Wir haben uns entschlossen im Wahlkampf zur Stadtratswahl 2024 den Fokus auf Kandidierende, die zum ersten Mal in den Stadtrat wollen, zu legen. Der Sinn der Sache: Wir wollen die Menschen, die hinter einer Kandidatur stehen, vorstellen, mit ihren Biografien, ihren Motivationen und Zielen. Oft sind diese nicht so in Wahlprogrammen verankert.
Zu diesem Zweck wurden acht Erstkandidierende kontaktiert und im persönlichen Gespräch wurden fünf Fragen gestellt, die den Kandidierenden vorher nicht bekannt waren. Zu Beginn der Gespräche wurden die Kandidierenden gefragt, ob sie die „Sie“ oder „Du“ Anrede bevorzugen, entsprechend der Antwort wurden die Fragen gestellt. Also, lernen Sie Menschen hinter den Kandidierenden kennen.
Wer bist Du, was motiviert Dich?
Ich bin Livia Stöckmann, 21 Jahre jung und Studentin an der Universität Leipzig. Ich studiere dort Jura im Schwerpunkt Steuerrecht. Das ist auch so ein bisschen mein Schwerpunktinteresse innerhalb der Rechtswissenschaften, Steuern, Finanzen, Wirtschaft, damit beschäftige ich mich ganz gerne. Ich bin gebürtige Leipzigerin, hier geboren und aufgewachsen und hab mich dann auch entschieden, hierzubleiben. Tatsächlich das alles im Leipziger Südosten, in dem Wahlkreis, wo ich jetzt auch für den Stadtrat kandidiere. So viel vielleicht erst mal zu mir.
Zu meiner Motivation, ich glaube, meine politische Motivation mich zu engagieren, kommt zum einen von meiner Persönlichkeit. Ich hatte schon immer großes Interesse an Politik, habe schon immer viel hinterfragt, kritisch gedacht, hatte auch immer schon ein großes Gerechtigkeitsgefühl. Ich habe selbst, wie es so ist im Leben, soziale Ungerechtigkeit erlebt, Sexismus erlebt etc.
Da habe ich mich entschieden, dass ich nicht mehr länger nur herummeckern will oder mich darüber aufregen will, sondern mich wirklich einbringen möchte. So bin ich zu meinem politischen Engagement gekommen. Was jetzt die Kommunalwahl betrifft, kommt es bei mir daher, dass ich meinem Stadtteil sehr verbunden bin.
Was willst Du für Leipzig und Deinen WK bewegen?
Ich habe eigentlich drei Schwerpunkte, für die ich mich gerne einsetzen würde. Das erste ist Generationengerechtigkeit, ich möchte mich für eine Stadt einsetzen, die für alle Generationen da ist, also für die sehr junge Generation, zu der ich auch gehöre, aber eben auch die lebenserfahrenen Generationen. Also eine Stadt, die alle mit einbezieht und mitdenkt in der Stadtentwicklung.
Dann möchte ich mich gerne dafür einsetzen, dass Vereine und Projekte, also soziale Projekte, Sportvereine, Initiativen vor Ort unterstützt und gestärkt werden. Das kommt auch viel durch meine Arbeit im Stadtbezirksbeirat.
Ich bin aktuell Stadtbezirksbeirätin in Leipzig Südost und da ist ja auch einer der Hauptarbeitspunkte, dass man eben Projekte vor Ort unterstützt. Dadurch ist mir bewusst geworden, wie wichtig solche Akteure vor Ort sind. Ich möchte mich weiterhin dafür einsetzen, dass die erhalten bleiben. Die haben es gerade oftmals nicht leicht und vor allem leiden sie unter der finanziellen Mittelkürzung. Ich bin selbst im Ehrenamt tätig, deswegen weiß ich wie schwierig das ist, wenn man dafür nicht so die Wertschätzung bekommt.
Als dritten Punkt würde ich mich eben super gerne für meinen Leipziger Südosten einsetzen, weil der mir sehr im Herzen liegt. Die Einwohnerinnen und Einwohner liegen mir sehr am Herzen. Ich kenne da auch sehr viele und ich möchte einfach dazu beitragen, dass der Stadtteil lebenswerter wird. Da haben wir ja zum Beispiel im Südosten Themen wie die mobile Anbindung. Es gibt ja die Viertel, wie Liebertwolkwitz, Holzhausen und Meusdorf, die eben immer noch sehr schlecht an den ÖPNV angebunden sind und ich würde mich gerne dafür einsetzen, dass das besser wird.
Was weißt Du über Stadtratsarbeit?
Also über Stadtratsarbeit weiß ich tatsächlich, würde ich sagen, so mittel viel. Wie gesagt, ich bin Stadtbezirksbeirätin, also ich glaube, ich kann mir das schon einigermaßen gut vorstellen, dass es eben nicht immer spannend ist, dass da sehr viel Papierkram auf einen zu kommt, sehr viel Verwaltung und Vorschriften.
Man muss sich eben mit Themen beschäftigt, die man vielleicht so gar nicht auf dem Schirm hat, also irgendwelche Straßenverengungen etc. Ich weiß natürlich, dass es ein sehr großer zeitlicher Aufwand ist, den ich aber auch bereit bin einzugehen, aber ich hab’s natürlich selber nicht erlebt.
Was sagen Freunde, Familie und Kollegen zu Deinem Engagement?
Also meine Familie und meine Freunde, die unterstützen mich da sehr dabei. Ich bin ja die Einzige, die sich aus meiner Familie heraus so engagiert und einsetzt. Die finden das alles total cool und total interessant, weil das ja auch so ein Feld ist, wo viele Leute gar nicht so den Zugang zu haben und gar nicht wissen, was da alles passiert. Es ist mir aber auch sehr wichtig, das einfach ein bisschen transparenter zu gestalten.
Also nicht nur für meine Freunde, sondern allgemein eben für Leute, dass ich da als Ansprechpartnerin fungieren kann, was Kommunalpolitik anbetrifft. Das ist ja total cool eigentlich. Weil es manchmal nicht so spannend klingt, es ist ja keine große Bundespolitik und man erklärt vielleicht nicht die großen Fragen des Lebens, aber man kann eben direkt vor seiner Haustür was verändern. Und das ist schon ziemlich cool.
Ich sprach auch von Kollegen, was sagen denn die Kommilitonen?
Ich glaube, die Juristenfakultät ist da politisch sehr breit aufgestellt, also ich kenne viele Kommilitonen, die in allen verschiedenen politischen Richtungen unterwegs sind. Ich würde sagen, das ist an der Stelle eine friedliche Koexistenz. Wenn das vielleicht als Antwort reicht.
Welche positiven oder negativen Erfahrungen hast Du bisher im Wahlkampf gemacht?
Ich würde sagen, negativ erlebt man natürlich aktuell die aufgeheizte Stimmung. Es gab viele Übergriffe auf Politiker und Politikerinnen, die eben Wahlkampf betrieben haben, vor allem beim Plakatieren, was wir jetzt ja auch gemacht haben.
Da habe ich jetzt schon meine Erfahrungen gemacht. Ich war letzte Woche mit Olga Naumov Plakate aufhängen, wir waren zu zweit unterwegs, zwei Frauen, und haben uns nach einigen Pöbeleien sehr unsicher gefühlt, was natürlich eine eher unschöne Erfahrung ist. Das hat uns nicht aufgehalten, am nächsten Tag direkt weiterzumachen.
Positive Erfahrung würde ich sagen, sind natürlich zum einen die Leute, die man kennenlernt, die Sachen, die man machen kann, also Veranstaltungen etc.
Aber mich freut auch immer sehr, wenn ich unterwegs bin und mit Leuten aus meinem Stadtbezirk ins Gespräch komme. Vor allem, wenn junge Menschen zu mir kommen und sagen: Ey ich finde das so cool, dass Du Dich so einsetzt und dass Du das schon machst in Deinem Alter.
Das freut mich immer total, weil ich dann das Gefühl habe, ich kann, gerade auch für junge Frauen, ein bisschen als Inspiration dienen und sagen: Hey Kommunalpolitik ist total cool, hier können wir direkt unsere Zukunft mitgestalten. Wir können unsere Stadt mitgestalten, wie wir sie in der Zukunft haben wollen. Das ist mir total wichtig und deswegen freue ich mich da immer sehr.
Vielen Dank für Deine Zeit und das Gespräch.
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