Zwischen der siebten und achten Wahlperiode des Leipziger Stadtrates lohnt es, die zivilgesellschaftlichen Akteure in Leipzig zu Wort kommen zu lassen. Der Stadtrat entscheidet über Fördermittel und fasst auch weitere Beschlüsse, die deren Arbeit beeinflussen. Wir haben uns am 22. August mit Tom Pannwitt vom Stadtjugendring getroffen. Mit ihm sprachen wir über die Entwicklungen der letzten fünf Jahre.

Herr Pannwitt, wie schätzen Sie die Arbeit des Leipziger Stadtrates in der siebten Wahlperiode, besonders in Bezug auf Ihre Anliegen, ein?

Grundsätzlich müssen wir sagen, dass wir als Stadtjugendring die Zusammenarbeit mit dem Stadtrat als eine sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit in dieser Legislatur wahrgenommen haben. Der Stadtrat war schon pluraler aufgestellt und wir merken, als Dachverband, immer wieder, dass unsere Anliegen auch aufgenommen werden. Das zeichnet uns auch aus, dass wir mit unseren 41 Mitgliedsorganisationen auch plural aufgestellt sind mit einer breiten Wertehaltung und da immer wieder Anknüpfungspunkte finden.

Die Legislatur war ja sehr geprägt von unterschiedlichen Krisen. Wir hatten die Corona-Zeit zu bewältigen, wir hatten die Themen Inflation und Rohstoffknappheit zu bewältigen. Wir erinnern uns alle noch an die Themen Absenkung der Temperatur in Schwimmbädern oder in den Kitas und Schulen, die zur Diskussion standen. Das hat natürlich auch vor der Jugendarbeit nicht halt gemacht. Aber auch hier müssen wir sagen, dass wir, im Schulterschluss mit der Politik, relativ gut über diese Zeit gekommen sind und mit Augenmaß gute Lösungen gefunden haben, das zu überbrücken.

Insgesamt ist für uns der wichtigste Kontakt für die kommunale Jugendarbeit in dieser Legislatur der Jugendhilfeausschuss. Und hier müssen wir sagen, in der Gesamtschau auf die letzte Legislatur, dass quasi alles überarbeitet worden ist. Die ganze personelle Zusammensetzung der Verwaltungsspitze, die für uns zuständig ist, von der Dezernentin angefangen bis zur Sachgebietsbearbeiterin. Auch alle wesentlichen Planungsgrundlagen, wie eine Neuerfindung der kommunalen Jugendhilfeplanung mit der integrierten Planung, die Förderkonzeption, die Fachförderrichtlinie, alles wurde überarbeitet. Es waren also sehr bewegende fünf Jahre für uns, in denen einiges in Bewegung gekommen ist.

Was waren eventuelle Highlights für Sie in dieser Wahlperiode?

Ein wesentliches Highlight, für mich ganz persönlich, ist, dass ich selbst in den Jugendhilfeausschuss nachgerückt bin und wir somit als Stadtjugendring selbst Teil der Kommunalverwaltung sind und gemeinsam mit den Stadträten ein Stimmrecht haben für junge Menschen und die Jugendpolitik in unserer Stadt. Dazu zählen natürlich als Highlights die Anhebung der Tagessätze für Ferien, Erholungsmaßnahmen, Freizeitmaßnahmen, womit wir ganz konkret den Geldbeutel von Eltern entlasten. Dazu zählt aber auch der stille Protest Ende 2022 von Mitarbeitenden aus der offenen Kinder- und Jugendarbeit. Weil es mal wieder um den Haushalt geht, den wir verhandelt haben, und die Akteure klargemacht haben, welche fachliche Schwerpunktsetzung sie in Leipzig sehen, und dafür auch eingestanden sind.

Was ist, aus Ihrer Sicht, nicht so gut gelaufen?

Diese ganze Umbruchphase im Amt, von der Neubesetzung mit Vicki Felthaus 2020, aber auch die ständigen Diskussionen um die Amtsleitung für das Jugendamt, die wir wieder haben, nachdem wir gehofft hatten, die Stelle wäre besetzt. Aber das geht ja auch weiter bis hin zur Abteilungsleiterin, die gewechselt hat, und noch an einigen Stellen, da ist der Kommunikationsfluss nicht so gut gelaufen und unterbrochen worden. Und das ist natürlich für uns, da wir mit Jugendlichen zusammenarbeiten, ganz wichtig und die Themen sind auch immer nicht so einfach zu verhandeln und man muss auf Augenhöhe miteinander sprechen. Das hat einiges erschwert in den letzten Jahren und wir hoffen auf eine Konsolidierung und ein bisschen ruhigeres Fahrwasser in der kommenden Zeit.

Ganz zum Schluss, der formale Trick möchte ich es nennen, mit dem Beschluss der Fachförderrichtlinie für Kinder- und Jugenderholungsmaßnahmen im Stadtrat, wo der Jugendhilfeausschuss mehrheitlich etwas anderes beschlossen hat, was denn auch im Stadtrat eingereicht wurde. Das war natürlich ein Rückschlag für uns und wir hätten uns das anders gewünscht.

Welche Wünsche und Erwartungen haben Sie an den Leipziger Stadtrat der achten Wahlperiode?

Was natürlich mit Blick auf die Zukunft ganz, ganz wichtig ist, und wir haben es leider gerade aktuell durch die umfangreichen Recherchen von VOLLBILD und der Tagesschau gesehen, dass das Thema Kinderschutz im ehrenamtlichen Bereich in Freizeiten ein megawichtiges Thema ist, was auch die Jugendverbände schon lange vor dieser Berichterstattung bewegt. Da wollen wir natürlich genauer hinschauen in der nächsten Zeit und hoffen auf Unterstützung vom Amt, aber auch der Politik, dafür Ressourcen bereitzustellen und sich vermehrt darum zu kümmern.

Dazu zählt natürlich auch weiterhin, wir sind in einem Superwahljahr hier in Sachsen und engagieren uns sehr stark für das Thema politische Bildung. Ein wesentlicher Punkt demokratischer Teilhabe junger Menschen ist ihre Selbstorganisation in Jugendverbänden. Und dafür stehen wir ein, dass die hauptamtliche Unterstützung dafür bekommen. Wir wissen, das Engagement wird immer schwieriger, die jungen Menschen haben immer weniger Zeit, die Schule weitet sich immer mehr aus. Ein bisschen denen unter die Arme zu greifen durch hauptamtliches Personal wäre sehr wünschenswert für die Selbstorganisation.

Ich habe es auch schon angesprochen, das Haushaltsthema bewegt uns natürlich immer, das ist aber auch nichts Neues. Das kommt alle zwei Jahre und auch hier freuen wir uns mit dem neuen Stadtrat, der sich jetzt bald zusammensetzen wird, und auch dem neuen Jugendhilfeausschuss, dem wir wieder angehören werden, da wieder in Verhandlungen zu treten. Auch hier wird der Stadtrat viel bunter, viel pluraler, es sind neue Fraktionen hinzugekommen. Wir möchten gerne mit unserer Pluralität, unseren Möglichkeiten wieder in das Gespräch kommen, wo geht die Reise hin in Leipzig und wie können wir unsere Stadt lebenswerter für junge Menschen machen.

Herr Pannwitt, ich bedanke mich für das Gespräch.

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