Da werden sich am 21. August zu später Stunde etliche Geschäftsführer städtischer Kultureinrichtungen verdattert an die Stirn gefasst hatten. Immerhin durften sie mit ein paar hübschen Sümmchen aus der Leipziger Beherbergungssteuer rechnen, um wichtige Vorhaben zu finanzieren. Doch dann stellten die SPD-Stadträte Heiko Bär und Andreas Geisler eine 90-Fragen-Liste, weil sie wissen wollten, was hinter den ganzen Summen steckte, welche die Stadt in ihrer touristischen Maßnahmenliste aufgeführt hatte.

Denn Heiko Bär hat natürlich vollkommen recht, wenn er als (scheidender) Stadtrat erwartete, dass die Einrichtungen, die da teils über 1 Million Euro aus der Beherbergungssteuer bekommen sollten, auch genau angeben müssen, wofür sie das Geld ausgeben wollen. Und dass das so auch in der Vorlage stehen müsste. Das sei auch dem Steuerzahler gegenüber nur recht und billig.

Immerhin entschuldigte sich Finanzbürgermeister Torsten Bonew für die oberflächliche Beantwortung der Fragen. Man habe die inkriminierten Ausgabeposten sogar gleich gestrichen und das Geld dem Gesamthaushalt zugeführt.

Was die Sache nicht besser machte, denn dabei müsste es sich ja um Maßnahmen gehandelt haben, die in den Fachausschusssitzungen wieder sehr konkret benannt worden waren – unter anderem Werbemaßnahmen für die kommende Rembrandt-Ausstellung im Museum der bildenden Künste und ein paar konkrete Maßnahmen zur dortigen Barrierefreiheit. Und auch der Zoo hätte wohl sehr konkret gesagt, wofür er die 1 Million Euro ausgeben wollte, die für ihn in der Liste standen.

Dass die Maßnahmen nun einfach gestrichen wurden, fand Grünen-Stadträtin Katharina Krefft einfach unverständlich. Denn dadurch wurde das Maßnahmenpaket ja noch unglaubwürdiger. Und die Linksfraktion hatte, wie Linke-Stadträtin Franziska Riekewald dann erklärte, echte Bauchschmerzen mit den über 1 Million Euro für Werbemaßnahmen der LTM.

Eine viel zu späte Vorlage

Da hatte sich, wie man sah, eine Menge Frust aufgebaut, der dann durch den Zeitdruck noch gesteigert wurde. Denn die Vorlage mit den Maßnahmen erreichte den Stadtrat, so Riekewald, erst im Juni. Dann war eigentlich Sommerpause. Die 90-Fragen-Anfrage von Bär und Geisler bekam das Finanzdezernat im Juli. Da habe man nur noch acht Tage Zeit gehabt, alle Fragen zu beantworten, so Finanzbürgermeister Torsten Bonew, was die Oberflächlichkeit vieler Antworten erkläre.

Aber für Unverständnis sorgten auch die 2 Millionen Euro, die zusätzlich „zur Deckung von voraussichtlichen Mehraufwendungen für die UEFA Euro 2024 vorgehalten“ werden sollten.

Und als dann auch noch CDU-Stadträtin Sabine Heymann anmerkte, dass sie den ganzen Katalog erst nach der Sommerpause in die Hand bekam, hatte auch Oberbürgermeister Burkhard Jung die Nase voll. So eine unvollständige Vorlage könne man einfach nicht vorlegen, das sei einer Verwaltung unwürdig. Er beantragte also die Vertagung der Vorlage.

Etwas, was Heiko Bär, der ja schon deutlich von einer „Chaos-Vorlage“ gesprochen hatte, eigentlich nicht wollte. Aber in diesem Fall hatte die Ratsmehrheit die Nase voll von der Diskussion. Gut möglich, dass in den betroffenen Ausschüssen Klarheit geherrscht hat. Was aber an der nun regelrecht löcherigen Vorlage, in der ja nun ganze Maßnahmen einfach gestrichen worden waren, nichts änderte. Die Ratsmehrheit folgte mit 32:17 Stimmen bei sechs Enthaltungen dem Antrag von Burkhard Jung auf Vertagung.

Und so hat jetzt der neue Stadtrat die Aufgabe, noch in diesem Jahr eine Vorlage zu beschließen, über die der alte Stadtrat berechtigterweise sehr verärgert war. Und die Zeit läuft ab, denn wenn die Gelder nicht mehr 2024 fließen, geht es ihnen wie allen nicht verausgabten Geldern: Sie landen in der haushaltslosen Zeit (Torsten Bonew), die mit ziemlicher Sicherheit bis September 2025 anhält, können also nicht mehr zeitnah für die Tourismusförderung ausgegeben werden.

Eigentlich eine klare Botschaft für die Verwaltung, bei der Erstellung solcher Vorlagen sauber zu arbeiten und konkret zu werden, wenn Projekte benannt werden, die tatsächlich Geld kosten.

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