„Da werden wir alle mal liegen“, frotzelte Oberbürgermeister Burkhard Jung am 20. Juni, als die neue Gebührensatzung für die Leipziger Friedhöfe zum Beschluss in der Ratsversammlung aufgerufen wurde. Denn auch Sterben und Begrabenwerden werden teurer. Die alte Gebührensatzung von 2016 deckt die Kosten nicht mehr. Und Michael Neuhaus fand wieder eine schöne Gelegenheit zum Reimen.

Man merkt schon, dass Linke-Stadtrat Michael Neuhaus, der nach der Wahl für die neue Ratsversammlung in dieser nicht mehr vertreten sein wird, zumindest in Erinnerung bleiben will. Auch als ein Stadtrat, der auch ernste Themen mit Humor vorzutragen weiß. Obgleich es in diesem Fall – auch wenn das in seinem launigen Gedichtvortrag so klang – eher nicht darum ging, die Gebührensätze für die Leipzigerinnen und Leipziger, die ihre geliebten Angehörigen begraben lassen, zu senken.

Denn da es bei der Gebührenerhebung um Verwaltungshandeln geht, hat der Stadtrat darauf keinen Einfluss. Eine Stadt muss die Gebühren so kalkulieren, dass sich die Betreuung und Pflege der Friedhöfe am Ende rechnet und möglichst keine Zuzahlung aus der Stadtkasse entsteht. So wie es in den letzten Jahren dann doch passiert ist, wie das Amt für Stadtgrün und Gewässer vorrechnet.

„Die Nachkalkulation für die Wirtschaftsjahre 2016 – 2022 schließt mit einer durchschnittlichen Kostenunterdeckung in Höhe von 52.685,65 € ab. Bei dem betrachteten Zeitraum von sieben Jahren ergibt sich danach eine Gesamtunterdeckung in Höhe von 368.799,55 €. Das entspricht einem Kostendeckungsgrad von gesamt 98,91 %.

Betrachtet man die voraussichtliche Kosten- und Erlösentwicklung einschließlich dem Wirtschaftsjahr 2023, wird durchschnittlich mit einer Kostenunterdeckung in Höhe von voraussichtlich pro Jahr 65.749,70 € gerechnet.

Die festgestellte Kostenunterdeckung wurde in der neuen Vorkalkulation nicht berücksichtigt. Gemäß § 10 Abs. 2 SächsKAG können Kostenunterdeckungen ausgeglichen werden, bei Kostenüberdeckungen besteht jedoch die Pflicht zum Ausgleich.“

Beim Begräbnis sparen die meisten Leipziger, weil sie müssen

Die Kostenunterdeckungen aber entstehen nicht dadurch, dass die Leipzigerinnen und Leipziger inzwischen aufs Sterben verzichten. Im Gegenteil.

Auch auf den Friedhöfen macht sich die Überalterung der Gesellschaft bemerkbar: „In den letzten Jahren war eine Erhöhung der Sterblichkeit in der Stadt Leipzig um ca. 18 Prozent zu verzeichnen. Zunehmend entscheiden sich die Hinterbliebenen, ihre Verstorbenen auf den zum Wohnort naheliegenden Friedhof oder in alternativen Bestattungsformen (Naturbestattung) beizusetzen. Die Zahl der Bestattungen auf den kommunalen Friedhöfen stieg in diesem Zeitraum um ca. 9 Prozent.“

Die erhöhte Sterblichkeit hat natürlich auch mit der Corona-Pandemie zu tun, die vor allem unter den älteren Leipzigerinnen und Leipzigern mit ihrer geschwächten Gesundheit ihre Opfer fand.

Aber die Zahlen zeigen eben auch, dass viele Angehörige versuchen, bei den Kosten für Begräbnisse zu sparen. Nach wie vor ist Leipzig eine Stadt mit armen Bewohnern, Geringverdienern und auch Vollzeitbeschäftigten, die trotzdem jeden Cent umdrehen müssen und denen die Verstorbenen in der Regel wenig bis nichts vererben. Weshalb – wie Michael Neuhaus im Gedicht andeutete – die Mehrzahl inzwischen die preiswertere Urnenbestattung bevorzugen.

Daran wird sich auch nicht viel ändern. Und das Amt für Stadtgrün und Gewässer rechnet auch nicht damit, dass sich die Gebühreneinnahme der städtischen Friedhöfe über die jetzt kalkulierten jährlich rund 5.203.025 Euro hinaus entwickeln.

Was kostet die Parkpflege?

Und die Linksfraktion hatte auch gar nicht beantragt, die Gebühren trotzdem zu senken und dafür städtische Zuschüsse zu geben.

Um städtische Zuschüsse aber ging es trotzdem: nämlich um die Erhöhung des Grünwertes für die kommunalen Friedhöfe von aktuell 241.700 Euro nicht nur um die von der Stadt vorgeschlagenen 112.000 Euro auf 353.772 Euro, sondern gleich um 500.000 Euro auf 853.772 pro Jahr. Das wäre dann Geld, das tatsächlich aus dem Haushalt der Stadt kommen sollte.

Weshalb CDU-Stadträtin Sabine Heymann sofort Einspruch erhob, denn das wäre ein Vorgriff auf den nächsten Doppelhaushalt 2025/2026 gewesen, von dem Burkhard Jung jetzt schon sagt: „Die Lage wird ernst genug.“ Die angekündigten Sparmaßnahmen von Bund und Land werden auch auf den Leipziger Stadthaushalt durchschlagen.

Aber was meint der Linke-Antrag mit Grünwert? Hier geht es um die Anteile der Friedhöfe an Grünflächen, die vor allem als Parkanlage gepflegt werden – etwa 24 Prozent der gesamten Friedhofsflächen.

Und das hat wieder mit einem Stadtratsbeschluss aus dem April zu tun, mit dem der Stadtrat die Verwaltung beauftragte, ein Friedhofskonzept vorzulegen, um diese grünen Oasen in der Stadt zu erhalten. Dieses Konzept will Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal (nach einem Zwischenbericht 2025) aber erst Anfang 2026 vorlegen, sodass in den Verhandlungen zum Doppelhaushalt 2025/2026 überhaupt noch nicht klar ist, was denn nun die Pflege dieser historischen Friedhöfe tatsächlich kostet oder ob die 1,2 Millionen Euro tatsächlich reichen.

Natürlich ist das ein Dilemma. Denn wenn das Konzept erst 2026 vorgelegt wird, wird es erst einmal kein zusätzliches Geld geben für die Pflege und teilweise auch Sanierung der historischen Friedhöfe.

Kein Wunder, dass Michael Neuhaus meinte, dass hier vorgesorgt werden müsste.

Aber auch Burkhard Jung bat darum, diesen Vorgriff auf den nächsten Haushalt nicht zu beschließen. Und so scheiterte der von Michael Neuhaus so launig vorgebrachte Antrag mit 20:27 Stimmen bei drei Enthaltungen, während die neue Gebührensatzung mit 41 Stimmen bei sieben Enthaltungen angenommen wurde.

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