Der Einsturz eines Teils der Carolabrücke in Dresden hat auch die Leipziger Politik aufgeschreckt. Denn auch in Leipzig ist das Problem der Brücken bekannt, die längst überfällig sind für Neubau oder Generalsanierung, aber aus finanziellen Gründen immer wieder verschoben werden. Die Linksfraktion in Stadtrat wollte jetzt eine aktuelle Übersicht bekommen, wie dringend die Brückensanierungen in Leipzig eigentlich sind.
Denn dass es bei etlichen Brücken dringend ist, war schon in den letzten Jahren immer wieder Thema im Stadtrat. „Derzeit befinden sich 363 Brückenbauwerke in der Baulast der Stadt Leipzig. Von ihrer Bauwerksart her unterscheiden sich die Brücken in 4 Aluminium-, 12 Holz-, 19 Verbund-, 113 Stahl- und 215 Massivbrücken“, erzählt das Mobilitäts- und Tiefbauamt von der Aufgabenlast, die da bei der Stadt liegt.
„Die Brücken werden alle drei Jahre im Wechsel von Haupt- und Einfachprüfung von ausgebildeten Brückenprüfern überprüft. Die Bauwerksprüfung ist eine hoheitliche Aufgabe zur Gewährleistung der Stand- und Verkehrssicherheit sowie zur Einschätzung der Dauerhaftigkeit der Bauwerke und ist vom Gesetzgeber vorgeschrieben.“
Bei 56 Brücken tickt die Uhr
Problematisch sind die Brücken, die bei den Bauwerksprüfungen nicht mehr als die Note 3 erreichen: „Nicht ausreichender Zustand“. Das betrifft 56 der geprüften 352 Brücken, also 16 Prozent. Dabei konzentriert sich das Mobilitäts- und Tiefbauamt vor allem auf die 130 Brücken im Zuge der Hauptverkehrsstraßen, die 80 Prozent der gesamten Brückenfläche des öffentlichen Straßennetzes ausmachen.
Das heißt: Wenn diese Brücken ausfallen, kommt es zu Problemen im Straßennetz. Hier muss also so früh wie möglich gehandelt werden.
Vier dieser Brücke wurden mit einem ungenügenden Zustand bewertet.
Aber – so betont die Verwaltung – sie sind deshalb auch schon in Bau oder Planung: „Die 4 Brücken mit einem ungenügenden Bauwerkszustand sind die bereits abgerissene und im Neubau befindliche Karlbrücke, die Gustav-Esche-Brücke I (Lastbeschränkt, Baustart Herbst 2027), die Brücke am Forsthaus in der Gustav-Esche-Straße über den Bauerngraben (keine Beschränkungen, mehr ein Durchlass als eine Brücke, laufende Vorplanung, Baubeginn Herbst 2025 im Zuge Ersatzneubau Georg-Schwarz-Brücken) und die Beipertbrücke im Schleußiger Weg über die Pleiße (Gleitschutzwände gegen Befahren der Geh-/Radwege, laufende Vorplanung, Baubeginn voraussichtlich Herbst 2029).“
Da dürfen sich die Nutzer des Schleußiger Wegs schon auf die Bauarbeiten im Herbst 2029 freuen. Der Neubau der Brücke in der Gustav-Esche-Straße wurde 2023 gestoppt, weil dabei (wieder einmal) viel zu großflächig in den Bestand des Auwalds eingegriffen werden sollte. Jetzt kann man gespannt sein, wie die Stadt dad Problem 2025 lösen will.
Acht Brücken werden aktuell gebaut
Und was ist mit den anderen Brücken in nicht ausreichendem Zustand?
Ein Beispiel ist die Klingerbrücke, die aber derzeit nicht aus dem Netz genommen werden kann, weil parallel die Karlbrücke und die Zeppelinbrücke über die Weiße Elster gebaut werden. Also gibt es eine Lastbeschränkung: „So wurde zum Beispiel an der Klingerbrücke mit einer BZN von 3,4 im Ergebnis der statischen Nachrechnung und des experimentellen Belastungsversuchs eine Lastbeschränkung auf 3,5 t angeordnet und darüber hinaus ein Monitoring-System zwecks Permanentüberwachung der tatsächlichen Bauwerksbelastung und Bauwerksverformung installiert (dass bisher ein stabiles Bauwerksverhalten zeigt).“
Aber der Aufgabenberg, der vor den Leipziger Planern steht, ist dennoch gewaltig und lässt ahnen, welche Investitionen in den nächsten Jahren in die Leipziger Brücken fließen müssen: „Von den Leipziger Brücken sind 56 Bauwerke mit einer Bauzustandsnote schlechter als 3,0 erfasst und damit grundsätzlich sanierungsbedürftig.
Das bedeutet nicht, dass diese alle in kürzestem Zeitraum zu sanieren sind, eine Sanierung ist aber planerisch einzuordnen und sukzessive vorzubereiten. Je nach Bauzustand und Sanierungsfähigkeit kann die Sanierung dann entweder eine Bestandssanierung oder ein Ersatzneubau sein. Derzeit befinden sich 8 Brücken im Bau“, so das Mobilitäts- und Tiefbauamt.
Dazu gehört zum Beispiel die Brücke in der Wiederitzscher Straße, welche die S-Bahn-Strecke überspannt. Seit Februar wird sie für über 5 Millionen Euro völlig neu gebaut.
„Die weiteren sanierungsbedürftigen Bauwerke befinden sich gemäß der entsprechenden Priorisierungsliste aus dem Rahmenplan zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie der Stadt Leipzig in der Planung bzw. Planungsvorbereitung“, so das Mobilitäts- und Tiefbauamt. „Die für 2025 und 2026 vorgesehenen Brückenbaumaßnahmen sind im Doppelhaushalt 2025/26 entsprechend angemeldet.“
Eine Liste dieser dringend zu bauenden Brücken hat die Verwaltung nicht mit ausgereicht. Aber es gehören auf jeden Fall auch die dringend neu zu bauenden Georg-Schwarz-Brücken mit dazu, deren Neubau ab 2025 geplant ist und den Leipziger Westen bis 2031 beschäftigen wird.
Es gibt 4 Kommentare
@Urs
Danke für den Hinweis. Die Schreibweise stammt aus der Liste der Verwaltung …
Ansonsten: Die Sachsenbrücke hat den schlechtesten Zustand aller Ost-West-Querungen. Man wird diese also auf gar keinen Fall wieder für den regulären Kfz-Verkehr öffnen.
Irgendwann vor der Coronazeit war es hier auch schon mal Thema: Alle Ost-West-Querungen im Westteil Leipzigs sind in einem schlechten Zustand, ausgenommen die Plagwitzer Brücke, die Antonienbrücken, Luisenbrücke, König-Albert-Brücke und die Schleußiger Brücke (2008 ersetzt).
Die eine von Ihnen, lieber User “Rudi”, außerdem als überholungsbedürftig angeführte Brücke heißt “Landauerbrücke”, ein wirklich hartnäckiger Fehler, der nicht nur in Zeitungen, sondern auch in der Stadtverwaltung gepflegt wird, siehe aber https://www.leipzig-lexikon.de/reg/l.htm#landauerg
Wenn jetzt akut, sagen wir, Klingerbrücke und Landauerbrücke auch noch gesperrt werden müßten, blieben in einigermaßen zentraler Lage nur noch das Elsterwehr 🙂 und die Sachsenbrücke (die war vor ca. 30 Jahren mal für Kfz offen, als damals was mit der Klingerbrücke war, ich erinnere mich, mit dem Trabi durch die Anton-Bruckner-Allee umgeleitet worden zu sein.)
Eine interessante Auflistung für die Brückensanierung und Neubau. Leider ist nicht ersichtlich, was davon Spannbetonbrücken sind (die Carolabrücke war eine Spannbetonbrücke) bzw. welcher Baukonstuktion die zu erneuernden Brücken sind. Was sind also die 19 Verbund- und 215 Massivbrücken? Und wenn die entsprechenden Brücken nicht saniert werden können, welche Brückenkonstruktion wird als Neubau verwendet?
Spannbetonbrücken haben so ihre Nachteile, da die Verbundkonstruktion nicht oder nur schwerlich zerstörungsfrei geprüft werden kann. Außerdem ist deren Sicherheit/Haltbarkeit mit ca. 50 Jahren recht begrenzt. Stahlbrücken dagegen sind zwar in der Finanzierung/Herstellung etwas teurer, aber der Aufbau geht schneller als bei Betonbrücken, da die Stahlkonstruktion vorgefertigt und eingehoben werden kann und Stahlbrücken lassen sich besser sanieren (Korrosionsschutz), das Material ist fast vollständig recylebar und Stahl lässt sich zerstörungsfrei auf Materialermüdungen prüfen. Außerdem werden Stahlbrücken für eine Belastungsdauer von 100 Jahren konzipiert, was letztendes zur Kostenminimierung führt.
Die Stadtverwaltung sollte also längerfristig denken und nicht nur in Legislaturperioden.
Auf der Liste stehen auch noch die Paußnitzbrücke (Schleußiger Weg), Landauer Brücke (Hans-Driesch-Straße), Brücke Gerberstraße, Raschwitzer Brücke (Koburger), Brücke Leutzscher Allee und die Frankfurter Brücke (Goerdelerring). In der Richard-Lehmann-Straße sind zwar schon Bauarbeiten gewesen, aber m.W. sind die Markthallenbrücke und Brücke Richard-Lehmann-Straße noch nicht gebaut worden. Diese Brücken im Hauptstraßennetz haben 2013 eine Zustandsnote schlechter 3,0 erhalten.
Im Nebennetz sind u.a. noch die Sachsenbrücke, Erich-Köhn-Straße und Rosenthalgasse offen.