Eigentlich war die „Goldene Henne“ nicht mehr drin, aber sie spielte dann doch die Hauptrolle in der Diskussion am 20. Juni in der Ratsversammlung, wofür Leipzig die 2 Millionen Euro aus der Beherbergungssteuer ausgibt. Eigentlich ist das Geld für touristische Projekte gedacht – Musikfestivals etwa, Konzerte am Bachdenkmal oder Straßentheatertage. Alles drin im Paket, das Finanzbürgermeister Torsten Bonew am 20. Juni zur Abstimmung vorlegte.
In der angehängten Antragsliste zur Vorlage freilich war die „Goldene Henne“ noch vertreten. Was nicht nur Grünen-Stadtrat Martin Meißner zu der Frage brachte, warum die Stadt Leipzig eine Veranstaltung des Burda-Verlages mit 208.000 Euro bezuschusst und was das mit touristischer Relevanz für Leipzig zu tun hat. Fernsehserien wie „In aller Freundschaft“ und „Elefant, Tiger & Co.“ hätten ganz bestimmt größere touristische Strahlkraft.
Es gab auch mal Zeiten, da brauchte die Zeremonie zur Vergabe der „Goldenen Henne“ keinen städtischen Zuschuss, denn bis 2020 war auch noch der RBB Partner dieser Veranstaltung. Aber der RBB ist ja bekanntlich – wie andere öffentlich-rechtliche Sender auch – längst in schwieriges finanzielles Fahrwasser geraten und kann sich die Mitfinanzierung solcher Entertainment-Veranstaltungen längst nicht mehr leisten.
Für wen gackert die Goldene Henne?
Dass das eine reine Unterhaltungsshow für ein Pantoffelkinopublikum ist, zeigen schon allein die Preisträger, die zumeist aus dem Unterhaltungsprogramm des deutschen Fernsehens stammen. Es gibt durchaus Leute, die finden das toll – so wie CDU-Stadtrat Michael Weickert, der sich sogar als „Fan der Goldenen Henne“ outete.
Während Martin Meißner es völlig unverständlich fand, dass hier öffentliches Geld dafür ausgegeben wird, damit ein privater Medienkonzern seine Gala in Leipzig abhalten kann. Für FDP-Stadtrat Sven Morlok eine rein ökonomische Frage, denn das Geld geht eigentlich direkt wieder als Saalmiete an die Leipziger Messe. Der hätte sonst auch keine anderen Einnahmen durch die „Goldene Henne“.
Da freilich OBM Burkhard Jung schon wusste, dass dieser Deal nicht gut ankam, hat er diesen Förderposten für die Burda-Veranstaltung zusammen mit Finanzbürgermeister Torsten Bonew lieber aus der Vorlage herausgenommen: „Das beantragte Projekt ‚Goldene Henne 2024‘ wird im Rahmen eines Kooperationsvertrages mit der Stadt Leipzig finanziert und erhält somit keine Zuwendung im Rahmen der Fachförderrichtlinie Tourismus.“
Dazu soll es dann noch eine eigene Vorlage aus dem Finanzdezernat geben, sodass der Stadtrat sich tatsächlich die von Meißner gestellte Frage beantworten muss: „Ist es uns das wert?“
Denn während Morlok meinte, Burda würde ohne diese Förderung dann in eine andere ostdeutsche Stadt ausweichen, um die „Goldene Henne“ zu produzieren, sagte Thomas Kumbernuß (Die PARTEI) trocken: „Der Markt wird das schon regeln.“
Eigentlich ein nüchternes Wort.
Die Bedeutung einer Toilette für den Tourismus
Denn bei der touristischen Förderung aus der Leipziger Beherbergungssteuer geht es tatsächlich um Projekte, die die eigentliche Tourismuswirtschaft in Leipzig stärken. Oder Touristen direkt zugutekommen wie die Toilette an der Thomaskirche, die schon seit Jahren nicht wirtschaftlich arbeitet und dringend Unterstützung braucht. Nicht weil sie niemand nutzt, sondern weil sie eine der beliebtesten Toiletten in der Innenstadt ist, weil hier jeden Tag ganze Busse voller Touristen anlanden und ihrem dringenden Bedürfnis nachkommen.
Weshalb Burkhard Jung ausdrücklich darum bat, diese Förderung im Förderpaket zu belassen. Denn die beiden Stadträte Andreas Geisler und Heiko Bär aus der SPD-Fraktion hatten noch ein paar sehr konkrete Streichungen aus der Vorschlagsliste des Finanzdezernats beantragt.
Dazu gehörte auch die WC-Anlage an der Thomaskirche, da Leipzig ja im nächsten Jahr ein richtiges Toilettenkonzept bekommen soll. Aber damit drangen sie so nicht durch. Die WC-Anlage blieb genauso drin wie das Tanzspiel „11 gegen 11“. Auch das Straßentheaterprojekt bekommt sein Geld.
Nur die Stadthafen Leipzig GmbH, die für 43.860 Euro einen Imagefilm zur Wasserstadt Leipzig drehen will, muss diesen Film auch gemeinfrei stellen. Denn was mit öffentlichen Geldern hergestellt werde, könne nicht Betriebseigentum bleiben, so Geisler sinngemäß.
Drei Punkte aus ihrem Antrag aber übernahm Burkhard Jung ohne Änderungen in der Gesamtvorlage. Denn nicht grundlos hatte Geisler die vorgeschlagene Förderliste eine „Resterampe“ genannt, bei der völlig unklar blieb, was denn nun nach welchen Prämissen gefördert wird. Deswegen forderten Bär und Geisler vor allem eine „Bewertungsmatrix für die zukünftigen Projektvorschläge“.
Die sagte Jung dann auch zu. Denn wenn Leipzig jetzt schon so emsig die Beherbergungssteuer einkassiert, dann sollte auch transparent sein, wer dieses Geld nach welchen Vorgaben bekommt und was es dem Tourismus der Stadt tatsächlich bringt.
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