Wer unkonkret antwortet, muss damit rechnen, dass es Nachfragen gibt. Auch ein paar unbequeme. Das alles, obgleich der Oberbürgermeister sich ärgert. Aber die „Gerüchte“, dass es um den Leipziger Doppelhaushalt 2025/2026 ein regelrechtes Hauen und Stechen gibt, dauern jetzt schon ein paar Monate, ohne dass auch nur die geringste Zahl öffentlich ist, wie viel Geld Leipzig zur Verfügung hat. Und die Gerüchte um Stellenkürzungen tauchten auch nicht erst am 21. August auf.
Da gab es im Rathaus eine Amtsleitersitzung, auf der mit den Amtsleitern über die möglichen Folgen der Haushaltsplanungen für 2025/2026 gesprochen wurde. Auch der Stellenplan war Thema. Und postwendend tauchte das als Fragestellung in der Ratsversammlung auf – mit der Befürchtung, es wäre über Stellenkürzungen gesprochen worden. Die Linksfraktion thematisierte das.
Und OBM Burkhard Jung ärgerte sich gewaltig darüber, dass so etwas aus einer internen Sitzung sofort in die Ratsversammlung durchgestochen worden war. Vielleicht berechtigt. Denn auch die Verwaltung braucht natürlich geschützte Räume, aus denen nicht gleich alles in die Öffentlichkeit durchsickert, was dort gesprochen wurde.
Aber am selben 21. August stand eine Grünen-Anfrage auf der Tagesordnung der Ratsversammlung, die genau dieses Thema zum Inhalt hatte. Denn Gerüchte entstehen natürlich auch, wenn Ängste und Befürchtungen durch die Rathausflure wabern. Da fragen sich natürlich auch die Ratsfraktionen, was ihnen dann am 2. September vorgelegt wird als Haushaltsplanentwurf – und welche Kröten da drin stecken.
Arbeitet die Verwaltung am Limit?
„Im bisherigen Haushalt ist mittelfristig mit einem Kostenaufwuchs bei den Personalaufwendungen zu rechnen. Es gibt Gerüchte, dass im neuen Haushaltsplanentwurf 2025/26 keinerlei neue Stellen enthalten sind“, hatten die Grünen in ihrer Ratsanfrage festgestellt. „Gleichzeitig sind aktuell dutzende Stellen in verschiedenen Tarifgruppen teils seit längerer bis sehr langer Zeit unbesetzt. Aus Teilen der Verwaltung wird eine Häufung von Krankschreibungen und Ausfällen angezeigt, da es in manchen Abteilungen aufgrund des hohen Arbeitsaufkommens zu Überlastung der Mitarbeitenden kommt.“
Denn Fakt ist schon lange, dass Leipzig hunderte von Stellen einfach nicht besetzt bekommt. Jede zehnte beschlossene Stelle ist unbesetzt und die Antworten auf die Grünen-Anfrage waren einmal mehr sehr nebelhaft. Logisch, dass es am 21. August gleich mehrere Nachfragen gab.
„Mit welchem Stellenansatz plant die Verwaltung den kommenden Doppelhaushalt? Ist es zutreffend, dass kein Stellenaufwuchs geplant ist?“, wollten die Grünen wissen.
Und die Antwort der Verwaltung klang dann genau so, wie man nun einmal Gerüchte befeuert – ausweichend und nebelhaft: „Die Stellenplanung für den Doppelhaushalt 2025/2026 erfolgt auf der Grundlage der Vorgaben und Prämissen der Methodikvorlage für diese Haushaltsperiode. Die Beschlussvorlage-Nr. VII-DS-09409 ‚Methodik der Haushaltsplanaufstellung 2025/2026‘ wurde am 15.01.2024 in der Dienstberatung des Oberbürgermeisters beschlossen und dem erweiterten FA Finanzen am 29.01.2024 zur Kenntnis gegeben.
Aus der Methodikvorlage ableitend erfolgen aufgrund der ernsten Haushaltslage zur Herstellung eines genehmigungsfähigen Haushaltsplans keine freien Stellenanmeldungen der Dezernate. Die Ermittlung von weiteren Bedarfen ist nach stringenten Prämissen erfolgt.“
Man kann das auch eine Nicht-Antwort nennen.
Dasselbe mit der zweiten Frage der Grünen: „Was passiert mit den Mitteln aus dem aktuellen Doppelhaushalt, die für Stellen angesetzt sind, welche nicht besetzt werden konnten? Welche Auswirkungen hat das auf die Stellenplanungen im künftigen Doppelhaushalt 2025/26?“
Die Antwort lautete: „In der Planung der Personalaufwendungen 2025/2026 wurde zur Abbildung der Realität der Besetzungssituation eine gehaltswirksame Ausfallquote einkalkuliert. Eine Übertragung von ggf. übrigen Haushaltsmitteln ist in den Personalaufwendungen nicht möglich, daher hat die Situation im Jahr 2024 keine Auswirkung auf die Personalaufwendungen im Jahr 2025. Die Stellenplanung 2025/2026 erfolgt gemäß der bekannten Methodik zur Haushaltsplanung 2025/2026.“
Dass die Mittel nicht übertragen werden können, ist einsichtig. Aber was die Nichtbesetzung für die künftigen Stellenplanungen bedeutet, wurde nicht gesagt.
Keine Kürzungen, aber auch kein Zuwachs
Es ist gut möglich, dass die entscheidenden Fragen auch in den beiden dafür wichtigen Ausschüssen – dem erweiterten Finanzausschuss und im Verwaltungsausschuss geklärt werden können. Etwas, was der scheidende CDU-Stadtrat Claus-Uwe Rothkegel mit seinem etwas bärbeißigen Einwurf zu fordern schien.
Aber ganz offensichtlich ist das nicht passiert. Also wurde der Punkt zu einer kleinen vorgezogenen Haushaltsdebatte um die simple Frage: Will der OBM im nächsten Haushalt Stellen kürzen oder nicht?
Will er nicht, sagte Jung. Manchmal wünscht man sich ja genau solche klaren Worte. Aber er bestätigte auch, dass die Haushaltsaufstellung augenscheinlich richtig schwer werden wird.
2025 und 2026 steht nicht mehr Geld für den Leipziger Haushalt zur Verfügung. Und Finanzbürgermeister Torsten Bonew, so Jung, sei nun einmal dafür bezahlt, dass er einen genehmigungsfähigen Haushalt vorlegt.
Und in dem stecken natürlich auch die Personalkosten von rund 600 Millionen Euro. Die schon deutlich gestiegen sind in letzter Zeit. Aber nicht, weil die Stadt üppig Personal eingestellt hätte, sondern weil den Gewerkschaften hohe Tarifabschlüsse gelungen sind. Mit den damit deutlich gestiegenen Gehältern müsse man jetzt umgehen, so Jung.
Und wenn nicht mehr Geld in die Haushaltskasse komme, heißt das auch, dass man beim Personal nicht weiter zulegen könne aus seiner Sicht. Er will 2025/2026 ein „Null-Wachstum im Stellenplan“ schaffen. Aber nicht durch Stellenstreichungen. Auch deshalb habe man die Amtsleiter einbezogen. Eher gehe es um eine Umorganisation der Arbeit.
Das zähe Ringen um einen genehmigungsfähigen Haushalt
Und Jung betonte auch, dass die nach wie vor nicht besetzten Stellen nicht gestrichen werden. Sie gelten weiterhin als existent, könnten nun aber neu priorisiert werden, um die Pflichtaufgaben der Stadt abzusichern. Das Wichtigste für ihn sei, dass Leipzig es schafft, einen Doppelhaushalt aufzustellen, der von der Fachaufsichtsbehörde – der Landesdirektion Sachsen – genehmigt wird, ohne dabei der Stadt zusätzliche Auflagen zu machen. Das hat Leipzig inzwischen seit Jahren bis zur Genüge ausgekostet – trotz ausgeglichener Haushalte gab es immer wieder bevormundende Auflagen der Landesdirektion.
Dies scheint nun mit dem nächsten Doppelhaushalt noch härter zu werden. Und dabei ist Leipzig bei der Personalfindung seit Jahren unter Druck, weil der Arbeitsmarkt für Fachkräfte auch für Kommunen regelrecht leer gefegt ist. Gerade im Baudezernat wird immer spürbarer, was es heißt, wenn dutzende Planerstellen nicht besetzt sind und damit wichtigste Bauprojekte jahrelang nicht umgesetzt werden können. Was wieder teuer wird und künftige Haushalte belastet.
Aber wer sagt das der sächsischen Staatsregierung, die die Kommunen finanziell knapp hält?
Und dazu kommt, wie Verwaltungsbürgermeister Ulrich Hörning anmerkte, dass die Stadt in den nächsten zwei Jahren sowieso rund 1.000 Stellen allein durch Altersabgänge neu besetzen muss.
Zumindest schuf das Nachfragen von Sören Pellmann (Linke), Sascha Matzke (Freibeuter) und Tobias Peter (Grüne) ein bisschen Klarheit: Burkhard Jung will kein Stellenstreichungsprogramm durchsetzen, sondern mit dem Stellenpool von 2024 auch 2025 und 2026 auskommen. Und auch die hunderte nicht besetzten Stellen sollen nicht wegfallen. Ob dann der Bedarf durch Umorganisation in den Ämtern aufgefangen werden kann, ist offen. Genaueres könne Jung, wie er sagte, erst am 2. September sagen. Das ist dann schon der neue Stadtrat, der sich dann mit dem neuen Doppelhaushalt 2025/2026 beschäftigen muss.
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