Die einen starten Petitionen und Proteste, wenn die Stadt in bestimmten Straßen endlich dazu übergeht, das Parken auf Gehwegen zu sanktionieren. Und die anderen fragen sich, warum das so spät geschieht. Warum es, wie Felix Schröter in seiner Einwohneranfrage formulierte, erst das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Juni 2024 zum Gehwegparken brauchte, dass die Stadt jetzt tatsächlich verstärkt das Parken auf Gehwegen unterbindet. Für besondere Aufregung sorgte ja das Vorgehen in der Karl-Heine-Straße.

Wo die Stadt in diesem Jahr die Jahre alten falschen Markierungen entfernte und mit freundlichen Zetteln darauf hinwies, dass das Parken hier auf dem Gehweg sowieso verboten ist. Was auch durch kein Gewohnheitsrecht aufgehoben werden kann. Rechtsgültige Parkmöglichkeiten sollen durch amtliche Parkmarkierungen künftig geordnet geschaffen werden.

Aber der Vorgang animierte Felix Schröter eben doch zu einigen Fragen, ob das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Juni dabei eine besondere Rolle spielte.

„Welche Konsequenzen hat die Stadt Leipzig aus dem Urteil gezogen oder beabsichtigt sie, solche noch zu ziehen?“, fragte er deshalb. Und: „Haben die Leipziger gemeindlichen Vollzugsbediensteten eine Anweisung erhalten, künftig keine Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit Gehwegparken mehr zu dulden? Wie viele der seit August in der Karl-Heine-Straße erteilten Strafzettel wegen Gehwegparkens wurden im Nachhinein von der Stadt zurückgenommen, und aus welchen Gründen erfolgten diese Rücknahmen?“

Fünf Jahre Vorlauf

Geantwortet hat ihm direkt das Ordnungsamt, das ja das rechtmäßige Parkverhalten in Leipzig kontrollieren muss. Und tatsächlich hat Leipzig gar nicht erst auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Zuständen in Bremen gewartet. Denn die Rechtslage war ja auch vorher schon dieselbe. Und das Ordnungsamt stand jahrelang in der Kritik, dass es diese stadtweit zu beobachtenden Verstöße gegen die StVO nicht wirklich konsequent verfolgt hat.

Und das gesteht das Ordnungsamt indirekt auch zu, wenn es nun antwortet: „Aktuell wird darauf aufbauend der Fußverkehrsentwicklungsplan erarbeitet. An zahlreichen Stellen und Straßenzügen gibt es jedoch auch weiterhin einen Bedarf, Fußwege freizuhalten und die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Dieser Bedarf ist bekannt und Gegenstand verschiedener strategischer Konzepte bzw. Maßnahmenprogramme sowie des gezielten Stellenaufwuchses in der Verwaltung.

So wurde Anfang 2023 eine Arbeitsgruppe Schmale Straßen gebildet. Sie setzt sich aus dem Ordnungsamt, der Branddirektion, der Stadtreinigung, der strategischen Verkehrsplanung und der Straßenverkehrsbehörde zusammen, die gemeinsam systematisch den diesbezüglich problematischen Straßenbestand prüfen und die Umsetzung der Freihaltung der dortigen Gehwege vorantreiben.“

Der eigentliche Auslöser: Beschwerden von anderen Verkehrsteilnehmern, die sich mit diesen Zuständen nicht abfinden wollten.

Das Ordnungsamt dazu: „Hier gibt es eine Beschwerdelage zu zugeparkten Gehwegen, verstellten Querungsmöglichkeiten, nicht abgeholten Tonnen und, zum Glück selten, von Rettungsfahrzeugen, die nur erschwert ihren Einsatzort erreichen. Die vorhandenen Straßenbreiten erlauben gemäß StVO oftmals nur ein einseitiges Parken am Fahrbahnrand. Der Gesetzgeber schreibt allerdings keine Parkordnung für diese Fälle vor, was in der Praxis letztlich die Befahrung mit Entsorgungs- und Rettungsfahrzeugen weiterhin erschwert.

Die Verwaltung hat deshalb begonnen, in engen Straßen die Markierung einer Parkordnung vorzunehmen. Diese stellen verständlich dar, wie der gültige Rechtsrahmen aussieht. In den meisten Fällen entfallen dadurch keine legalen Parkmöglichkeiten. Eine ganze Reihe von Straßen wurde bereits mit entsprechenden Markierungen versehen und für weitere die Anordnungen dafür erlassen.“

Teil der Fußverkehrsstrategie

Womit die Antwort eben die andere Seite einmal beleuchtet, die bei all den Wortmeldungen von Kfz-Besitzern, die um ihren Gewohnheitsparkplatz trauern, nicht vorkommt: Dass die auf Fußwegen geparkten Autos eine ganze Reihe anderer Menschen und schwächere Verkehrsteilnehmer behindern.

Es gibt sogar einen Stadtratsbeschluss, teilt das Ordnungsamt mit: „Die Ratsversammlung hat zudem mit ihren Beschlüssen zum Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 sowie zur Fußverkehrsstrategie festgelegt, dass Gehwege frei von ruhendem Verkehr bleiben und bei bestehendem zugelassenen Gehwegparken geprüft werden soll, dieses in andere Angebote zu überführen.

Die Verwaltung hat hier bereits alle Straßenabschnitte identifiziert, an denen derzeit das Verkehrszeichen 315 anzutreffen ist. Dies betrifft etwa 6,1 km (ca. 0,3 %) der über 2.000 km Gehwege in Leipzig. Einzelne Abschnitte für eine Neubewertung wurden bereits identifiziert und die Anpassung der Verkehrsorganisation veranlasst.“

Die Sache hat in Leipzig sogar noch eine viel längeren Vorlauf, wie das Ordnungsamt betont: „Nicht zuletzt wurde die Kontrolle ordnungswidrigen Gehwegparkens in Wohngebieten bereits seit 2019 in der Einsatzplanung für die Außendienstbeschäftigten der Verkehrsüberwachung deutlicher priorisiert. Eine weitere Erhöhung der Kontrollintensität wurde durch die vom Stadtrat beschlossene Personalzuführung zur Erhöhung der Verkehrssicherheit vorgesehen.“

Es braucht rechtssichere Ausschilderungen

Und auch zur Vermutung, das Ordnungsamt habe das rechtswidrige Parken auf Gehwegen jahrelang geduldet, äußert sich das Ordnungsamt. Aus seiner Sicht braucht ex für das Sanktionieren von Ordnungswidrigkeiten eben auch eine rechtskonforme Ausschilderung: „Das Parken auf diversen Flächen, die eigentlich den Fußgängern vorbehalten sind, wurde auch in der Vergangenheit nicht ‚geduldet‘ im Sinne des Einverständnisses oder der Zustimmung, sondern konnte ggf. aus unterschiedlichen Gründen nicht rechtswirksam angezeigt werden.

Unerlaubtes Parken auf Gehwegen und dafür nicht vorgesehenen Verkehrsflächen wurde und wird auch in Zukunft im Rahmen der turnusmäßigen Kontrollen der Verkehrsüberwachung angezeigt, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen beweisbar vorliegen.“

468 Anzeigen auf der Karl-Heine-Straße

Aber spannend ist eben auch Schröters Frage: „Wie viele der seit August in der Karl-Heine-Straße erteilten Strafzettel wegen Gehwegparkens wurden im Nachhinein von der Stadt zurückgenommen, und aus welchen Gründen erfolgten diese Rücknahmen?“

Das Erstaunliche ist, dass trotz der medial begleiteten Klarstellung in der Karl-Heine-Straße und den Verwarnzetteln trotzdem noch einige hundert Kfz-Besitzer ihr Fahrzeug auf den Gehweg stellten: „In der Zentralen Bußgeldbehörde sind im Zeitraum vom 01.08.2024 bis 08.11.2024 insgesamt 468 Ordnungswidrigkeitenanzeigen mit dem Tatvorwurf ‘Parken auf dem Gehweg’ zum angefragten Terrain eingegangen.

Davon wurden 14 Verfahren mit einer Verwarnung ohne Verwarnungsgeld (§ 56 Abs. 1 Satz 2 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten – OWiG) beendet. Sieben Verfahren wurden im pflichtgemäßen Ermessen eingestellt (§ 47 Abs. 1 OWiG), was beispielsweise wegen eines zu geringen Tatvorwurfs oder eines unangemessenen Ermittlungsaufwandes der Fall sein kann. Zehn Verfahren wurden aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen eingestellt (§ 170 Abs. 2 Satz 1 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG). Dies kann z. B. dann notwendig sein, wenn der Täter nicht ermittelbar ist oder die erforderlichen Beweismittel fehlen.“

Das Ordnungsamt hat jetzt also ein Auge auf diesen Straßenabschnitt. Im September kündigte ja Baubürgermeister Thomas Dienberg an, dass die Karl-Heine-Straße hier ein reguläres Parkkonzept bekommen soll. Erste Vorstellungen, wie das aussehen soll, sollten zwar schon im Oktober vorgelegt werden. Aber auch das braucht ganz offensichtlich wieder mehr Zeit, als zuvor gedacht.

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