Die Zeit zwischen der letzten Ratsversammlung des alten Stadtrates und der konstituierenden Sitzung des neu gewählten ist eine gute Gelegenheit, um auf die letzten fünf Jahre zurückzublicken und einen Vorausblick zu wagen. Wir haben dazu die neugewählten Fraktionsvorsitzenden zu einem Gespräch gebeten. Im Vorfeld haben wir sechs Fragen vorformuliert und den Gesprächspartnern geschickt, im Gespräch eine davon ausgelassen und eine zusätzliche am Ende gestellt.

Am 14. August trafen wir uns mit Michael Weickert, Fraktionsvorsitzender der CDU im Leipziger Stadtrat, in der Fraktionsgeschäftsstelle der CDU-Fraktion im Neuen Rathaus zum Gespräch.

Herr Weickert, zuerst herzlichen Glückwunsch zur Wiederwahl als Fraktionsvorsitzender. Und dann kommen wir gleich zu den Fragen. Die Neuwahl ist ja immer auch ein Grund für einen Rückblick, da steht die Frage: Was waren Ihre Highlights der letzten Wahlperiode für die CDU-Fraktion?

Also, an Highlights hat es in dieser Wahlperiode nicht gemangelt. Der Unterhaltungswert war stets gegeben, aber für uns war sicherlich eine der wichtigsten Forderungen, die wir durchgesetzt haben, dass es wieder einen Wirtschaftsbürgermeister für Leipzig gibt seit September 2022. Ansonsten, das muss man ehrlicherweise konstatieren, hat sich die rot-grüne Ratsmehrheit in den letzten fünf Jahren sehr eng abgestimmt. Da war es mit Highlights für uns nicht so gegeben. Allerdings für Leipzig auch nicht.

Die andere Frage, die sich logischerweise gleich anschließt: Was waren denn die Sachen, die der Fraktion am meisten wehgetan haben? Also eigene Anträge, die abgelehnt wurden oder vielleicht auch bestätigt, aber nicht umgesetzt?

Ich glaube, dass wir die zentralen Punkte, die wir beantragt haben, damit unter anderem umsetzen konnten. Mit guten Kompromissen, die wir dann gefunden haben. Beispielsweise die 25 Millionen Euro für die Leipziger Wirtschaft, die noch kurz vor der Wahl beschlossen worden sind. Also, dass jetzt Anträge von uns per se einfach weggewischt wurden, das kann ich so gar nicht sagen. Sondern es war relativ schnell klar, dass sich insbesondere bei den strategischen Vorlagen Mehrheiten ohne uns gefunden haben. Und das muss man aber akzeptieren, das gehört ja in einer Demokratie dazu.

Herr Michael Weickert (CDU) im Leipziger Stadtrat am 25.04.24. Foto: Jan Kaefer
Michael Weickert (CDU) im Leipziger Stadtrat am 25.04.24. Foto: Jan Kaefer

Es sind neue Leute in den Stadtrat eingezogen, auch bei der CDU. Alte sind gegangen oder auch nicht wieder angetreten. Wessen fachliche Expertise von denen, die nicht mehr dabei sind, wird denn am meisten fehlen?

Bei uns wird definitiv Uwe Rothkegel fehlen, das ist gar keine Frage. Ja, einer meiner Vorgänger im Amt, von dem ich viel gelernt habe, der auch eine sehr prägende Gestalt für die CDU-Fraktion in den vergangenen Jahren war. Der aber, und das finde ich, muss man respektieren, nach 35 Jahren im kommunalen Ehrenamt auch das Recht hat zu sagen, es ist jetzt auch mal gut. Und dennoch wird Uwe fehlen, auch menschlich. Das ist gar keine Frage.

Auch Konrad Riedel wird fehlen. Das ist natürlich so. Nach 25 Jahren im Stadtrat und vor allem auch mit den Themen, die hier heute klein geworden sind, also das ist schon so. Allerdings, wir sind ja hier nicht aus der Welt und auch wenn man das vermuten mag, kein Elfenbeinturm, in dem man nicht mehr hereinkommt, sondern wir reden ja nach wie vor miteinander. Darauf kann sich jeder verlassen. Das ist auch keine Drohung, das ist ein Versprechen.

Die neue Wahlperiode steht bevor. Was werden denn, normalerweise hat man 100 Tage, sagen wir mal im ersten Jahr, die Schwerpunkte sein, die Sie setzen werden?

Wir stehen ja vor sehr schwierigen Haushaltsverhandlungen Anfang 2025, oder jetzt auslaufend 2024. Wir müssen uns der Tatsache bewusst werden, dass wir nur sehr wenig Geld zur Verfügung haben werden. Die Steuereinnahmen werden weniger, beispielsweise, gleichzeitig steigen die Ausgaben enorm im sozialen Bereich und für Personal. Und wir müssen uns natürlich die Frage stellen, was sind denn die Pflichtaufgaben, die eine Kommune hat.

Und die müssen zuvorderst erfüllt werden. Und ein Satz, der jetzt schon zum Bullshit-Bingo bei den Haushaltsverhandlungen gehört, ist, dass wir uns jetzt mal ehrlich machen müssen. Wir als CDU-Fraktion sind, glaube ich, immer ehrlich mit den Möglichkeiten umgegangen, die wir haben, ich auf jeden Fall. Und wir werden uns sehr genau angucken, wie die Haushaltsverhandlungen laufen werden und ob wir dem Haushalt zustimmen werden oder nicht.

Herr Michael Weickert (CDU) im Leipziger Stadtrat am 24.04.24. Foto: Jan Kaefer
Michael Weickert (CDU) im Leipziger Stadtrat am 24.04.24. Foto: Jan Kaefer

Stadträte werden, als Personen, von der Bevölkerung gewählt und bilden dann eine Fraktion. Welches Versprechen gibt die CDU-Fraktion den Leipzigerinnen und Leipzigern?

Unser zentrales Wahlkampfversprechen war ja, Leipzig besser zu machen. Und ein Anliegen, das mir persönlich sehr am Herzen liegt, das aber auch, glaube ich, gut CDU-Politik zusammenfasst, ist, dass wir sorgsam und sparsam mit dem Steuergeld der Leipzigerinnen und Leipziger umgehen. Denn es gibt so etwas wie öffentliches Geld nicht, es gibt nur Steuerzahlergeld. Und ich glaube, das könnte sich durchaus der ein oder andere hier im Rathaus auch noch mal etwas mehr bewusst machen.

Die letzte, wahrscheinlich nicht ganz unerwartete Frage: Der neue Stadtrat setzt sich anders zusammen als in der letzten Wahlperiode. Wie wird das Verhältnis der CDU-Fraktion zu AfD und BSW?

Ich kann natürlich mal sagen, wir haben das in den letzten zehn Jahren, in denen ich hier sitze, immer so gehandhabt, dass wir unabhängig davon, wer einen Antrag ins Verfahren bringt, wir uns den Antrag anschauen und dann damit umgehen werden. Das werden wir auch weiterhin so tun. Ich habe das ja schon gegenüber einer anderen, etwas größeren regionalen Tageszeitung gesagt, was ich von dem Begriff Brandmauer halte, beziehungsweise, das stärkt die natürlich nur.

Aber es wird jetzt keine Koalition mit der AfD geben und auch nicht mit dem BSW. Ich glaube, dass die Renaissance des Leipziger Modells der wechselnden Mehrheiten gut für die Stadt sein kann, denn es zwingt viel mehr zum Kompromiss. Wir werden auch mit dem BSW vernünftig umgehen, also das ist ja nun mal keine Frage. Und wir werden sehen, wie die sich auch erst mal finden.

Ich glaube, wir haben als stärkste Fraktion im Rat auf jeden Fall eine herausgehobene Verantwortung, auch als politische Kraft der Mitte wahrgenommen zu werden und auch Kompromisse zu suchen. Also wir müssen konfliktfähig, sprechfähig und kompromissfähig sein. Kompromisse sind gut, aber Kompromisse auch nicht in jedem Fall. Auf jeden Fall steht eines auch fest: Für den Oberbürgermeister werden es sicherlich zwei interessante letzte Amtsjahre.

Herr Weickert, wir danken Ihnen für das Gespräch und Ihre Zeit.

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Es gibt 3 Kommentare

@Hearst
Quartiersgaragen, @Hearst, Quartiersgaragen. Zum kostenlos Parken. Das gehört doch zur Pflichtaufgabe der Kommune, zumindest wenn man die Anträge der CDU so liest…

Zum Spalter Weickert hatte Thomas Kumbernuß in der gestrigen Ratsversamlung eigentlich alls gesagt.

“Also, an Highlights hat es in dieser Wahlperiode nicht gemangelt.” vs. “Da war es mit Highlights für uns nicht so gegeben.” – also eine Legislatur für nix, außer an Gewicht zugelegt.
“Wir müssen uns der Tatsache bewusst werden, dass wir nur sehr wenig Geld zur Verfügung haben werden.” Also keine Steuergeschenke an die Wirtschaft (z.B. i.H.v. 25 Mio EUR) da keine Pflichtaufgabe? Kein Luxusauto für den OBM da keine Pflichtaufgabe?

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