Wir erinnern uns wahrscheinlich alle an das Starkregenereignis am 12. Juli 2024, welches besonders den Leipziger Süden traf. Die Einlaufbauwerke der Stadtentwässerung konnten die Regenmengen nicht ableiten, Regen- und Schmutzwasser drang in Keller und Erdgeschosswohnungen ein, für einige Betroffene sind die Folgen bis heute spürbar.
Es ist als völlig nachvollziehbar und berechtigt, dass Stadtrat Karsten Albrecht (CDU) im Leipziger Stadtrat eine Anfrage an den Oberbürgermeister zu diesem Thema stellt.
Darin fragt er:
1. Wir fragen daher an, wann die Einlaufbauwerke im Leipziger Süden den tatsächlichen Niederschlagsmengen angepasst werden, um zukünftig Sachschäden und die Gefahr für Leib und Leben zu verhindern?
2. Ist es möglich, den ehemaligen Teich (Ecke Leinestraße/Dölitzer Schacht) zur Regulation der Wassermengen einzubinden?
Warum ist diese Frage, bei aller Berechtigung, halbherzig?
Sie betrifft ein einzelnes Ereignis, das nächste ist vielleicht im Leipziger Osten, mit den gleichen Auswirkungen und es gibt den Stadtratsbeschluss VII-A-01269-NF-02 vom 14. Oktober 2020 „Erarbeitung eines Regenwasserkonzeptes“ mit einem Zwischenstandsbericht der Verwaltung vom 9. Juni 2022.
In diesem Zwischenbericht wird aufgeführt, dass die Projekte „Bewässerungskonzept“, „Wasserkonzeption für den Leipziger Nordraum“, „Integrierte Wasserkonzeption für das erweiterte Stadtgebiet Leipzig“ (Stadt Leipzig und unmittelbares Umfeld), „KAWl-L – Kommunale Anpassungsstrategie für wassersensible Infrastruktur in Leipzig“, „Rietzschke-Aue Sellerhausen – mehr Wildnis wagen!“, sowie der BMBF-Förderaufruf „ressourceneffiziente Stadtquartiere für die Zukunft“ : „blau-grüne Quartiersentwicklung in Leipzig (Leipziger BlauGrün)“, die Grundlage für die Erarbeitung des Regenwasserkonzeptes sind und sich alle noch in Bearbeitung befinden.
Das ist jetzt über zwei Jahre her. Der Zwischenstand rekapituliert hier allerdings in den größten Teilen den Verwaltungsstandpunkt von 2020.
Leipzig muss Schwammstadt werden!
Das war der Tenor des damaligen Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der sich hinter dem Titel „Erarbeitung eines Regenwasserkonzeptes“ verbarg. Das bedeutet, es ging im Antrag nicht darum, das Regenwasser, auch bei Starkregen, irgendwohin abzuleiten, sondern es auch zu speichern und sinnvoll in Trockenzeiten zu verwenden, wir berichteten darüber.
Bei der punktweisen Abstimmung des Antrags wurde allerdings dieser um den Satz „Ein Schwerpunkt des Konzepts soll die sogenannte Schwammstadt (Sponge City) sein“ kastriert. Im Verwaltungsstandpunkt wurde der ganze Antrag als „nachteilig für die Stadt Leipzig“ klassifiziert und auf das „Verwaltungshandeln“ hingewiesen.
Was wurde beschlossen?
Der Beschluss war letztendlich etwas schwammig:
 „1. Die Ratsversammlung nimmt die Aktivitäten der Stadtverwaltung zur Erstellung eines Bewässerungskonzeptes unter besonderer Berücksichtigung der Niederschlagswassernutzung, der Erarbeitung einer Wasserkonzeption für den Leipziger Nordraum, im Projekt KAWI-L, im Projekt ‚Leipziger BlauGrün‘ sowie für eine naturnahe Grünflächenentwicklung in der Rietzschke-Aue zur Kenntnis.Â
2. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, nach Umsetzung und auf Grundlage der Ergebnisse der vorgenannten Maßnahmen, spätestens jedoch bis zum 30.09.2023, der Ratsversammlung ein gesamtstädtisches Programm für eine wassersensible und klimaangepasste Stadtentwicklung vorzuschlagen. Ein Schwerpunkt des Konzepts soll die sogenannte Schwammstadt (Sponge City) sein. (Der letzte Satz wurde gestrichen, Anm. d. Red.).
3. Dabei sind in das Konzept folgende Punkte mit einzubeziehen:
– Ergänzung der städtischen Gebäude durch eigene Regenwasseranlagen
– Erweiterung des Wurzelraums der Straßenbäume im Sinne einer Schwammstadt“ (Sponge City)
Wichtig ist hier die Terminierung in Punkt 2, fast ein Jahr später liegt das gesamtstädtische Programm nicht vor.
Die Informationsvorlage – VII-Ifo-08770 „Lenkungsnetzwerk Wassersensible Stadtentwicklung“ vom 13.12.2023 kann man schwerlich als Erfüllung des Beschlusses betrachten. Das Lenkungsnetzwerk dient, laut Vorlage, als Kommunikationsplattform für die strategisch langfristige Zielausrichtung.
Fazit: Die Anfrage von Stadtrat Albrecht ist, wie oben beschrieben völlig legitim. Doch besser wäre es gewesen, er hätte gefragt: „Herr Oberbürgermeister, wann legen Sie uns das ‚gesamtstädtische Programm für eine wassersensible und klimaangepasste Stadtentwicklung‘ vor und wann beginnen die Maßnahmen zu dessen Durchsetzung?“
Es gibt 5 Kommentare
@Rudi
Schon klar. Aber was ist mit dem viel größeren Anteil an Bestandsbauten?
Es sei hier auch noch mal auf die Anfrage der SPD verwiesen. Alle Parteien haben Heiko R. in eine III. Amtszeit gewählt, obwohl dieser das Thema (wie alle anderen seines Dezernates auch) höchstens halbherzig angeht. Leipzig verlor und verliert weiterhin mit dieser Fehlbesetzung sehr viel Zeit um die Stadt noch halbwegs klimagerecht umzugestalten. Die Ereignisse in diesem Jahr sind nur der Anfang dessen, was uns in den nächsten Jahrzehnten viel häufiger bevorsteht. Je wärmer es ist, desto stärker können die Niederschläge ausfallen. https://www.l-iz.de/politik/leipzig/2021/07/spd-anfrage-zu-starkregenkataster-und-schwammstadt-so-richtig-ernst-nimmt-leipzigs-verwaltung-das-thema-noch-nicht-401431
@Christian
Den Anreiz gibt es schon. Du bekommst keine Baugenehmigung mehr, wenn du nicht das Niederschlagswasser auf deinem Grundstück versickerst. Die Kanalisation ist in Leipzig ausgereizt. Schon heute würde die KWL gern das Wasser in der Kanalisation um 20% reduzieren, weil auch das Klärwerk die Menge nicht mehr schafft und für teuer Geld erweitert werden muss.
Leipzig fehlt es auch noch immer an Regenrückhaltemöglichkeiten im öffentlichen Straßenraum. Gegen Überschwemmungen bei Starkregen hilft das aber alles nur bedingt, es schwächt die Überflutungen nur ein wenig ab und entlastet ein wenig das Klärwerk.
Den Anreiz gibt es doch schon längst. Nennt sich “Niederschlagswasser” und findet sich in jeder Betriebskostenabrechnung. Ich habe im vergangenen Jahr knapp 15 Euro bezahlt. Und da ist der Haken. Es zahlen die kleinen Frauen und Männer, das intererssiert den Vermieter nicht, der es nur durchreicht.
Warum es bis heute beispielsweise keinerlei Förderung oder Anreiz zum Nachrüsten von Regenwassertanks / Rigolen o.ä. gibt, speziell für den überwiegenden Anteil von Mehrfamilienhäusern in Leipzig, ist mir unklar.
Was hier an Regenwasser ins Leipziger Kanalnetz eingebracht wird bei einem Starkregenereignis, dürfte enorm sein.
Mit dem Gründachprogramm erreicht man nur Flachdächer…