Die Erhaltungssatzungen in acht Quartieren der Stadt Leipzig haben sich bewährt. In diesen Gebieten können Luxussanierungen und Aufwertungen von Wohnraum nicht ohne Genehmigung umgesetzt und auch versagt werden. Darunter fallen beispielsweise der nicht zweckmäßige Einbau von teuren Fußböden, zweiten Balkonen oder Aufzügen, die nicht stufenlos erreichbar sind.

Es geht um Maßnahmen, die zu Mieterhöhungen führen können und somit die Spirale der Mieterhöhungen immer weiter antreiben. Antworten auf Anfragen von Juliane Nagel geben erstmals ein Bild.

Dass die Milieuschutzsatzungen – offiziell: Soziale Erhaltungssatzungen – in acht besonders beliebten Leipziger Ortsteilen manchen Immobilieneigentümern ein Dorn im Auge sind, wird ja im Stadtrat immer wieder Thema. Denn die verhindern, dass aus einem gewöhnlichen Mietwohnhaus ein Luxuswohnhaus gemacht werden kann, in dem deutlich höhere Mieten verlangt werden – was eben auch dafür sorgt, dass das Mietniveau in der direkten Nachbarschaft steigt. Deshalb sind Milieuschutzsatzungen eben wirksame Mittel gegen einen besonders starken Mietanstieg in beliebten Wohnquartieren.

Laut den regelmäßigen Berichten der Stadt Leipzig konnten in zahlreichen Fällen schon tragfähige Lösungen auch im Sinne der Mieter/-innen gefunden werden. Seit Inkrafttreten der ersten sechs Erhaltungssatzungen im Juli 2020 – die beiden weiteren folgten im März 2022 – wurden bis Ende 2022 über 400 Anträge zu erhaltungsrechtlichen Prüfung eingereicht und bearbeitet.

Elf laufende Verfahren aus 2023

Die Erhaltungs- bzw. Milieuschutzgebiete entfalten aber nur Wirkung, wenn sich Eigentümer daran halten oder aufmerksame Mieter/-innen Verstöße melden. Laut Antworten der Stadtverwaltung auf mehrere Anfragen der Stadträtin Juliane Nagel (Die Linke) gab es 2023 fünf laufende Verfahren zu ungenehmigten baulichen Änderungen in Sozialen Erhaltungsgebieten und sechs laufende Verfahren wegen nicht genehmigten Nutzungsänderung zum Beispiel in Ferienwohnungen.

In zwei Fällen wurden nun der Rückbau angeordnet, so die aktuelle Antwort des Amtes für Wohnungsbau und Stadterneuerung (AWS).

Es dürfte sich dabei entweder um den Fall einer Wohnung in der Harnackstraße 10 oder Josephinenstraße 10 in Reudnitz (Erhaltungsgebiet am Lene-Voigt-Park) und von zwei Wohnungen in der Stockartstraße 24 in Connewitz handeln, vermutet Juliane Nagel. In allen drei Fällen wurden Grundrissänderungen vorgenommen, nachdem die Vormieter/-innen ausgezogen waren, in Kleinstzimmer parzelliert und überteuert vermietet. In der Stockartstraße wurden beispielsweise 485 Euro warm für 14 Quadratmeter aufgerufen.

Ohne Konsequenzen keine Wirkung

Juliane Nagel geht den ungenehmigten baulichen Änderungen in den Milieuschutzgebieten durch Stadtratsanfragen schon länger nach und freut sich, dass es jetzt endlich Konsequenzen gibt: „Es ist wichtig, dass die zuständigen Ämter in zwei Fällen nun endlich Konsequenzen in Form von Rückbau anordnen. Denn es kann nicht sein, dass Eigentümer versuchen, die geltenden erhaltungs- und bauordnungsrechtlichen Regelungen zu unterlaufen, um Profite zu generieren, die zulasten von Mieter/-innen gehen.

Zu danken ist den aufmerksamen Nachbarschaften, die solchen Regelbrüchen nachgehen. Ich vermute, dass die Dunkelziffer solcher ungenehmigten baulichen Änderungen in den Milieuschutzgebieten viel größer ist. Darum muss dringend kontinuierlich und engagiert Öffentlichkeitsarbeit geleistet werden.“

Auch Mieter/-innen in der Harnackstraße 10, einem der betroffenen Objekte, begrüßen die Antworten und den darin erkennbaren Willen der Stadt Leipzig, die Bestimmungen der Sozialen Erhaltungssatzung im Sinne der Stadtgesellschaft zu wahren. Weiterhin weisen sie aber auch auf die Notwendigkeit hin, baurechtliche Verstöße zu melden.

„Eine starke Stadt braucht starke Bürger/-innen, die der rücksichtslosen Verwertung von Immobilien nicht tatenlos zuschauen, sondern unlauteren Geschäftsmethoden aktiv widersprechen! Wir als Nachbarschaft stehen weiterhin zusammen und möchten andere auch dabei unterstützen sich zu organisieren. Auch wollen wir die neu ankommenden Studierenden nicht vergessen, für die klar sein sollte, dass Mieten von 360 Euro warm für 9 qm – wie sie in der Harnackstraße 10 aktuell via Kleinanzeigen angeboten werden – nicht normal geschweige denn akzeptabel sind“, kommentiert das ein/-e Bewohner/-in.

Immer mehr Anträge auf Umwidmung zur Ferienwohnung

Oft hat man es mit eher anonymen Immobiliengesellschaften zu tun, für die Wohnimmobilien vor allem Renditeobjekte sind. Manche sind so aktiv, dass sich gegen ihre Aktivitäten mittlerweile Bürgerinitiativen gegründet haben.

Die aktuelle Antwort der Verwaltung ergibt auch, dass seit Sommer 2023 die Hinweise auf die Umnutzung von Wohnungen in Ferienwohnungen zugenommen haben. In Erhaltungsgebieten sind diese Umnutzungen aufgrund der Prognose der Verdrängungsgefahr in der Regel nicht genehmigungsfähig. Aktuell wurden solche Umnutzungen darum seitens der Stadt versagt oder in den geplanten drei neuen Erhaltungsgebieten Gohlis-Süd, Schönefeld-Abtnaundorf und Südvorstadt zurückgestellt.

Aufgrund des im Februar 2024 vom Landtag beschlossenen Zweckentfremdungsverbotsgesetzes, das im Juni im Stadtrat mit einer kommunalen Satzung für Leipzig umgesetzt werden soll, haben zudem die baugenehmigungspflichtigen Anträge auf Nutzungsänderung von Wohnraum hin zur Ferienwohnung stadtweit stark zugenommen: 70 Anträge außerhalb der Erhaltungsgebiete sind seitdem vom Bauordnungsamt genehmigt worden.

„Es ist also höchste Zeit, dass dem ein Riegel vorgeschoben wird und wertvoller Wohnraum nicht weiter verloren geht“, so Juliane Nagel.

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