Am 18. Dezember in der Ratsversammlung stehen die beiden Anträge zwar noch nicht auf der Tagesordnung der Ratsversammlung. Der Schlagabtausch über das praktisch gemeinsame Vorgehen von CDU- und AfD-Fraktion beim Thema „Kein sicherer Hafen für illegale Migration!“ dürfte zum Jahresbeginn stattfinden. Aber das Sozialdezernat lehnt das Anliegen der beiden Anträge schon deutlich ab. Auch weil CDU und AfD das Gegenteil von dem wollen, wofür die weltoffene Stadt Leipzig eigentlich steht.

Dass es am 14. Oktober 2020 überhaupt zum Ratsbeschluss VII-DS-01138 und dann zum Beitritt der Stadt Leipzig zum Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ und der Übernahme einer ideellen Patenschaft für das Boot „Rise above“ der Mission Lifeline kam, hatte damals mit all den Tragödien auf dem Mittelmeer zu tun, als immer mehr Flüchtende verzweifelt versuchten, mit Booten nach Europa zu kommen und immer mehr dieser Boote verunglückten. Dieser Tragödie einfach nur zuzuschauen, ist schlichtweg unmenschlich. Und feige noch dazu.

Überbietung von rechts

Dass die AfD-Fraktion überhaupt einen Antrag stellte, Leipzig soll aus dem Bündnis austreten, hat mit einem Vorstoß der CDU-Fraktion in Dresden zu tun: „Im März 2024 folgte unsere Landeshauptstadt Dresden diesem Beispiel auf Antrag der dortigen CDU-Fraktion.“ Was nun die Leipziger CDU-Fraktion nicht auf sich sitzen lassen wollte und einen Änderungsantrag zum AfD-Antrag stellte, der noch viel rigoroser ist.

Auch wenn ein Beitritt zum Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ eher nur symbolischer Natur war. Der Beschlusspunkt dazu lautete 2020: „Die Stadt Leipzig tritt dem kommunalen Bündnis ‚Städte Sicherer Häfen‘ bei.“

„Entsprechend Beschlusspunkt 1 ist der Beitritt zum Bündnis ‚Städte Sicherer Häfen‘ durch Erklärung des Oberbürgermeisters am 3. November 2020 erfolgt. Aus dieser Erklärung ergeben sich keine materiellen oder finanziellen Verpflichtungen“, geht das Sozialdezernat auf diesen Beschlusspunkt ein.

„Das Bündnis besteht aktuell aus 120 Mitgliedern. Ihm gehören Städte, Gemeinden und Landkreise an. Die Bündnismitgliedschaft bringt das Solidaritätsbekenntnis mit der Initiative ‚Seebrücke‘ und mit der zivilen Seenotrettung im Mittelmeer zum Ausdruck. Die Stadt Leipzig nutzt die Mitgliedschaft verstärkt zum Informationsaustausch mit anderen Kommunen und der Erprobung neuer Formen der nationalen und internationalen Zusammenarbeit.

Seit Juni 2022 wirkt die Stadt Leipzig im europäischen Städtenetzwerk International Alliance of Safe Harbors (IASH) mit. Das Netzwerk von 36 europäischen Städten setzt sich für eine humanitäre Asyl- und Migrationspolitik und mehr legale Migrationsmöglichkeiten ein.“

Denn gäbe es mehr legale Möglichkeiten, Asyl in Europa zu bekommen, wären all die bis heute andauernden Tragödien auf dem Mittelmeer vermeidbar.

Für Leipzig geradezu rufschädigend

Dem Außenbild der Stadt Leipzig jedenfalls würde eine Zustimmung zu einem der beiden Anträge schaden, stellt das Sozialdezernat fest.

„Der Antrag sollte aufgrund der zu erwartenden Nachteile für die Stadt Leipzig abgelehnt werden. Neben dem humanitären Bekenntnis, sich für im Mittelmeer aus Seenot gerettete Menschen einzusetzen, dient die Mitgliedschaft im Städtenetzwerk Bündnis ‚Städte Sicherer Häfen‘ der Stadt Leipzig verstärkt dem Informationsaustausch und der Erprobung neuer Formen der nationalen und internationalen Zusammenarbeit. Die Mitgliedschaft im europäischen Städtenetzwerk International Alliance of Safe Harbors (IASH) dient dem Informationsaustausch auf europäischer Ebene. Diese Aktivitäten sind Netzwerkaktivitäten und binden keine finanziellen oder materiellen Ressourcen der Stadtverwaltung Leipzig.

Ein Austritt aus den genannten Bündnissen würde Leipzigs Ansehen national und international beschädigen. Die Stadt würde signalisieren, dass sie sich von ihrer humanitären Verpflichtung und der Unterstützung für aus Seenot gerettete Menschen abwendet. Dies bedeutete eine Abkehr von Werten wie Solidarität und Verantwortung gegenüber Schutzsuchenden und stellte Leipzigs Engagement für eine faire Asyl- und Migrationspolitik in Frage.

Ein solcher Schritt widerspräche den strategischen Zielen der Stadt. Als weltoffene Stadt mit gelebter Willkommenskultur bemüht sich Leipzig, Ankunftshürden abzubauen, Internationalität erlebbar zu machen und ein offenes Miteinander zu fördern. Zudem gefährdete ein Austritt Leipzigs Rolle als Motor in europäischen Städtenetzwerken und als glaubwürdiger Partner in nationalen und internationalen Kooperationen. Die Stadt verlöre an Einfluss und sendete ein negatives Signal an Partnerstädte, internationale Fachkräfte und die Leipziger Zivilgesellschaft, die sich für eine humanitäre und solidarische Politik einsetzen.“

Da ist eigentlich alles zusammengefasst.

Die Anträge von CDU und AfD sind blanker Populismus und längst auch wieder Wahlkampf-Klamauk, geht es doch im Februar 2025 um die Wahl des nächsten Bundestages. Und wieder laufen Parteien wie die CDU der rechtsextemen AfD hinterher und blasen das Thema Migration zum Wahlkampfthema auf, ohne am Ende auch nur einen vernünftigen Vorschlag auf den Tisch zu packen, wie Migration besser und menschlicher organisiert werden könnte. Was man von der CDU zumindest erwarten dürfte. Aber da kommt einfach nichts. Stattdessen legt man noch einen verschärften Änderungsantrag zu einem AfD-Antrag vor, als gelte es im rechten Spektrum, einander in Gnadenlosigkeit zu übertreffen.

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