Da kommt was auf uns zu – nicht ganz überraschend: Neuwahlen für den Bundestag. Wahrscheinlich am 23. Februar, mitten in den sächsischen Winterferien. Da laufen nicht nur die Vorbereitungen im Leipziger Rathaus heiß. Da haben die Parteien, die dann versuchen, um Sitze im Bundestag zu kämpfen, berechtigte Sorgen, dass die Zeit viel zu knapp ist und die Wahllokale überfordert sein werden. Weshalb die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat eine dringende Anfrage stellte.
„Wie Medien berichten, haben sich die Fraktionsspitzen im Deutschen Bundestag auf den zeitlichen Ablauf zur Herbeiführung vorgezogener Wahlen zum 21. Deutschen Bundestage verständigt. Danach soll der Wahltermin auf den 23. Februar 2025 festgelegt werden. (Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/neuwahlen-termin-einigung-100.html, letzter Aufruf 12.11.2024, 16.12 Uhr)“, erklärte die Linksfraktion ihre dringliche Anfrage in der Ratsversammlung am 21. November.
„Angesichts der vom 17. Februar bis zum 1. März in Sachsen währenden Winterferien ist wiederum mit einem erheblichen Briefwahlaufkommen zu rechnen. Mit der Vorlage VII-DS-10040 ‚Qualität, Effizienz und Entlastung – Vergabe von Teilen der technischen und logistischen Abwicklung der städtischen Briefwahl zur Bundestagswahl 2025‘ ist die externe Vergabe der Briefwahl festgelegt.“
Herkulesaufgabe Briefwahl
Die Besorgnis thematisierte dann in der Fragestunde des Stadtrates auch Linke-Stadtrat und Bundestagsabgeordneter Sören Pellmann noch einmal. Denn für ihn kulminieren da mehrere Dinge. Aufgrund der Kürze des nun absehbaren Wahlzeitraums droht auch die Zeit für die Briefwahl von üblicherweise sechs auf nur noch zwei bis drei Wochen zussammenzuschrumpfen.
Es ist auch absehbar, dass noch viel mehr Leipzigerinnen und Leipziger als bei den vergangenen Wahlen die Gelegenheit nutzen werden, ihre Stimme per Briefwahl abzugeben. Was aber wohl heißen wird: Das Briefwahllokal, das in der unteren Wandelhalle des Neuen Rathauses eingerichtet wird, wird wohl heillos überlaufen werden.
Schon in seiner schriftlichen Antwort hatte das Amt für Statistik und Wahlen betont, dass man längst schon wieder in den Vorbereitungen dieser vorgezogenen Bundestagswahl steckt: „Die Vorbereitung der vorgezogenen Bundestagswahl 2025 ist im Amt für Statistik und Wahlen bereits in vollem Gang. Andere nichtpflichtige Aufgaben des Amtes werden bis auf Weiteres zurückgestellt.
Für die Absicherung einer zuverlässigen Organisation der vorgezogenen Bundestagswahl 2025 wird derzeit eine Organisationsvorlage mit Eilbedürftigkeit zur Bestätigung durch die DB OBM vorbereitet (VIII-DS-00440).“
Dafür ist bei diesem Zeitdruck ein schon lang geplanter Schritt nicht möglich: „Die Auslagerung der technischen und logistischen Abwicklung von Druck- und Kuvertierleistungen für die Briefwahlen an einen professionellen Dienstleister (VII-DS-10040) kann allerdings unter den aktuellen zeitlichen Restriktionen nicht wie geplant zur Bundestagswahl 2025 realisiert werden. Die Einführung des Projekts wird daher mit den Oberbürgermeisterwahlen 2027 erfolgen.“
Dabei wollte die Stadt gerade diesen Teil auslagern, weil die Verwaltung mit der Briefwahlbewältigung zunehmend an die Grenzen ihrer Möglichkeiten gekommen ist.
Oder mit den Worten aus der Vorlage vom Juni 2024: „Mit einem starken Anstieg der Briefwahlquote in den vergangenen Jahren hat sich das gesamte Briefwahlgeschäft organisatorisch und logistisch verkompliziert. Als eine der letzten deutschen Großstädte bewältigt Leipzig die Erfassung, Prüfung, Sortierung und Kuvertierung seines gesamten Briefwahlaufkommens noch mit städtischen Bediensteten in Handarbeit. Dies wird jedoch mit steigendem Aufwand und bei begrenzten personellen Ressourcen immer stärker zur Herausforderung.“
Und nun sieht auch die Stadt, dass die Briefwahl diesmal zu einer echten Herkulesaufgabe werden wird: „Es wird mit rund 150.000 Briefwahlanträgen kalkuliert. Infolge der voraussichtlich verkürzten Fristen für die Einreichung und Zulassung der Wahlvorschläge wird sich das Briefwahlgeschäft auf einen engeren Zeitraum als üblich konzentrieren und damit in einem höheren Tagesaufkommen an Anträgen resultieren. Die sich daraus ableitenden Personal- und Raumbedarfe sind in der o. g. Vorlage berücksichtigt.“
Was Sören Pellmann natürlich zu der Frage veranlasste, ob man dann wenigstens die Briefwahlstelle im Neuen Rathaus entlasten könne, indem man zum Beispiel noch zwei weitere Briefwahlstellen im Stadtgebiet einrichtet. Aber das habe man so nicht vor, erklärte Verwaltungsbürgermeister Ulrich Hörning. Man werde lieber dafür sorgen, das Personal in der Briefwahlstelle im Neuen Rathaus aufzustocken, um dort einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.
Findet die Stadt genug Wahlhelfer/-innen?
Aber die Linke wollte natürlich auch wissen, ob es der Stadt bei der Kürze der Vorbereitungen gelingen würde, wieder genug Wahlhelferinnen und Wahlhelfer zu rekrutieren.
„Die Gewinnung einer ausreichenden Anzahl von ehrenamtlichen Wahlhelferinnen und Wahlhelfern sowie die befristete Abordnung von Verwaltungspersonal für die Umsetzung wahlorganisatorischer Aufgaben werden in der bereits genannten Beschlussvorlage VIII-DS-00440 geregelt. Die Akquise von abzuordnenden städtischen Bediensteten sowie ehrenamtlichen Wahlhelferinnen und Wahlhelfern beginnt in KW 47“, antwortete die Verwaltung darauf in einem ihrer frustrierend trockenen Sätze.
Die 47. Woche war genau die Woche der Ratsversammlung. Die Antwort wurde just am 21. November freigegeben. Es wäre also ein ganz simpler menschlicher Zug gewesen, hier einfach zu schreiben: Die Gewinnung der Wahlhelferinnen und Wahlhelfer hat in dieser Woche begonnen. Deutsch ist eigentlich eine sehr schöne, leicht verständliche Sprache, wenn man verständlich sein will.
Am 21. November wies Ulrich Hörning auch darauf hin, dass eine Wahlhelfer-Akquise natürlich nicht bei null beginnt. Inzwischen kann die Stadt auf rund 5.000 Helferinnen und Helfer zurückgreifen, die sich an Wahlsonntagen in die Wahllokale setzen und am späten Abend dann die Wahlzettel auszählen. Die meisten werden sich auch am 23. Februar zur Verfügung stellen.
Auch wenn Sören Pellmann wohl zu Recht befürchtet, dass auch bei ihnen die Winterferien dazwischen kommen werden. Seine Frage dazu: Könne sich der Verwaltungsbürgermeister deshalb vorstellen, eine Urlaubssperre für Rathausmitarbeiter zu verhängen?
Aber so weit wollte Ulrich Hörning noch nicht gehen. Und er merkte auch an, dass der 23. Februar durchaus noch nicht festgenagelt ist. Denn vorher muss ja der Bundeskanzler erst im Bundestag die Vertrauensfrage stellen. Wenn er die verliert, stehen die Neuwahlen auf der Tagesordnung. Bis jetzt geht man davon aus, dass er diese Vertrauensfrage noch im Dezember stellen wird.
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