Auf der einen Seite ist es der Verkehr, der noch lange nicht auf dem Weg zur Klimaneutralität ist. Aber 40 Prozent der CO₂-Emissionen in Deutschland stammen auch aus dem Bereich Wohnen. Fast die Hälfte der Wohnungen in Leipzig liegen in den untersten Energieklassen. Das heißt: Hier geht die Heizenergie quasi durch Fenster und Wände nach draußen. Doch in diesen Wohnungen leben in der Regel auch die Einkommenschwachen, die froh sind über die niedrigen Mieten. Sie zahlen dafür beim Heizen drauf.

Und weder auf Bundes- noch auf Landesebene liegt bislang ein entsprechendes Förderprogramm vor, das gerade bei diesen Wohnungen eine energetische Sanierung ermöglicht, ohne dass hinterher die Miete in unbezahlbare Höhen schnellt. Denn bei energetischen Sanierungen werden die Sanierungskosten bislang auf die Miete umgelegt – bei Mieten unter 7 Euro je Quadratmeter sind es 2 Euro, darüber sind es sogar 3 Euro.

Kein Wunder, dass sich sozial denkende Vermieter da lieber hüten, energetisch zu sanieren.

Was aber nicht die Lösung ist. Denn auch diese Wohnungen müssen energetisch saniert werden. Die Mieter zahlen ja trotzdem drauf – aber eben dann mit steigenden Heizkosten, die irgendwann unbezahlbar werden.

Weshalb die Stadt jetzt eine Förderrichtlinie für die Sanierung besonders energieineffizienter Wohnungen aufgelegt hat. Die stand am 21. August in Stadtrat zur Abstimmung. Und nicht nur der scheidende Linke-Stadtrat Michael Neuhaus, der seine Rede für einen doch versöhnlichen Abschied von der Ratsversammlung nutzte, betonte, dass das Wichtigste dabei eben ist, dass die Miete in diesen Häusern trotz Sanierung stabil bleiben könne.

1 Million Euro im ersten Jahr

„Mit der kommunalen FRL ‚Energieeffizienz mit stabilen Mieten‘ sollen besonders energieineffiziente Gebäude bei längerer gleichbleibender Miete energetisch saniert werden“, schrieb das Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung in der Vorlage. „Die Förderprogramme des Bundes werden aufgestockt, um eine Begrenzung von Netto-Kaltmieten nach erfolgter energetischer Sanierung zu gewährleisten.“

Dabei geht auch die Stadt davon aus, dass eine energetische Sanierung um die 144 bis 216 Euro je Quadratmeter kosten wird. Nur dass das Geld eben nicht auf die Miete aufgeschlagen wird, sondern der Vermieter damit die Sanierungskosten erstattet bekommt.

Für 2024 stellt der Stadtrat für das Programm 1 Million Euro zur Verfügung. Und Antragsteller tun gut daran, Bedarfe unverzüglich anzumelden und noch 2024 mit der Sanierung zu starten.

Sachsens weltfremde Finanzpolitik

Denn ein Problem tauchte an diesem 21. August auf, das eine Menge von der völlig weltfremden Finanzpolitik in Sachsen erzählt.

In der Vorlage wurde es schon angedeutet: „Die Förderrichtlinie wird voraussichtlich im Sommer im Stadtrat beschlossen. Erst zu diesem Zeitpunkt ist die Erteilung von Zuwendungsbescheiden möglich. Da die Mittel im Ergebnishaushalt veranschlagt worden sind, müssen sie bis zum Jahresende 2024 verausgabt und spätestens bis Januar 2025 abgerechnet werden. Da es sich um durchaus umfangreichere bauliche Maßnahmen handelt, die durch eine Mietsubventionierung gefördert werden, ist die Inanspruchnahme der bereitstehenden Mittel dem Grunde nach nicht möglich.“

Also beantragte die Linksfraktion, die Mittel ins nächste Jahr zu übertragen. Aber da taucht ein Phänomen auf, das den städtischen Haushalt wahrscheinlich bis zum September 2025 lähmt: Denn so lange Leipzig keinen genehmigten Haushalt hat, können 2025 keine Mittel ausgereicht werden. Und Finanzbürgermeister Torsten Bonew sprach direkt von einem haushaltslosen Dreivierteljahr. Mit dem Doppelhaushalt 2025/2026 muss sich nämlich jetzt der neu gewählte Stadtrat beschäftigen.

Wenn alles gut geht, kann er im Februar 2025 den neuen Doppelhaushalt beschließen. Das wird schwer genug. Und dann prüft erst einmal die Landesdirektion als übergeordnete Aufsichtsbehörde. Und die lässt sich nach den Erfahrungen der letzten Jahre richtig Zeit. Bonew hat wohl recht, dass er mit einer Genehmigung des Haushalts dann erst im September rechnet.

Auch 2025 zu wenig Zeit

In den ersten neun Monaten dürfte die Stadt gar keine neuen Fördermittel ausreichen. Erst, wenn der Haushalt bewilligt ist, ist das wieder möglich.

Und dazu merkte dann die Vorlage an: „Mittel für die Haushaltsjahre 2025/26 und Folgejahre werden im Rahmen der jeweiligen Haushaltsplanverfahren angemeldet. Über die Bereitstellung dieser Finanzmittel ist in den Haushaltsplanungen zu entscheiden.

Im Jahr 2025 befinden wir uns in der vorläufigen Haushaltsplanung. Die Erteilung der Zuwendungsbescheide wird erst nach Genehmigung des Haushaltes im II/III. Quartal 2025 möglich sein. Auch hier ist die Zeitspanne zu kurz, um bauliche Maßnahmen bis Ende 2025 umzusetzen. Die Inanspruchnahme von Mitteln aus der zu beschließenden Richtlinie gelingt demzufolge erst im Jahr 2026.“

Was ja im Klartext heißt: Die sächsischen Regelungen zur Finanzaufsicht verhindern quasi zwei Jahre lang, dass die Stadt ein derart wichtiges Förderprogramm tatsächlich umsetzt. In der Ratsversammlung am 21. August wurde dann noch emsig hin und her diskutiert, wie man das Problem der „haushaltslosen Zeit“ doch irgendwie umgehen könnte. Aber viele Möglichkeiten gibt es dazu nicht, so Bonew.

Auch wenn dann der Antrag der Linksfraktion trotzdem mit diesem Satz von einer Mehrheit von 34:22 Stimmen angenommen wurde: „Für die bestätigten Maßnahmen innerhalb des Budgets in 2024, die in diesem Jahr (2024) nicht umgesetzt wurden, werden die finanziellen Mittel ins Folgejahr (2025) übertragen.“
Mit Betonung auf „bestätigte Maßnahmen“: Was die Stadt den Antragstellern genehmigt hat, darf dann auch 2025 noch abfinanziert werden.

Den zweiten Satz aus dem Linke-Antrag – „Dieser Handlungsgrundsatz gilt auch für die Folgejahre.“ – lehnte dann freilich eine Mehrheit mit 27:31 Stimmen ab.

Die Vorlage selbst bekam dafür eine deutliche Mehrheit von 40:17 Stimmen. Was zumindest – wie Grünen-Stadtrat Tobias Peter schätzt – die Möglichkeit schafft, dass eine niedrige 100-stellige Zahl von Wohnungen energetisch saniert werden könne, ohne dass die Miete steigt. Ein kleiner Anfang für einen Teil der Wärmewende, bei der es eben auch darum geht, den Energieverbrauch ungedämmter Wohnungen deutlich zu verringern, damit Leipzig tatsächlich bis 2040 klimaneutral werden kann.

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