Seit Jahren entstehen in Leipzig zu wenige neue Wohnungen. Und es entstehen erst recht zu wenige im preiswerten Mietsegment, auch wenn die städtische Tochter LWB sich bei diesem Thema besonders engagiert. Auf die geänderten Rahmenbedingungen reagiert nun die Stadt mit einem aktualisierten Wohnungspolitischen Konzept. Die Stadt will auf dieser Grundlage auch in wirtschaftlichen Krisenzeiten bezahlbares Wohnen in allen Gebieten Leipzigs stärker erhalten und neue Wohnungen schaffen.
Instrumente hierfür sind etwa strategischer Flächenerwerb, soziale Erhaltungssatzungen und eine soziale Wohnraumförderung. Die Stadtspitze hat die entsprechende Fortschreibung des Konzepts jetzt nach einem Vorschlag von Baubürgermeister Thomas Dienberg auf den Weg gebracht, der Stadtrat entscheidet voraussichtlich im Juni darüber.
Oberbürgermeister Burkhard Jung stellte das Konzept am Dienstag, 30. April, zusammen mit Thomas Dienberg, Bürgermeister und Beigeordneter für Stadtentwicklung und Bau, und Dr. Martina Münch, Bürgermeisterin und Beigeordnete für Soziales, Gesundheit und Vielfalt, der Presse vor.
Was soll erreicht werden?
Insbesondere das Wohnraumangebot für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen soll ausgebaut werden. Auch Leipziger, die Schwierigkeiten haben, sich auf dem freien Markt beispielsweise mit barrierefreiem Wohnraum zu versorgen, sollen unterstützt und beraten werden. Vorgesehen ist auch, Menschen zu stärken, die gemeinschaftliches Wohneigentum nutzen. Beim Bauen müssen zudem Aspekte des Klimaschutzes und einer nachhaltigen Stadtentwicklung berücksichtigt werden. Eine weitere Herausforderung ist es, Wohnquartiere energetisch zu optimieren und die Bestände im Rahmen der Wärmewende umzubauen.
Die Vorlage zum Wohnungspolitischen Konzept findet man hier.
Die Umsetzung der wohnungspolitischen Ziele könne dabei nur gelingen, wenn Politik, Verwaltung, Wohnungswirtschaft und Zivilgesellschaft kooperieren, stellt die Verwaltung dazu fest. Auf städtischer Seite werden insgesamt 31 Maßnahmen benannt: Neben dem strategischen Flächenerwerb und umfassenden Beratungsangeboten, beispielsweise zu barrierefreiem Wohnen, soll der Neubau gefördert werden – etwa durch Programme der sozialen Wohnraumförderung des Freistaates.
Zudem sollen eine Zweckentfremdungssatzung und soziale Erhaltungssatzungen zum Erhalt bezahlbarer Wohnungen beitragen. Kommunale Wohnungsbestände bilden einen wichtigen Beitrag zur sozialen Wohnraumversorgung in Leipzig. Daher soll die LWB künftig jährlich 450 Wohnungen an Haushalte vermieten, die über das Sozialamt vermittelt werden.
Zudem sollen die kommunalen Wohnungsbestände ausgeweitet und saniert werden. Dies wird auch in die Eigentümerziele der LWB übernommen, die parallel zum Wohnungspolitischen Konzept in enger Abstimmung fortgeschrieben werden.
Im Wohnungspolitischen Konzept werden zudem Forderungen an Bund und Land formuliert. Wegen der aktuell schwierigen Bau- und Finanzierungsbedingungen sind Bund und Land gefordert, auskömmliche Förderprogramme aufzulegen, um bezahlbarem Wohnraum zu schaffen und zu erhalten.
Verschärfte Wohnungsmarktlage seit 2015
Der neuen Konzeption liegt eine umfassende Bestandsaufnahme zugrunde: Seit der letzten Aktualisierung 2015 hat sich die Wohnungsmarktlage in Leipzig deutlich geändert. So ist der Wohnungsleerstand weitgehend abgeschmolzen, die Mieten sind in den vergangenen fünf Jahren sowohl im Bestand als auch bei Neuvermietungen um bis zu 25 Prozent gestiegen.
Ende 2023 waren 4.600 Haushalte nicht mit einer Wohnung versorgt. Während ein Teil dieser Menschen tatsächlich wohnungslos sind, sind andere nicht adäquat – beispielsweise in Gemeinschaftsunterkünften – untergebracht.
Unter dem Slogan „Unser Auftrag, Euer Zuhause“ werden bereits jetzt alle Beratungsangebote zum Thema bezahlbares Wohnen, alle Fördermöglichkeiten und gesetzliche Hebel der Stadt gebündelt auf einer Internetseite dargestellt. Sie findet sich unter www.leipzig.de/euer-zuhause.
SPD-Fraktion: Knapper Wohnraum lässt Mieten deutlich steigen
Die Stadt Leipzig erlebt eine dynamische Entwicklung des Wohnungsmarktes, die von einer starken Nachfrage und einem kontinuierlichen Bevölkerungswachstum geprägt ist. Wohnen ist also eines der drängendsten Themen in einer wachsenden Stadt wie Leipzig, stellt die SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat zur Dringlichkeit des neuen Wohnungspolitischen Konzeptes fest.
„Bereits in der Fortschreibung des Wohnungspolitischen Konzepts im Jahr 2015 wurden die Weichen dahingehend gestellt, dass die Stadt Instrumente entwickeln und Maßnahmen in die Wege leiten soll, um im Bereich Wohnen auf Wachstum umzuschalten, weil Sanierungen im Bestand schlicht nicht mehr ausreichten, um den Bedarf an Wohnraum zu decken“, sagt SPD-Fraktionschef Christopher Zenker.
„Im Jahr 2017 wurden die Eigentümerziele der LWB zuletzt angepasst und aktualisiert. Auf Betreiben der SPD-Fraktion wurde damals eine Kehrtwende in der Unternehmensstrategie eingeleitet, weg von Entschuldung und Konsolidierung hin zu Wachstum und Investitionen. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis der Tanker ‚LWB‘ umgesteuert hat. Jetzt baut das Unternehmen wieder mit Erfolg – auch zahlreiche Sozialwohnungen. Ziel muss sein, dass die LWB ein wichtiger Player auf dem Leipziger Wohnungsmarkt bleibt.“
„Das Mietpreisniveau in Leipzig ist aufgrund der hohen Nachfrage an Wohnraum mit den Jahren immer weiter angestiegen“, erklärt Anja Feichtinger, SPD-Stadträtin und Mitglied im LWB-Aufsichtsrat und ergänzt: „Das, was bei vielen Leipzigerinnen und Leipzigern vom Einkommen übrigbleibt, wenn die Miete gezahlt ist, hat mit den Jahren abgenommen. Es muss also gegengesteuert werden.
Niedrigere Mieten sind im Grunde nur über vermehrte Bautätigkeit zu erzielen, weil das Angebot dann bestenfalls die Nachfrage wieder übersteigt. Als Problem kommen dabei allerdings gestiegene Grundstücks- und Baukosten hinzu. Wenn wir bezahlbaren Wohnraum schaffen wollen, müssen Förderprogramme von Bund und Land aufgelegt bzw. ausgeweitet werden. Die Stadt schafft das mit der LWB nicht allein.“
Private Investoren sind mit ihren Projekten im Verzug
Viele Bauvorhaben von privaten Investoren, auf die Stadt beim Wohnungsbau angewiesen ist und wo bereits fertige Planungen vorliegen, sind deutlich im Verzug. Oft auch, weil die Grundstücke häufiger den Besitzer gewechselt haben, wodurch zwar der Verkäufer einen Gewinn einfahren konnte, die Stadtgesellschaft allerdings auf der Strecke geblieben ist.
Die Stadt und die LWB stehen gemeinsam vor der Herausforderung, den Wohnungsmarkt angesichts steigender Baukosten und einer angespannten Angebots-Nachfrage-Relation weiterhin aktiv zu gestalten. Mit der Fortschreibung des Wohnungspolitischen Konzepts müssen hier weitere Weichen gestellt werden. Auch bei der Einführung des Zweckentfremdungsverbots ist in Leipzig Eile geboten, nachdem der Landtag im Januar ein entsprechendes Gesetz verabschiedet hat.
„Unser Ziel muss es sein, mehr Wohnungen in Leipzig zu bauen, neue Quartiere zu entwickeln und bestehende aufzuwerten. Die Vergabe von kommunalen Grundstücken im Konzeptverfahren ist angelaufen und unterstützt kooperatives und innovatives Bauen. Antworten auf die Herausforderungen beim Thema Wohnen erwarten wir durch das Wohnungspolitische Konzept, das heute vorgestellt wurde“, so Feichtinger und kommt auf ein wichtiges Leipziger Vorhaben zu sprechen.
„2018 hat die SPD die Einwicklung des neuen Wohngebiets in der Kiebitzmark vorgeschlagen, wo die Flächen der Stadt gehören. Um schneller ans Ziel zu kommen, wurde die Verwaltung im vergangenen Jahr vom Stadtrat beauftragt, die Planungen dafür zu beschleunigen, sodass spätestens 2028 mit dem Bau von Wohnungen begonnen werden kann. Auch serielles Bauen kann hier zu mehr Tempo im Wohnungsbau führen. Um der Wohnungspolitik die Fäden in der Hand der Stadt zu halten, ist es unter anderem notwendig, die Stelle des Wohnungsbaukoordinators zügig zu besetzen und das Thema im Rathaus zur Chefsache zu machen.“
Grüne schlagen Wohnungsbaufonds zur Finanzierung vor
Auch die Ratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen begrüßt das am Dienstag vorgelegte wohnungspolitische Konzept und die damit verbundenen Eigentümerziele der LWB. Zur Finanzierung schlägt die Fraktion die Einrichtung eines städtischen Wohnungsbaufonds vor.
„Dass der Oberbürgermeister und Baubürgermeister Thomas Dienberg heute das Wohnungspolitische Konzept und die Eigentümerziele der LWB vorgelegt haben, war überfällig“, betont Dr. Tobias Peter, der Fraktionsvorsitzende und wohnungspolitische Sprecher der Fraktion. Der Rat hatte bereits 2020 auf einen Antrag von Bündnisgrünen und Linken hin eine Fortschreibung des Konzepts beauftragt. Ziel der Verwaltung war damals, die Konzepte bis Ende 2022 vorzulegen.
„Wir teilen die ambitionierten Zielsetzungen von Wohnungspolitischem Konzept und LWB-Eigentümerzielen. Die rechtlichen Instrumente von Kappungsgrenze über Milieuschutz bis hin zur geplanten Zweckentfremdungssatzung reizen wir bereits aus“, stellt Dr. Tobias Peter fest.
„Angesichts des weiterhin angespannten Wohnungsmarktes und erwarteten Bevölkerungswachstums ist die Zielzahl von 2.000 neuen Wohnungen im Jahr vor allem für Alleinstehende und Familien angemessen. Um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, muss ein Großteil des Bedarfs von gemeinwohlorientierten Trägern umgesetzt werden. Auch die LWB kann und muss ihren Beitrag leisten. Sie hat in den letzten Jahren gezeigt, dass sie Neubau kann. Deshalb unterstützen wir nachdrücklich das Ziel, den LWB-Bestand bis 2030 auf 40.000 Wohnungen zu erweitern.“
Bereits mit dem Energie- und Klimaschutzprogramm und der Beauftragung des Wärmeplans habe der Stadtrat eine klimaneutrale Wärmeversorgung bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts beschlossen.
„Die Zielsetzung, die Wärmewende in Leipzig warmmietenneutral zu gestalten, teilen wir ausdrücklich. Im letzten Haushalt haben wir bereits die Erarbeitung eines entsprechenden Förderprogramms durchgesetzt“, so Peter. „Auch, dass besondere Bedarfsgruppen wie Wohnungslose und Menschen mit Migrationsgeschichte stärker berücksichtigt werden, begrüßen wir.“
Leipzig stehe vor der größten wohnungspolitischen Herausforderung seit 1990. Den großen Wohnungsbedarf mit gestiegener Baukosten und -zinsen, den klimapolitischen Zielsetzungen und gleichzeitig niedriger Durchschnittseinkommen unter einen Hut zu bekommen, gleiche der Quadratur des Kreises. Deshalb müsse Leipzig alle verfügbaren Fördermittel abrufen, werde aber als Kommune auch zusätzliche Mittel in die Hand nehmen müssen.
„Besondere Zeiten brauchen besondere Lösungen“, erklärt Peter. „Deshalb schlagen wir die Einrichtung eines kommunalen Wohnungsbaufonds vor, der gemeinwohlorientierte Träger wie die LWB, Genossenschaften oder Kollektivhausprojekte gezielt finanziell unterstützt, um neuen bezahlbaren und klimaneutralen Wohnraum zu schaffen. Damit können Anreize geschaffen werden, um neuen preisgünstigen Wohnraum, z.B. in serieller Bauweise zu schaffen und besondere Bedarfsgruppen zu versorgen.“
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