Wir haben uns entschlossen, im Wahlkampf zur Stadtratswahl 2024 den Fokus auf Kandidierende, die zum ersten Mal in den Stadtrat wollen, zu legen. Der Sinn der Sache: Wir wollen die Menschen, die hinter einer Kandidatur stehen, vorstellen, mit ihren Biografien, ihren Motivationen und Zielen. Oft sind diese nicht so in Wahlprogrammen verankert.
Zu diesem Zweck wurden acht Erstkandidierende kontaktiert und im persönlichen Gespräch fünf Fragen gestellt, die den Kandidierenden vorher nicht bekannt waren. Zu Beginn der Gespräche wurden die Kandidierenden gefragt, ob sie die Anrede „Sie“ oder „Du“ bevorzugen, entsprechend der Antwort wurden die Fragen gestellt. Also, lernen Sie Menschen hinter den Kandidierenden kennen.
Wer bist Du und was motiviert Dich?
Ich bin Oskar Teufert, 21 Jahre alt, ich studiere hier in Leipzig Geschichte und kandidiere jetzt im Leipziger Süden, auf Listenplatz 2, für den Stadtrat.
Was motiviert mich dazu? Ich mache, seitdem ich 16 Jahre alt bin, Kommunalpolitik über das Leipziger Jugendparlament und ich habe ein bisschen Blut geleckt und gesehen, dass sich, mit den begrenzten Möglichkeiten eines Jugendparlaments, auch die Stadt verbessern lässt. Ich würde gerne dieses Engagement ein Stück weit auf das nächste Level heben und mehr für unsere Stadt tun.
Was willst Du für Leipzig und Deinen Wahlkreis bewegen?
Ich glaube, bei dieser Vielzahl an Herausforderungen, die die Zukunft mit sich bringt, sei es jetzt Transformation bezüglich Klimawandel, aber auch Wirtschaftstransformation, fehlt uns vor allem, dass wir absolut gar nicht gewappnet dafür sind, in diese Zukunft zu schreiten. Weil wir einfach sehr langsame, langwierige Prozesse haben in einer Verwaltung mit den Genehmigungsverfahren.
Ich glaube, was ich gerne persönlich da einbringen würde ist, dass wir uns da verbessern, dass wir digitalisieren, dass wir Prozesse parallel laufen lassen oder auch nur einmal und uns dadurch Freiräume schaffen, was unser zeitliches Pensum angeht, aber auch was unsere finanziellen Möglichkeiten als Stadt angeht.
Du kommst ja aus dem Jugendparlament, gibt es denn spezielle Themen für die Jugend, die Du einbringen willst?
Also ich muss mich ein bisschen gegen das Narrativ wehren, dass ich, weil ich aus dem Jugendparlament komme, jetzt speziell Jugendthemen habe. Wie ich schon sagte, wenn wir unsere Verwaltung effizienter, schlanker und digitaler machen, wird das ja vor allem dazu führen, dass wir langfristig einen Haufen Geld sparen.
Wenn Stellen dann auslaufen, die man dann nicht nachbesetzen muss, weil man das digital machen kann, dann spart das uns viel Geld und dadurch haben wir dann ja natürlich mehr Möglichkeiten, um jetzt beispielsweise in Klimaschutz zu investieren, in die Mobilitätswende zu und in den Wirtschaftsstandort Leipzig. Ich glaube, das ist ja ein riesiges Zukunftsthema und da hoffe ich, auch junge Menschen anzusprechen.
Was weißt Du über Stadtratsarbeit?
Ich glaube vieles, wenn nicht sogar alles. Über meine Mitgliedschaft im Jugendparlament und dann auch später im Jugendbeirat hatte ich ja schon das Vergnügen an vielen Fachausschusssitzungen teilzunehmen, in der Ratsversammlung zu sprechen, die Dezernatsstrukturen kennenzulernen, die Eigenbetriebe. Und ich glaube, da hat man einen relativ guten Überblick auf jeden Fall schon mal bekommen.
Was sagen Freunde, Familie und Kollegen zu Deinem Engagement?
Das hängt so ein bisschen davon ab. Also alles immer sehr unterstützend natürlich. Aber dann im Detail Fragen, wenn die politische Meinung eine andere ist, dann kommt es da auch mal zu mehr Nachfragen. Aber im Großen und Ganzen bin ich sehr froh, dass meine Familie mich dabei sehr unterstützt, vor allem meine Eltern. Und ich aber auch auf meine Freunde zählen kann und die auch mal mit eine Runde Zum Plakatieren kommen.
Kollegen, in Deinem Fall Kommilitonen, wissen die das und was sagen die dazu?
Ich glaube, die wissen das schon. Aber in der Vorlesung stelle ich mich ja nicht hin und sage: Hey, ich kandidiere für den Stadtrat. In der Uni spielt das jetzt nicht so große Rolle. Da bin ich auch eher da, um mich berieseln zu lassen.
Welche positiven oder negativen Erfahrungen hast Du bisher im Wahlkampf gemacht?
Ich habe eine sehr positive Erfahrung gemacht, beim Flyer-Verteilen in der Fockestraße, da kam ich aus dem Innenhof wieder auf die Straße raus und sehe dann eine Frau, die auf mein Plakat zeigt, mit ihrem Mann. Als ich dann hergekommen bin, habe ich sie dann erkannt, das war meine Kindergärtnerin. Und sie sagte dann: Ja, ich habe meinem Mann erzählt, dass der bei mir in der Kindergartengruppe war.
Und das war eine sehr schöne, positive Erfahrung, weil ich meine Kindergärtnerin auch viele Jahre lang nicht mehr gesehen hatte und jetzt aber, in dem Kontext, mal wieder mit ihr gesprochen habe. Negative Erfahrungen gibt es natürlich auch in diesem Wahlkampf.
Also ich glaube, was eher allen bewusst ist, dass die Stimmung scheiße ist, auf gut Deutsch gesagt, und dass es einige Leute gibt, die sehr aggressiv reagieren. Aber ich bin sehr froh, dass das bei mir bisher über Pöbeleien nicht hinausgegangen ist.
Oskar, ich danke Dir für das Gespräch.
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