Die Entscheidung im künstlerischen Wettbewerb zum Freiheits- und Einheitsdenkmal in Leipzig ist nach zweitägigen Beratungen am 2. Oktober gefallen. Das 13-köpfige Fachpreisgericht um den international renommierten Architekten Kjetil Thorsen hat sich mit großer Mehrheit für den gemeinschaftlichen Entwurf „Banner, Fahnen, Transparente“ von Clemens Zirkelbach, Peter Ille, Dirk Lämmel und Alexej Kolyschkow, Bea Meyer und Michael Grzesiak ausgesprochen.

Damit geht ein langer Prozess auf die Zielgerade, nun müsste die Ratsversammlung eigentlich nur noch den Planungs- und den Baubeschluss fassen. Doch in der Leipziger Volkszeitung vom 10. Oktober war jetzt neben der ablehnenden Haltung von den Fraktionen AfD und BSW auch zu lesen, dass die Fraktion Die Linke entgegen der gefassten Beschlüsse des Stadtrates nun eine Abstimmung über die Umsetzung durch die Leipziger Bevölkerung anstrebe.

„Wir danken der Stiftung Friedliche Revolution für den breiten, ruhig geführten und hochengagierten Prozess, der viele Leipziger/-innen für das Denkmal und die Erinnerung an die historischen Ereignisse im Herbst 1989 zu interessieren half. Das Konzept ist aufgegangen! Wenn sich im Stadtrat nunmehr die Stimmen durchsetzen, die getroffene Entscheidungen umkehren wollen, ist das würdelos“, findet Katharina Krefft, Grünen-Stadträtin und Mitglied im Begleitgremium für das Denkmal sowie beratendes Jury-Mitglied im Denkmalswettbewerb. „Der umfassend beteiligungsorientierte Prozess verdient diese Narretei nicht!“

Immer wieder das Thema: Bürgerentscheid

Dabei hat Leipzig die ganze Diskussion um einen Bürgerentscheid zum Freiheits- und Einheitsdenkmal schon einmal durchgemacht, wie Katharina Krefft erinnert: „Das Freiheits- und Einheitsdenkmal in Leipzig hat eine längere Geschichte. Im Jahr 2009, zu Beginn des Verfahrens für das Denkmal in Leipzig, beantragte Stadtrat Ingo Sasama mit weiteren Stadträt/-innen einen Bürgerentscheid, der von der Mehrheit des Rates abgelehnt wurde, insbesondere auch von der Linken.

Dennoch verlangt die Fraktion wiederholt (nach 2012, 2014 und 2017) einen Bürgerentscheid. Nach dem 2014 gescheiterten ersten Wettbewerbsverfahren wurde im zweiten Anlauf im Mai 2022 ein Bürgerentscheid (diesmal auf Antrag der AfD) erneut abgelehnt und der Wettbewerbskonzeption für das Verfahren zugestimmt. Das ist für uns Bündnisgrüne nun endgültig bindend.“

Warum jetzt die Linke wieder einen Bürgerentscheid wünscht, ist für Katharina Krefft nicht nachvollziehbar. Denn die Stadträt/-innen waren zu jeder Zeit eng eingebunden. Für die Ermittlung des Standorts wurde erstmalig ein Bürgerrat eingesetzt, welcher den Wilhelm-Leuschner-Platz vorschlug. Der Stadtrat hat diesen Standort dann anschließend bestätigt.

Mit diversen Formaten wurde in einem mehrschrittigen, umfassenden Beteiligungsprozess eine Wettbewerbsausschreibung formuliert und ebenfalls von den Stadträt/-innen bestätigt. Für die Auswahl des künstlerischen Entwurfes wurde eine hochkarätige Jury auswählt, mit Zustimmung aus dem Begleitgremium.

„Der Stiftung Friedlichen Revolution ist ein inspirierender und würdiger Denkmalsprozess gelungen“, betont Katharina Krefft. „In einem mitreißenden Beteiligungsverfahren erkundete sie facettenreich das Leben in der DDR und das Entstehen und Wirken der Bürgerrechtsbewegung. In der Denkmalswerkstatt wurde die Erinnerung mit Ausstellungen, Diskussionen, Beteiligungsformaten und – besonders bewegend – mit der Wiederentdeckung des Cinema Casino beleuchtet.

Die Formate fanden beständig Anklang, gerade die Führung ‚Fritzi‘ war dabei’ wurde immer wieder angeboten, um der Nachfrage gerecht zu werden. Mit der REH – der Raumerweiterungshalle – gelang ein ostmodernes Ausstellungsformat, das sogar durch die Republik reiste! Das Freiheits- und Einheitsdenkmal gehört nach Leipzig, es ist tatsächlich ein nationales Erinnerungsdenkmal an die Friedliche Revolution, die unser Land so stark verändert hat. Der Bundestag würdigt mit der Finanzierung des Denkmales den Mut, der die Menschen immer stärker auf die Straßen unserer Stadt trug.“

Das letzte Wort hat nun erst einmal der Stadtrat. „Er kann ein transparentes, beteiligungsstarkes und friedliches Wettbewerbsverfahren zu einem würdigen Abschluss bringen“, sagt Krefft, „und Vertrauen in politische Prozesse wahren.“

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Es gibt 7 Kommentare

Demokratie- und Freiheitsdenkmal

Das geplante Denkmal für die friedliche Revolution 1989 (Baubeginn 2025) soll “Freiheits- und Einheitsdenkmal” heißen,- das Wort Demokratie kommt darin nicht vor.
Dabei war es doch die Demokratie, um die es damals zuallererst ging und heute immer noch geht. Wurde und wird sie bewusst vergessen und weggelassen, als sei sie nicht wichtig?
Ihren Platz nimmt dafür die Einheit ein, die ja erst ein Jahr später, als eher undemokratischer überstürzter Anschluss stattfand und mit der alle demokratischen Träumereien, wie die von einer neuen Verfassung, einem Volksentscheid und von Anteilsscheinen am Volkseigentum vom Tisch waren.
Ich hatte gelegentlich schon in manchen Artikeln, auf das Fehlen der Demokratie hingewiesen und “Demokratie- und Freiheitsdenkmal” als passendere Bezeichnung vorgeschlagen.
Obwohl es an der derzeitigen Bezeichnung des Denkmals schon im Projekt- Prozess mit Bürgerbeteiligung erhebliche Kritik gegeben hat, wurde die jetzige Namensgebung durchgezogen (Kohlsche Geschichtsschreibung!).
Helmut Kohl hat damals unsere Revolution bekanntlich sofort ins Museum befördert und auf das Streben nach der deutschen Einheit reduziert.
Aber so war es nicht!
Es ging in den ersten entscheidenden Wochen der Friedlichen Revolution um Demokratie, um Meinungs- Presse und Versammlungsfreiheit, um Umweltschutz, ja u.a. auch um Reisefreiheit,- es war also vor allem eine demokratische Revolution gegen das entmündigende Korsett des „Vormundschaftlichen Staates“ (Rolf Henrich), deren Impulse wir heute, angesichts von Demokratieabbau, Überwachungsstaat und vielfacher Rechtsbeugung unbedingt bewahren und fortführen müssen.
Erst mit dem Mauerfall und unter massiver westlicher Einflussnahme, nahm das Ganze dann eine andere Richtung,- das war faktisch das Ende der Revolution!
Ich plädiere, als früherer DDR- Bürgerrechtler aus Leipzig (der Tunnelmaler vom Leuschnerplatz, mehrfacher Redner auf den Montagskundgebungen) dringend dafür, bei der historischen Wahrheit zu bleiben und das Streben nach Demokratie als ursprünglichen kraftvollen Impuls unserer Revolution entsprechend zu würdigen.
Das Denkmal kann nur „Demokratie- und Freiheitsdenkmal“ heißen.
Und warum sollten die Bürger dieser Stadt nicht über das Denkmalsprojekt abstimmen? Ein Stück praktizierter Demokratie!
Dann sollte aber auch über den Namen des Denkmals abgestimmt werden,
– also ob “Freiheits- und Einheitsdenkmal” oder doch lieber
“Demokratie- und Freiheitsdenkmal”.
Ein Einheitsdenkmal gehört eher nach Berlin, an den „Tränenpalast“ oder an die Bornholmer Straße, würde ich meinen.

Hallo cx,
> “ich dachte immer, “ganz normale Leute” wäre ein Synonym für “AfD-Wähler”…?”
Ich habe das so nicht vor Augen; wenn dann eher “gesundes Volksempfinden” oder so. Aber selbst wenn…dann ist es halt so.
Was ich sagen wollte: Keine Kommission mit höheren Gedanken, sondern Alltagspassanten. AfD-Gedanken kann, muss man an der Stelle aber nicht vermuten.

> “warum sollte man von ca. 600.000 Leipzigern verlangen, diese vorgestellten Entwürfe nocheinmal selbst persönlich zu betrachten und bewerten?”
Es wäre ja kein Verlangen, sondern ein Angebot.
> “Was soll denn dabei herauskommen?”
Na zum Beispiel, dass der Entwurf abgelehnt wird. Oder für gut befunden. Es gibt doch nicht so viel mehr an Möglichkeiten, was bei einer Befragung herauskommen könnte.

> ” ist diese Diskussion nicht längst müßig,”
Beim Goerdellerdenkmal gab es doch unlängst eine Diskussion darüber, auf welchen ominösen Wegen damals die Entscheidung getroffen wurde, diesen Mann so sehr in den Himmel zu loben, wo es doch anscheinend auch andere Sichtweisen auf ihn gibt. Ich finde es richtig gut, dass nun vor der Errichtung eines solch seltsamen Denkmals, Uwe und Maline haben den Finger drauf, über Sinn und Zweck diskutiert wird.
Schon interessant, dass Frau Krefft einzig den POPULISMUS als Gefahr für das Denkmal zulässt in ihren Ausführungen. Dabei wäre GESUNDER VOLKSWILLE doch auch denkbar 😉

@Sebastian: ich dachte immer, “ganz normale Leute” wäre ein Synonym für “AfD-Wähler”…?

Ernsthaft – ich habe mir alle Entwürfe angeschaut im Paulinum – warum sollte man von ca. 600.000 Leipzigern verlangen, diese vorgestellten Entwürfe nocheinmal selbst persönlich zu betrachten und bewerten? Was soll denn dabei herauskommen?

Natürlich macht man ein Denkmal nicht, um an etwas von früher zu erinnern, sondern um diese Erinnerung in ihrem Geist zu bewahren (so wie dieser Geist in der Zeit der Entstehung des Denkmals gesehen wird). Sonst wäre es ja kein Denkmal, sonder ein Grabstein!

Ob und wie ein Denkmal für XYZ nun etwas korrekt wiedergibt oder evtl nur einen aktuellen Zeitgeist transportiert, mein Gott – ist diese Diskussion nicht längst müßig, nach den getroffenen Beschlüssen ? Es gibt so viele Denkmäler, die einst für bestimmte Ideen standen, Helden darstellten. Manche wurden gestürzt, manche wurden ignoriert und garnicht als solche erkannt – mein Gott, das Leben geht weiter.

Meine Skepsis bezüglich eines “Freiheits- und Einheitsdenkmals” konnte in all den Jahren nicht ausgeräumt werden. Denkmäler setzt man Ereignissen oder Personen der Vergangenheit (Völkerschlachtdenkmal, Richard-Wagner-Denkmal etc. pp.). Sind Freiheit resp. Einheit schon Vergangenheit, dass man an sie mit einem Denkmal erinnern muss!?

Mit der REH gelang nicht, die Erinnerung begreifbar zu machen – tatsächlich versuchten sie mich als Teilnehmer der Demo am 2.10.1989 einzuspannen.
Das klappt aber nicht, wenn sie mir ihre Ideologie überstülpen wollen.

Genauso mit dem Denkmal. Allein die Bezeichnung Freiheits- und Einheitsdenkmal.
Mir – und ich denke der Mehrzahl der damaligen Demonstranten – ging es um Ehrlichkeit, aus der dann alles andere folgen kann.

Nun die beiden Begriffe Freiheit und Einheit zu einem zusammenzufassen, ist der Versuch, eine geschichtliche Lüge zu etablieren.

Das Kino “Casino” wurde wiederentdeckt? Wie und wann?

Die o.g. Bekrefftigungen hinsichtlich des Monuments scheint mir darauf hinzudeuten, daß es dieses auch einstmals nie geben wird.

Ich finde es völlig richtig, dass abgestimmt werden soll. Am Ende sehen es ganz normale Leute, die dort vorbeigehen oder gezielt hingehen. Ich frage mich welche Angst bei den Grünen dahintersteckt, die gleichen Leute den Entwurf einfach beurteilen zu lassen.

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