„Bauen Bauen Bauen“ heißt es derzeit auf manchen Wahlplakaten der CDU. Doch das allein wird die Wohnungsprobleme in Leipzig nicht lösen. Der BUND Leipzig fordert die künftigen Stadträtinnen und Stadträte zu einer differenzierten Betrachtung des Wohnraumproblems auf. Denn wo viel gebaut und verdichtet wird, verschwinden gleichzeitig wertvolle urbane Grünstrukturen. Viele Leipziger/-innen erfahren das inzwischen deutlich im eigenen Wohnumfeld.

Der BUND Leipzig erinnert daran, dass die Entwicklung urbanen Grüns, die Sicherung von Freiflächen und Reduzierung des Versiegelungsgrades zentrale Bestandteile der kommunalen Klimaanpassungsstrategien sind.

Die Leipziger Stadt- und Bauplanung richtet sich nach dem Credo „Balance zwischen Freiraum und Verdichtung“. In der Wahrnehmung des BUND hat die bauliche Verdichtung in vielen Teilen der Stadt jedoch ein Übermaß angenommen gegenüber dem Erhalt oder der Neuschaffung von grünen Freiräumen.
„Von ‚Balance‘ kann keine Rede mehr sein“, findet Martin Hilbrecht, Vorsitzender des BUND Leipzig.

„Viele Leipziger Grünflächen werden an Sommertagen von hunderten Menschen genutzt, übernutzt und auf Dauer zerstört. Die Rechnung ist einfach: Mehr Einwohner/-innen benötigen mehr grüne Freiräume: vom Pocketpark bis zum Stadtteilpark. Auch begrünte Innenhöfe und Superblocks gehören dazu.“

Potenziale besser nutzen

Wie alle wachsenden Großstädte ist Leipzig mit dem Problem fehlenden bezahlbaren Wohnraums bei gleichzeitig steigenden Mieten konfrontiert. Konventioneller Neubau kann hier jedoch nur eine von mehreren Stellschrauben sein, so der BUND Leipzig. In erster Linie gelte es, vorhandene Potenziale besser zu nutzen, vor allem Leerstand und Zweckentfremdung wirksam zu bekämpfen.

Bevor gebaut wird, fällt in der Regel zuerst der Baumbestand weg. Foto: BUND Leipzig
Bevor gebaut wird, fällt in der Regel zuerst der Baumbestand. Foto: BUND Leipzig

Das Grundproblem: Jeder Neubau ist unökologisch. Der Bausektor macht zurzeit über ein Drittel der weltweiten CO₂-Emissionen aus. Deutschland hat seine CO₂-Reduktionsziele im Gebäudesektor mehrfach verfehlt. Auch wenn Neubauten in Leipzig unvermeidbar sind, muss der Erhalt und die Sanierung bestehender Bausubstanz Priorität haben, fordert der BUND Leipzig.

Die neue Begrünungssatzung sei ein wichtiger Schritt zur Durchgrünung innerstädtischer Flächen, aber sie löse das Problem des zunehmenden Verlustes von Frei- und Grünflächen zugunsten von Neubau nicht. Hier brauche es mehr Bebauungspläne, um Nutzungskonflikte planerisch zu lösen und bereits stark verdichtete Stadtquartiere vor weiterer Bebauung und Überhitzung zu schützen.

Mit dem aktualisierten Wohnungspolitischen Konzept und der geplanten Zweckentfremdungssatzung habe die Stadt Leipzig die richtigen Hebel gestellt, um künftig mehr Einfluss zu nehmen in Sinne einer am Gemeinwohl orientierten, sozial- und klimagerechten Stadt- und Bauplanung. Denn der Platz sei begrenzt und freie Flächen seien für die Stadtgesellschaft zu wertvoll, um sie Spekulant/-innen und Geschäftemacher/-innen zu überlassen.

Umnutzungen in den Blick nehmen

Es gibt in Leipzig noch immer jahrelangen Leerstand, vor allem Läden und Büros, sogar ganze Kaufhäuser samt Tiefgarage, stellt der BUND Leipzig fest. Umnutzungen sollten stärker in den Blick genommen werden: Aus nicht (mehr) benötigten Büroflächen ließen sich mit relativ geringem Aufwand soziale Wohnräume und moderne Wohngemeinschaften gestalten.

Der BUND Leipzig macht zudem auf bestehende Grauzonen auf dem Wohnungsmarkt aufmerksam, welche von Politik und Behörden kritisch beobachtet werden sollten: Portale wie Wonderflats und Co. bieten möbliertes Zeitwohnen zu Mieten deutlich oberhalb des Mietspiegels an. Hier gelten weder Mietpreisbremse noch Zweckentfremdungsverbot. Durch die steigende Zahl solcher Angebote werden reguläre Wohnungen dem Markt entzogen.

Es liegt in der Hand der künftigen Entscheidungsträger/-innen in Stadtrat, Ausschüssen und Verwaltung, ob Leipzig eine grüne und lebenswerte Stadt bleibt oder sich weiter zur teuren Beton-Schlafstadt entwickelt, mahnt der BUND Leipzig.

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Es gibt 3 Kommentare

@Claudia: Aber natürlich hat die Stadt Leipzig Einflussmöglichkeiten bzw. hätte… Sie muss z.B. nicht städtische Flächen, die im Landschaftsplan als Grünfläche oder Park ausgewiesen sind, an Investoren und andere Bauwillige verscherbeln (so z.B. erfolgt auf der großen Brache Bayerischer Bahnhof oder auf der Dreiecksfläche Wilhelm-Leuschner-Platz [dort mit der vertraglichen Vereinbarung einer baumlosen Übergabe]), sie muss nicht Außenbereiche zu Innenbereichen umdeklarieren (damit noch leichter gebaut werden kann), sie könnte den Flächennutzungsplan an den Landschaftsplan anpassen, sie könnte versuchen die Stadtklimaanalyse tatsächlich umzusetzen, sie könnte in B-Planverfahren mehr Anteile an Grünflächen inkl. Erhalt wertvoller Bereiche einfordern und und und … Stadtpolitik – und hier alle Fraktionen gleichermaßen – und Stadtverwaltung wollen aber das Stadtgrün nicht erhalten bzw. nur dann, wenn es die Bauvisionen (die immer Maximalbebaaung bedeutet) nicht stört. Und ich gebe Dir Recht: Die sog. doppelte Innenverdichtung ist längst gescheitert, da sie die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger zerstört und aus der einst recht grünen Stadt eine Betonwüste macht.

Das ist doch gar nicht im Sinne der Stadtverwaltung. Noch mehr Einwohner ist gewollt. Umso mehr Einwohner, umso mehr finanzielle Mittel bekommt man von Land und Bund. Kann mich noch an einen Artikel erinnern, wo es um den Wegzug von Familien mit Kindern ins Umland ging. Sofort gab es Überlegungen wie man das stoppen könnte.

Auch wenn die Stadt Leipzig selbst darauf leider keinen Einfluss hat: Es kann nicht Ziel sein, die Großstädte immer mehr zu verdichten, während auf dem Land der Leerstand wächst. Es muss endlich das Landleben wieder attraktiver gestaltet werden (Nahversorgungszentren, Ärzte, KiTas, Schulen, ÖPNV-Netz etc.), dann würde sich der Zuzug in die Städte verringern und somit auch der Druck auf den Wohnungsmarkt. Es stimmt einfach nicht, dass es zu wenig Wohnraum in Deutschland gibt und “bauen bauen bauen” die einzige Lösung ist. Auf dem “platten Land” gibt es Leerstand an allen Ecken und Enden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ein großer Teil derer, die vom Land in die Stadt ziehen, das nicht tt, weil er sich ein Leben in der Stadt schon immer erträumt hat, sonder weil ihm auf dem Dorf einfach bestimmte Möglichkeiten fehlen, die das Leben erleichtern. Dort müsste man ansetzen und hätte gleich 2 Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Das Landleben wird wieder aktiver und in der Stadt wird es grüner.

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