Am 18. September 2024 beginnt mit der konstituierenden Sitzung des Stadtrates in Leipzig die VIII. Wahlperiode. Wer von den Stadträtinnen und Stadträten auf seine erste Ratsversammlung zurückblickt, wird sich vielleicht daran erinnern, dass diese ganz besonders war. Man wurde gewählt und war sich nicht sicher, ob es an der eigenen Person, der Partei oder Wählervereinigung oder vielleicht doch nur an dem Gesicht oder dem Motto auf einem Plakat lag.

Wenn man also nicht gerade an einem übersteigerten Ego litt, dann war man schon ein wenig aufgeregt, zumal in dieser ersten Ratsversammlung die eigene Stimme für Beschlüsse gefragt war, welche die Zukunft der Kommune beeinflussen. Die Arbeit und Verantwortung ging zu diesem Zeitpunkt los.

Zur Sitzverteilung im neu gewählten Stadtrat. Quelle: Stadt Leipzig
Die Sitzverteilung im neu gewählten Stadtrat. Quelle: Stadt Leipzig

Bei der ersten Ratsversammlung der VIII. Wahlperiode gibt es wieder mal eine Besonderheit: Zum ersten Mal seit zehn Jahren zieht eine neue Partei, in Fraktionsstärke, in den Stadtrat ein. Das letzte Mal war 2014, damals kam die AfD neu in den Stadtrat. Die FDP-Fraktion und die aus drei FDP-Stadträten und einer Stadträtin des „Neuen Forum“ bestehende Bürgerfraktion gab es nicht mehr.

Was ist 2024 anders?

Vergleicht man den Einzug der AfD 2014 und den diesjährigen des „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW), stellt man leicht Unterschiede fest. Zog die AfD 2014 mit vier Stadträten ein, so erreichte das BSW 2024 sieben Sitze, das ist ein Zehntel der Stimmen im Stadtrat, und liegt fast gleichauf mit der SPD.

Sitzverteilung im Stadtrat von 2014. Quelle: Stadt Leipzig
Die Sitzverteilung im Stadtrat von 2014. Quelle: Stadt Leipzig

Das BSW hat also bei Abstimmungen einen ernst zu nehmenden Einfluss, allerdings ist über die einzelnen Stadträte wenig bekannt. Es ist nicht einmal klar, welche kommunalpolitische Agenda die Fraktion hat. Eric Recke, der Fraktionsvorsitzende, traf im Gespräch mit uns nur vage Aussagen.

Die Leipziger Bürgerinnen und Bürger haben so entschieden, da gibt es nichts zu rütteln.

Die erste Stadtratssitzung ist besonders

Das ist sie für jede neue Stadträtin und jeden neuen Stadtrat, muss man doch bei dieser über Anträge und Vorlagen abstimmen, die in langen Verfahren von den Fachausschüssen und Beiräten beraten wurden. In einer Fraktion, die es in der vorhergehenden Wahlperiode schon gab, können die Neulinge auf die Protokolle dieser Sitzungen zurückgreifen. Sie können auch mit den ehemaligen Ausschussmitgliedern über die Anträge und Vorlagen sprechen.

Eine neue Fraktion, wie das BSW, konnte sich in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit wahrscheinlich nur eine oberflächliche Meinung zu den einzelnen Vorgängen bilden. Bei einem Zehntel der Stimmen im Stadtrat können die Stimmen dieser Fraktion aber bei den Abstimmungen entscheidend sein. Es bleibt zu hoffen, dass die BSW-Fraktion verantwortungsvoll damit umgeht.

Was gibt es noch in dieser Ratssitzung?

Der Oberbürgermeister, beziehungsweise der zuständige Fachbürgermeister, muss nur eine Antwort auf 33 Anfragen an den Oberbürgermeister formulieren. Es gibt tatsächlich 33, teilweise fast gleich lautende, Einwohneranfragen zum Thema „Parken in der Karl-Heine-Straße“. Das klingt rekordverdächtig, die Anfragenden hätten vielleicht besser eine Petition gestartet.

Bei den Petitionen ist nun endlich die zum Erhalt der Montessori-Kita mit dem neuen Verwaltungsstandpunkt dabei. Die Eltern werden erfreut sein.

Weiterhin begehrt Stadtrat Beyer (AfD) als Petent, dass der Stadtrat, noch vor einer Bauzustandsanalyse und einem Baubeschluss, festlegt, dass ein Objekt keinesfalls eine Unterkunft für geflüchtete Menschen wird. Beim üblichen Verfahren bis zur Baufertigstellung wird es wohl über fünf Jahre dauern, bis über eine Verwendung entschieden wird. Noch steht nicht einmal fest, ob das Objekt sanierungsfähig ist.

Bei den Anträgen geht es wieder mal um Parken im Waldstraßenviertel und am Stadion, um Garagen, eine Verkehrsflut und um die Zukunft des Jahrtausendfeldes. Das sind die Dauerbrenner in Leipzig.

Bei den Vorlagen erwartet die neuen Stadträte eine Finanzdiskussion im Kleinen, nicht zu vergleichen mit der bevorstehenden Haushaltsdiskussion. Eine Diskussion über die Änderungsanträge zur „Übertragung von Ansätzen für Aufwendungen und Auszahlungen im Ergebnishaushalt aus dem Jahr 2023 nach 2024“ könnte, wenn die Verwaltung diese nicht übernimmt, zeitraubend werden. Auch sonst gibt es noch einige Finanzthemen.

Fazit: Es wird für alle neu gewählten Stadträtinnen und Stadträte eine Herausforderung. Die Stadtratsarbeit wird in den nächsten fünf Jahren nicht einfacher. Es bleibt nur übrig, dem neuen Stadtrat und besonders den Leipzigerinnen und Leipzigern eine erfolgreiche Wahlperiode zu wünschen.

LZ-Autor Thomas Köhler war 2019 selbst für die Piraten in den Leipziger Stadtrat gewählt worden. 2022 musste der Lokalpolitiker mit dem Arbeitsschwerpunkt Verkehr sein Mandat aus gesundheitlichen Gründen aufgeben.

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