Der Doppelhaushalt der Stadt Leipzig ist alle zwei Jahre eines der wichtigsten Themen im Stadtrat. Was soll die Stadt wofür ausgeben? Soll die Stadt Kredite aufnehmen, wenn ja, in welcher Höhe? Wo kann gespart werden und wo muss zusätzlich investiert werden? Diese und weitere Fragen beschäftigen die Stadtratsfraktionen seit der Vorlage des Haushaltsvorschlags durch den Finanzbürgermeister am 2. Oktober 2024.

Für den 27. November lud die CDU-Fraktion zu einem Pressegespräch ein, bei dem der Fraktionsvorsitzende Michael Weickert und Falk Dossin als finanzpolitischer Sprecher einen Überblick über das Paket ihrer Haushaltsanträge vorstellten.

Den Grundtenor der Anträge und somit des Pressegesprächs setzte Michael Weickert gleich zu Beginn: „Der Haushalt ist ja erarbeitet worden über das ganze Jahr und wurde uns am 2. Oktober offiziell übergeben. Aber die Planungsprämissen haben sich seitdem schon wieder deutlich verändert und verschlechtert. Man kann das, denke ich, kurz zusammenfassen: Es fehlen, Stand jetzt, für die kommenden zwei Jahre schon 110 Millionen Euro im Haushalt.

Da haben wir noch nicht die ganzen Risiken mit einkalkuliert, die vielleicht noch irgendwie kommen könnten. Deswegen haben wir als CDU-Fraktion in unseren Haushaltsanträgen ein ambitioniertes Programm vorgelegt. Man kann sagen, wir planen mit Einsparungen von über 200 Millionen Euro. Und natürlich, Einsparungen bedeuten auch immer, dass es unbequem wird.

Wir haben Mindereinnahmen zu 2024 im Jahr 2025 von 110 Millionen Euro und im Jahr 2026 von 130 Millionen Euro. Das heißt: Eigentlich müsste man, wenn man es genau sieht, schon mal allein 240 Millionen Euro einsparen in den beiden Jahren, um nur die Mindereinnahmen zu decken.“

Wo soll es unbequem werden?

Zuerst ging es um das Personal der Stadt Leipzig. Da will die CDU-Fraktion einen harten Einschnitt machen, wie Michael Weickert ausführte: „Ich will es Ihnen einfach darstellen: Die Stadt Leipzig hat zwischen 8.300 und 8.400 Stellen. Wir hatten im Jahr 2019/2020 7.731 Stellen, ziemlich auf den Punkt genau. Und die Stadt möchte für 2025/26 8.556 Stellen schaffen.

Deswegen ist es natürlich ambitioniert, wenn wir fordern, dass in 2025 und 2026 jeweils 500 Vollzeitäquivalente, also 500 Stellen, im Personalbudget gestrichen werden sollen. Sozialverträglich, das ist klar.“

Letztendlich handelt es sich hier aber zum größten Teil um unbesetzte Stellen im Stellenplan der Stadt. Auf Nachfrage wurde das bestätigt, dass im Haushaltsplanentwurf bereits 500 davon berücksichtigt sind.

Der Wunsch nach einem zweiten City-Tunnel

Es soll aber nicht nur gespart werden. Zwei Maßnahmen, die der CDU-Fraktion wichtig sind, wurden von Michael Weickert angesprochen: „Da ist zum einen, dass wir wirklich das Thema zweiter City-Tunnel angehen. Das ist ja eine Infrastrukturmaßnahme, die auch den Wirtschaftsstandort Leipzig stärkt. Das betrifft aber beispielsweise auch, dass wir mehr Geld für die Erschließung von Eigenheimgebieten einstellen wollen, um Leipzig wieder attraktiver für Familien zu machen.“

Zum City-Tunnel wird die Gründung einer Planungsgesellschaft beantragt, dafür sollen 25.000 Euro in den Haushalt 2025 eingestellt werden. Warum ein so geringer Betrag als ausreichend erachtet wird, sagte Michael Weickert: „Auch beim City-Tunnel muss man sich natürlich über eins klar sein, das kann Leipzig nicht alleine stemmen. Aber es stand im Regierungsprogramm der Sächsischen Union zur Landtagswahl, daran hat ja letztlich die ganze mitteldeutsche Region ein Interesse.

Aber ohne diese Planungsgesellschaft ist es halt eins von vielen Themen im Mobilitäts- und Tiefbauamt, die auch nicht bearbeitet werden. Und ich glaube, mit so einer Planungsgesellschaft setzt man nochmal den Fokus darauf, dass wir das auch wirklich wollen.“

Letztendlich ist das Geld als Einlage für eine GmbH-Gründung vorgesehen.

Streichen bei euro scene, Dok-Film und Schulbau

Bei der Kultur soll auch gespart werden, konkret soll die Förderung für die DOK Leipzig, also die Dokfilmwoche und die euro scene gekürzt und langfristig beendet werden. Wie begründet das die Fraktion?

Dazu Michael Weickert: „Selbstverständlich, das muss man ehrlicherweise sagen, es ist ja schön, wenn’s Dok-Film gibt. Ich hab keine Lust, Steuermittel dafür auszugeben, dass, sagen wir mal, kulturellem Antisemitismus gefrönt wird. Das trifft für die euro scene genauso zu.“

Die CDU-Stadträte Falk Dossin und Michael Weickert im Gespräch. Foto: Thomas Köhler
CDU-Stadträte Falk Dossin und Michael Weickert im Gespräch. Foto: Thomas Köhler

Im Bereich Schulen soll auch gespart werden, es sollen „Schulen im mittleren Standard“ gebaut bzw. saniert werden. Beim Schulneubau sollen 50 Millionen Euro gespart werden, hauptsächlich durch die Auflösung der Ausgabereste.

Falk Dossin rechnete das vor: „Im Schulhausbauprogramm sind 200 Millionen Euro eingestellt. Dazu kommen Ausgabereste von ungefähr 85 Millionen. Wir haben es als Stadt Leipzig noch nie geschafft, über 200 Millionen pro Jahr auf die Straße zu kriegen. Das heißt: Wenn wir jetzt dort 50 Millionen rausnehmen, haben die immer noch 230 Millionen und könnten sogar mehr ausgeben als die Jahre zuvor, wenn sie es schaffen. Bisher, wie gesagt, haben sie es noch nie geschafft.“

Ansonsten soll nicht mehr für jede Neubauschule ein Architekturwettbewerb durchgeführt werden, die Stadt soll sich an die Landesstandards halten, betreffs Raumgrößen und ähnlichem, nur die Barrierefreiheit soll nicht beeinträchtigt werden. Nach Falk Dossin reicht es dafür aber schon, besonders bei der Altbausanierung:
„Dann wäre das Hauptziel 1, 2, 3 Klassenzimmer und Sekretariat barrierefrei. Also dort wo wirklich Traffic ist, dass man auch die Eltern, wenn die ihre Kinder anmelden zum Beispiel, dass die auch dort hinkommen in ein Sekretariat.“

Eine weitere Herzensangelegenheit der CDU-Fraktion ist der Antrag auf Aufhebung der sozialen Erhaltungssatzungen, die damit befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen auf die Bürgerämter verteilt werden. Die Begründung ist bekannt: Die Erhaltungssatzungen behindern bzw. verzögern aus Sicht der CDU-Fraktion den Wohnungsbau und das Personal wäre in den Bürgerämtern sinnvoller eingesetzt.

Keine Erhöhung der Kita-Gebühren

Es wurden längst nicht alle Haushaltsanträge vorgestellt und hier im Artikel können nicht alle vorgestellten ausführlich behandelt werden. Interessant war aber auch die Frage der Erhöhung der Kita-Gebühren, die nicht auf dem Skript stand, aber angesprochen wurde.

Michael Weickert begründete, warum er diese nicht will: „Ganz einfach, weil das in einem hohen Maße unsozial ist gegenüber der breiten arbeitenden Mitte der Gesellschaft. Es kann nicht sein, dass wir uns teure Prestigeprojekte leisten, dass sich der Oberbürgermeister hinstellt und sagt: Wir kriegen Haushalt nicht zu. Und dann heißt es aber: Liebe Eltern, euch trifft das.

Und da sind wir doch mal ehrlich, wen trifft das denn? Es trifft nicht den Millionär, von denen es in Leipzig ja leider nicht so viele gibt. Denen ist das egal. Es trifft diejenigen, die gerade so über dem verdienen, dass sie überall herausfallen. Die dann keinen Leipzig-Pass bekommen, denen das Essen in der Kita nicht bezahlt wird. Und die wollen wir jetzt belasten?“

Hier muss man anmerken: Das sagt die Leipziger CDU. Die CDU-geführte Landesregierung sieht das wohl anders.

Fazit: Es ist ein bunter Strauß an Anträgen zum Haushalt, den die CDU-Fraktion vorstellte. Einige Begründungen sind völlig nachvollziehbar, andere sind, für den einen oder anderen, fraglich. Am Ende entscheidet die Mehrheit des Stadtrates im nächsten Jahr darüber, welche dieser Anträge in den Haushalt aufgenommen werden.

Die im Artikel genannten Zahlen, u.a.  zu unbesetzten Stellen, sind die von der CDU-Fraktion im Pressegespräch genannten und wurden durch den Autor nicht überprüft.

Zum Schluss musste man einfach noch eine Frage an Michael Weickert stellen: Es gibt verschiedene Leute, die sagen, Michael Weickert laufe sich warm für die nächste Oberbürgermeisterwahl. Was sagen Sie dazu?

Die Antwort: „Ich glaube, als guter Katholik schaue ich immer nach oben. Und es gibt den schönen Satz: ‚Der Vatikan dementiert nicht.‘“ Das mag man so oder so werten.

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Es gibt 3 Kommentare

Wenn man allerdings schon zu wenig Einnahmen hat, ist es fatal, wenn man noch auf Einnahmen verzichtet. Die Ratsversammlung hat mit der Senkung der Grundsteuern auf 450 Punkte festgelegt, dass man wie im Vorjahr 102 Millionen haben möchte. Die AfD wollte sogar noch weniger und die CDU war unentschlossen, ob sie gegen ihren Finanzbürgermeister mit der AfD stimmt.

Tafelsilber verkaufen, Freie Szene rasieren, Straßen sanieren. Alles wie immer bei der CDU.
Interessant: Schulstraßen (verkerhsberuhigte Bereiche) ablehnen, aber vor der Schule der eigenen Klientel eine LSA beantragen. Auch das ist wie immer bei der CDU.

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