Schon seit einiger Zeit hadern die beiden prominentesten Gesichter von „Leipzig nimmt Platz“ mit ihren Parteien. Eine von ihnen, Irena Rudolph-Kokot, gab am Dienstag ihren Austritt aus der SPD bekannt; der andere, Jürgen Kasek, erklärte am selben Tag, bald über seine Zukunft bei den Grünen entscheiden zu wollen.

Rudolph-Kokot begründet ihren Austritt damit, dass die SPD nicht ausreichend die Ziele verfolge, die für die Gewerkschafterin wichtig seien. Bürgergeld in der ursprünglich gedachten Version, eine Kindergrundsicherung sowie kostenlose Bildung und kostenloser ÖPNV sind einige der Themen, die dazugehören.

Stattdessen beteilige sich die SPD an einem „autoritären Kurs“, an einer „Demontage“ des Asylrechts und an einer Schlechterstellung von Bürgergeld-Empfänger*innen. Die aktuelle Bundesregierung sei „weder sozial gerecht noch humanistisch noch fortschrittlich“. Das jüngste Ergebnispapier aus den Kennenlerngesprächen in Sachsen zeige zudem, dass diese Einschätzungen auch für die Landes-SPD gelten würden.

Überraschend ist der Schritt nicht. Wenige Wochen vor der Landtagswahl hatte sich Rudolph-Kokot von der Landesliste der sächsischen SPD zurückgezogen und war nur noch als Direktkandidatin in ihrem Wahlkreis angetreten. Auf Nachfrage der Leipziger Zeitung ließ sie ihre Zukunft in der SPD damals offen. Sie habe „immer noch die Hoffnung, dass sich die Partei ändert“, sagte Rudolph-Kokot vor etwas mehr als zwei Monaten.

Kasek vermisst Grundüberzeugungen der Partei

Anlässlich der Austrittserklärung seiner „geschätzten Freundin“ meldete sich heute auch Grünen-Mitglied Jürgen Kasek zu Wort. Von den Grundüberzeugungen, für die er vor 27 Jahren in die Partei eingetreten sei, sei heute „nicht mehr so schrecklich viel geblieben“. Problematisch sei für ihn unter anderem die Zustimmung zum sogenannten Sicherheitspaket der Bundesregierung, der Ausbau von LNG-Terminals und die Lieferung von Waffen in Kriegsgebiete.

Aus Sicht von Kasek sei es zwar notwendig, Kompromisse einzugehen – was radikale Klimaschützer*innen teilweise anders sehen würden –, aber seine eigenen Grenzen seien womöglich erreicht. In „nicht allzu ferner Zeit“ wolle Kasek mitteilen, ob er „gehe oder bleibe“.

Die Grünen würden mit Kasek eine der prominentesten und umstrittensten Figuren in Sachsen verlieren, wenngleich sein Einfluss nach den Vorwürfen wegen Fehlverhalten gegenüber Parteimitgliedern sowie dem verpassten Wiedereinzug in den Stadtrat deutlich gesunken ist. Von 2014 bis 2018 war Kasek sogar Sprecher des sächsischen Landesverbandes.

Ähnlich prominent ist der Abgang bei der SPD. Rudolph-Kokot war zwar nie Stadträtin oder Landtagsabgeordnete, aber von 2021 bis 2023 Vorsitzende des Leipziger Stadtverbandes. Zudem ist sie vor allem wegen ihres antifaschistischen Engagements überregional bekannt.

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