinnen.
Der Kreisvorsitzende, Dr. Alexander Gunkel, der als selbständiger Softwareingenieur tätig ist, erklärte das für sich wie folgt: „Ich möchte heute etwas anderes erwähnen, was ich im Wahlkampf und in nächster Zeit in den Vordergrund stellen möchte. Ich habe ja, das kommt aus der Philosophie, eine bestimmte Auffassung von Liberalismus.
Bei Liberalismus, da geht’s darum, dass man Menschen zu Pilotinnen und Piloten ihres Lebens macht. Und das ist das, meine ich, was Liberalismus im Kern ausmacht. Das ist das, was uns als Liberale in unserem Leben kennzeichnet. Nämlich, dass wir unser Leben in die eigene Hand nehmen wollen, dass wir selbstbestimmt leben wollen und dass wir Verantwortung tragen wollen.“
Zeit für Haustürwahlkampf
Er betonte auch: „Ein paar Worte noch zum Wahlkampf. Ich glaube, es wird um Vertrauen gehen. Wir müssen Vertrauen aufbauen. Wir haben in den letzten Wahlkämpfen gemerkt, wir müssen es schaffen, auf Leute zuzugehen und uns für die Leute zu interessieren. Wir haben aus den Wahlkämpfen gelernt, dass es verschiedene Wege gibt, wie man nicht erfolgreich ist.
Nämlich mit vielen Plakaten oder vielleicht auch mit Ständen. Unser Versuch wird es sein, das möchte ich machen, Haustürwahlkampf zu machen, vor allem Haustürwahlkampf bei kleinen Unternehmern, bei Soloselbstständigen. Dort, wo die Leute sind, die versuchen unternehmerisch tätig zu sein und ihr Leben in die Hand zu nehmen.“
Alexander Gunkel wurde – ohne Gegenkandidaten – mit großer Mehrheit zum Direktkandidaten für „Leipzig I“, Wahlkreis 151, gewählt.
Für den Wahlkreis Leipzig II gab es zwei Kandidaten und somit eine Stichwahl, aus der Zimmerermeister Peter Jess als Gewinner im Duell mit Ralf-Peter Wirth hervorging. Er betonte in seiner Vorstellungsrede:
„Liebe Parteifreunde, es geht mir nicht nur um das Handwerk. Es geht mir auch um die ideelle Freiheit jedes einzelnen.
Wenn ich mir die Forderungen aller Parteien ansehe, dann sehe ich die ideelle Freiheit zunehmend in Gefahr. So will die AfD beispielsweise die Teilnahme am CSD erst mit 18 erlauben. Der nächste Schritt wird sein, den CSD zu verbieten. So wie es zum Beispiel in Russland ist. Auch wollen sie das Thema aus dem Lehrplan streichen. Heranwachsenden Menschen die Vielfältigkeit verschweigen: Das ist ein Fehler. Wenn dann das Thema auch zu Hause tabu ist, leiden Jugendliche mit ihrer Sexualität oft unter massivem emotionalen Druck.
Die Folge kann eine gesteigerte Selbstmordrate sein. Das kann nicht unsere Vision einer offenen Gesellschaft sein. Doch bleiben wir bei der Bildung. In einigen Wahlprogrammen der AfD steht der Nebensatz: Jeder, der den Klassendurchschnitt nach unten zieht, muss aus der Klasse entfernt werden. Inklusion – Fehlanzeige.
Die individuelle Leistung wird als uninteressant abgeteilt. Es wird ein Bildungsprogramm vorgeschrieben, welches nicht die Person als Individuum berücksichtigt. Bildlich gesprochen, man erwartet von einem Fisch, dass er laufen kann.“
Der Ampel-Sturz aus Sicht der FDP
Das Grußwort des Bundestagsabgeordneten Torsten Herbst beinhaltete erwartbar die Rolle der FDP beim Zerfall der Ampel. Aus seiner Sicht war es, spitz gesagt, dumm gelaufen.
„Ich glaube, keiner von uns hätte gedacht, dass wir so zeitig Bundestagswahlen haben, daran sind wir ja natürlich als FDP nicht ganz unschuldig, wenn man ehrlicherweise die Situation sich betrachtet. Auch wenn am Ende das Handeln natürlich von jemand anders ausging, aber die letzten Tage und Wochen waren ziemlich ruppig, sicher auch nicht fehlerfrei von unserer Seite, um das mal sehr diplomatisch zu formulieren.
Dennoch glaube ich, dass am Wahltag, wer welche PowerPoint-Folien gemacht hat und wer was getan hat, nicht das Entscheidende sein wird.“
Auch so kann man das sehen.
Zuversichtliche Direktkandidaten
Wir haben die beiden Direktkandidaten gefragt, was sie unter den derzeitigen Umständen motiviert für die FDP anzutreten?
Für Alexander Gunkel ist es: „Die Überzeugung von den Inhalten. Ich bin überzeugter Liberaler, vielleicht kann man auch sagen überzeugter Sozialliberaler. Ich habe meine Heimat in der Freien Demokratischen Partei. Es gibt keine andere Partei, wo ich die Inhalte unterbringen kann und den Impetus, wofür ich Politik mache. Nämlich, dass individuelle Freiheit etwas zählt, dass den Menschen etwas zugetraut wird und wir damit auch in die Zukunft kommen.“
Peter Jess sagte: „Auch wenn die letzten zwei Wahlen nicht erfolgreich waren, glaube ich immer noch an die FDP. Und wenn wir wirklich auf die Inhalte wieder zurückgehen, vor allem die individuelle Freiheit, die Leistungsbereitschaft und wir das den Leuten wirklich erklären, dann werden wir auch wieder über fünf Prozent kommen. Auch mit dem Ampel-Aus sind ganz andere Vorzeichen gesetzt, als vor einem halben oder dreiviertel Jahr.“
Die Freien Demokraten zeigen sich zuversichtlich. Ob sie nochmal eine Chance bekommen, darüber entscheiden die Wählerinnen und Wähler, voraussichtlich am 23. Februar 2025.
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