Bei den Abstimmungen zu dieser Vorlage, die am 19. September Finanzbürgermeister Torsten Bonew einbrachte, hielt sich die BSW-Fraktion lieber zurück. Denn da ging es um „Übertragung von Ansätzen für Aufwendungen und Auszahlungen im Ergebnishaushalt aus dem Jahr 2023 nach 2024“. Ein Thema, mit dem sich der alte Stadtrat noch beschäftigt hat. Bis zum Juni des Jahres musste das Finanzdezernat die Liste all der Finanzposten vorlegen, die 2023 nicht umgesetzt werden konnten.

Normalerweise aber sind alle Gelder an das Haushaltsjahr gebunden, für das sie beschlossen wurden. Wenn die Verwaltung die Projekte nicht umgesetzt bekommt, müssten die Gelder also ins Folgejahr übertragen werden. Aber das unter strengen Auflagen, wie Bonew betonte.

Es ist trotzdem eine Menge Geld, das 2023 nicht verausgabt werden konnte: Es sind über 100 Millionen Euro. 57 Millionen Euro aus dem Ergebnishaushalt und weitere 48 Millionen Euro, die „aufgrund der Notwendigkeit ihrer Fortführung zwingend in das Haushaltsjahr 2024 zu übertragen“ sind. Da geht es etwa um Sanierungsmittel für Schulen oder Unterhaltungsmaßnahmen an Gewässern oder das vom Stadtrat schon lange erwartete Toilettenkonzept, das 2023 eben doch noch nicht umgesetzt wurde.

Erstaunlicherweise wurde dann über diese Posten gar nicht diskutiert. Stattdessen stellten mehrere Ratsfraktionen acht Änderungsanträge zu kleineren Posten, die ihnen besonders am Herzen lagen. Linke-Stadträtin Mandy Gehrt etwa erinnerte an die 250.000 Euro für das Stipendienprogramm der freien Szene, die 2023 nicht ausgegeben wurden, weil – wie man nun erfuhr – die Bearbeiterstelle nicht besetzt war. Die dann aber auch 2024 nicht ausgegeben wurden. Stattdessen wurden nur die für 2024 geplanten 25 Stipendien für 250.000 Euro bewilligt.

Das Problem, dass hier nicht weitere 25 Antragsteller bedacht werden konnten, so Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke, besteht nun darin, dass außer den 25 Beglückten den anderen Antragstellern schon ein abschlägiger Bescheid geschickt wurde. Man müsste das ganze Verfahren neu aufrollen und hätte 2024 doch keine Chance, das Programm noch umzusetzen. Aber für die Folgejahre verspricht Jennicke, dass es dann jährlich ein solches Stipendienprogramm geben werde.

Dass Gelder nicht übertragen werden, das gestand sie selbst zu, liegt manchmal auch daran, dass das zuständige Amt die Antragstellung für die Übertragung der Gelder verschlafen hat.

Manchmal gibt es auch gar kein Geld zum Übertragen

Manchmal aber stehen auch gar keine Gelder zur Übertragung zur Verfügung, merkte Torsten Bonew an. Manchmal fehlt auch schlicht die Fachförderrichtlinie. Und Gelder, die mit einer Förderrichtlinie nicht zweckgebunden sind, können nicht übertragen werden.

An anderer Stelle aber beruhigte er die Ratsversammlung – nämlich bei den Geldern für die Stadtbezirksbeiräte. Zwar konnten 2023 rund 22.000 Euro aus den Stadtbezirksbeirats-Budgets nicht ausgegeben werden, weil die Maßnahmen nicht innerhalb des Jahres abgeschlossen wurden. „Aber ich versichere Ihnen, dass alle Maßnahmen abgearbeitet werden“, so Bonew. „Und auch dieses Jahr werden wieder Gelder übrig bleiben.“

Der Tagesordnungspunkt wurde zwar irgendwie zu einer etwas schärferen Debatte über bewilligte und nicht übertragene Gelder. Aber irgendwie war es auch schon ein Vorgeschmack auf die Haushaltsverhandlungen für 2025 / 2026. Denn bei den meisten Änderungsanträgen aus den Fraktionen ging es letztlich um Geldposten, die im Jahr 2024 gar nicht mehr eingesetzt werden können aus reinem Zeitmangel. Die Posten machen also im nächsten Doppelhaushalt viel mehr Sinn.

Ein Antrag kommt durch

Was nicht heißt, dass alle Änderungsanträge – wie von Bonew gewünscht – abgelehnt wurden. Dieses Schicksal ereilte nur sechs der acht Änderungsanträge.  Einen Antrag hatte Oberbürgermeister Burghard Jung sogar übernommen. Das war der noch von der Freibeuter-Fraktion gestellte Änderungsantrag Nr. 7: „Der Oberbürgermeister legt dem Stadtrat bis zur Beschlussfassung über den Doppelhaushalt 2025/26 eine Übersicht vor, welche der durch Änderungsantrag zusätzlich übertragenen Mittel im Jahr 2024 abgeflossen sind oder vertraglich gebunden wurden.“

Und ein Antrag bekam sogar eine Stadtratsmehrheit. Das war Antrag Nr. 8. Den hatte die Linksfraktion eingebracht: „Zusätzlich dazu wird die Übertragung von 37.800,00 € (Anlage 1, PSP Element 1.100.25.4.0.01.01.01 ‚Förderung freie Kunst und Kultur‘) ins Folgejahr 2024 bestätigt.“

Für diese Gelder liegen – das bestätigte auch Skadi Jennicke – im Kulturdezernat entsprechende Anträge vor, die auch noch 2024 bewilligt werden können. Es ergab also Sinn, dieses Geld tatsächlich der Freien Szene zur Verfügung zu stellen. Dem folgten immerhin 34 der Ratsmitglieder, nur 20 lehnten den Antrag ab.

Eigentlich hätte es dann noch spannend werden müssen, denn die Gelder in Höhe von über 100 Millionen Euro, die die Verwaltung insgesamt ins Haushaltsjahr 2024 übertragen wollte (und großenteils schon hat), machten ja eine völlig andere Dimension aus. Aber auch die Stadt kann nicht immer alle Mittel auch in dem Haushaltsjahr ausgeben, für das sie geplant waren. Das ist die Stelle, an der die Jahresbindung der Haushalte zum Hemmnis wird, weshalb der Finanzbürgermeister dann jeden Sommer eine solche Liste mit Übertragungen ins Folgejahr zusammenstellen muss.

Dass die Mehrheit von 52 Ratsmitgliedern dem zustimmte, dürfte Bonew zumindest ein wenig Erleichterung gebracht haben. Die BSW-Fraktion, die es ja im Juni noch gar nicht gab, enthielt sich der Stimme.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar