Waschbären sind putzige Tiere. Aber sie sind auch invasiv. Das heißt: Sie gehören nicht in die mitteleuropäische Artenlandschaft. Und sie sind gefährlich, denn sie plündern Vogelnester und haben schon dafür gesorgt, dass die Graureiherpopulation entlang der Weißen Elster dramatisch abgenommen hat. Nur: Wie soll man mit den Tierchen umgehen, wenn man sie eingefangen hat? So richtig geklärt ist das nicht wirklich, wie die Antwort auf eine Anfrage von Linke-Stadtrat Volker Külow ergab.

„Falls Einwohnerinnen und Einwohner auf ihrem Grundstück Waschbären sichten und einfangen, sind sie angehalten, die Tiere nicht zu verbreiten und nur an Sachkundige zu übergeben“, stellte Külow mit Bezug auf ein Informationsblatt des Stadtforstamtes fest.

„Die LVZ hatte am 4. April 2024 unter der Überschrift ‚Stadtverwaltung lässt gefundene Waschbärjungen töten‘ darüber berichtet, dass aufgefundene Waschbärenwelpen ebenso getötet werden. Unter Berufung auf das Bundesnaturschutzgesetz lässt die Stadt darin auf LVZ-Anfrage wissen: ‚Demnach soll die Ausbreitung invasiver Arten, zu denen der Waschbär zählt, verhindert und so weit wie möglich minimiert werden. Dafür werden invasive Arten in der Regel getötet.‘

Sofern Einwohnerinnen bzw. Einwohner einen Waschbären an den Förster oder Jäger übergeben, wird jedoch kein Dank, sondern eine Rechnung über 70 Euro fällig. Zugleich wird im Informationsblatt aber auch klar, dass auch diese, auf Initiative der Einwohnerinnen und Einwohner eingefangenen Tiere getötet werden.“

Es gibt sogar einen Arbeitskreis Waschbär

Normalerweise unterliegt der Waschbär dem Jagdrecht und darf von Jägern geschossen werden. Aber im Stadtgebiet selbst ist das untersagt, wie man auch auf der Website der Stadt erfahren kann.

Eine informative Seite zu Waschbären findet man auch beim NABU Leipzig.

Auf der Seite der Stadt erfährt man übrigens auch, dass die Stadt keine belastbaren Zahlen zum Vorkommen des Waschbären hat, dem man im Auwald genauso begegnen kann wie im Stadtgebiet.

Um dessen räuberische Aktivitäten einzudämmen und gefährdete Vogelnester zu schützen hat auch die Stadt schon zu diversen präventiven Maßnahmen gegriffen, wie das Amt für Stadtgrün und Gewässer auf eine von Külow Fragen hin erläutert:

„Es wurden und werden in Einzelfällen Überkletterschutzmanschetten an Horst- und Höhlenbäumen gefährdeter oder besonders schutzbedürftiger Arten angebracht. Zurzeit sind an zwei Orten im Leipziger Stadtgebiet Einzäunungen mit Überkletterschutz zum Schutz von Amphibien vorgesehen. Innerhalb dieser Einzäunung sollen zusätzliche Fallen zum Fang von Waschbären aufgestellt werden.“

Das Problem ist nur – wie so oft – der Mensch. Denn der zerstört nur zu gern, was andere Leute angebracht haben.

„Die bisherigen Erfahrungen mit Einzäunungen zeigen, dass diese starkem Vandalismus ausgesetzt sind und daher diese Maßnahme nur punktuell eingesetzt werden kann“, schreibt das Amt für Stadtgrün und Gewässer. „Zum besseren Management wurde von der Abteilung Stadtforsten ein ‚Arbeitskreis Waschbär‘ gebildet, indem u. a. Vertreterinnen und Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde, der Unteren Jagdbehörde, des Tierschutzbeirates sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mitwirken.

Es wird auch von den Mitgliedern des Arbeitskreises eingeschätzt, dass man der Waschbärenpopulation nicht Herr werden kann. Managementmaßnahmen werden nur in Einzelfällen, punktuell oder kleinflächig möglich sein.“

Eine offizielle Gebührentabelle gibt es nicht

Aber wie ist das nun mit Waschbären, die einer auf seinem Grundstück fängt und dem Förster, Jäger oder Tierarzt übergibt? Muss er dann auch noch 70 Euro zahlen?

„Diese Aussage ist nur insoweit zutreffend, dass in der Regel Kosten entstehen. Der Gesetzgeber hat den Eigentümern bzw. Nutzungsberechtigten eines Grundstücks in einem befriedeten Bezirk die Möglichkeit gegeben, sich gegen Waschbären zu wehren und diese gemäß § 8 Sächsisches Landesjagdgesetz unter Beachtung der tierschutzrechtlichen Regelungen auch ohne Jagdschein zu fangen und sich anzueignen“, versucht das Amt für Stadtgrün und Gewässer die diffuse Gemengelage zu erklären.

„Die gefangenen Waschbären dürfen allerdings nicht in die freie Natur ausgesetzt werden und dürfen lediglich von Personen getötet werden, welche über die erforderliche Sachkunde verfügen (Jäger, Tierärzte). Daher müssen Eigentümer bzw. Nutzungsberechtigte eines Grundstücks in einem befriedeten Bezirk, die nicht über die nötige Sachkunde verfügen und einen Waschbären gefangenen haben, eine sachkundige Person mit der Tötung der Tiere unter Beachtung der tierschutzrechtlichen Regelungen beauftragen. Hierfür können keine Gebühren im Sinne von öffentlich-rechtlichen Abgaben erhoben werden. In der Regel wird ein privater Dienstleister beauftragt und es entsteht ein Vertragsverhältnis auf Grundlage des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), der zwischen den Vertragsparteien frei gestaltet werden kann.“

Da sucht man sich dann wohl am besten einen kompetenten Jäger, der nicht so hohe Rechnungen stellt. Die Website der Stadt erwähnt auch spezielle Firmen, die sich der Waschbären annehmen: „In der Stadt Leipzig haben sich Firmen etabliert, die sowohl das Fangen als auch Töten und Entsorgen der Waschbären als Dienstleistung anbieten.“

Ob die dann 70 Euro nehmen, ist der Seite nicht zu entnehmen.

Am besten nicht füttern!

Wobei die Website der Stadt wesentlich wertvollere Hinweise zur Prävention gibt: „Der beste Schutz ist es, die Tiere erst gar nicht anzulocken. Deshalb muss das Nahrungsangebot so gering wie möglich gehalten werden. Es sollte zum Beispiel dafür gesorgt werden, dass Futterstellen für Hunde und Katzen für Waschbären nicht zugänglich sind. Küchenabfälle, vor allem Eier, Käse, Backwaren, Fisch, Obst und Fleisch gehören nicht auf den Kompost. Mülltonnen sind mit Schlössern oder starken Spanngummis zu sichern oder für den Waschbären unzugänglich aufzustellen.

Ebenfalls sollten potenzielle Unterschlupf- sowie Aufzuchtstätten für Jungtiere beseitigt oder unzugänglich gemacht werden. Klettermöglichkeiten sind zu entfernen. Auch das Anbringen von Kletterhindernissen (zum Beispiel Bleche) ist oft wirkungsvoll. Sogenannte Vergrämungsmaßnahmen (Radiolärm, Hunde- und Menschenhaare, Toilettensteine) sind im Übrigen keine dauerhafte Lösung. Waschbären lernen sehr schnell, dass keine reale Gefahr droht.“

Man muss den Tieren also nur das Leben richtig schwer machen und das Futter vorenthalten. Das dezimiert zwar die Gesamtpopulation nicht, weil der Waschbär auch ringsum beste Lebensbedingungen vorfindet. Aber man hat die Bande dann zumindest nicht direkt vor der Tür.

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