Es war eigentlich ein ganz simpler Antrag, den die Linksfraktion da gestellt hatte: „Der Oberbürgermeister prüft die Realisierbarkeit und den Nutzen von Solarenergiegewinnung auf Teilstrecken der Radschnellverbindung RSV (Halle-)Schkeuditz-Leipzig. Die Prüfung erfolgt im Zuge der Vorplanung bis Ende 2026. Die Prüfergebnisse werden dem Stadtrat als Basis für weitere Entscheidungen vorgelegt und ggf. in die weitere Planung und den Bau von Radschnellwegen integriert.“ Am 22. Mai kam er zur Abstimmung in den Stadtrat.

Linke-Stadtrat Michael Neuhaus warb für diesen Antrag, auch ein bisschen fürs flüssige Radler, aber auch für die Win-win-Situation, die sich ergibt, wenn zumindest Teile des Radschnellwegs mit Solarpaneelen überdacht werden, die Schatten spenden und gleichzeitig Strom produzieren. Es ist kein komplett utopisches Projekt.

Das führte der Ursprungsantrag der Linksfraktion auch an: „In Freiburg wurde im Jahr 2023 der erste Solardach-Radweg Deutschlands eröffnet. An der Freiburger Messe überdachten 900 Solarmodule einen 300 Meter langen Radweg und produzieren dabei 280 000 Kilowattstunden Ökostrom. Dieser wird beispielsweise vom naheliegenden Fraunhofer-Institut für den Betrieb von Laboren genutzt. Auch für die Radfahrerinnen und Radfahrer stellt die Überdachung ein Gewinn dar.

Sie werden beispielsweise vor Regen und Hagel geschützt. Gerade in dichtbesiedelten urbanen Gebieten, in denen Flächen für erneuerbare Energien knapp sind, sind solche Innovationen unerlässlich. So können bereits versiegelte Flächen multifunktional genutzt und die Abhängigkeit vom Umland reduziert werden. Städte können so ihren Beitrag zur Energiewende verbessern.“

Andere machen also schon vor, wie es gehen könnte.

Das kostet natürlich

Aber wenn eine Fraktion so etwas nicht mag, holt sie den Taschenrechner heraus und rechnet schon mal die Kosten aus, die die Linke natürlich wieder nicht berechnet hätte. Jedenfalls trat mit vorwurfsvoller Miene CDU-Stadtrat Karsten Albrecht ans Mikro und meinte, der Meter solarüberdachter Radweg würde dann 1.000 Euro kosten. Man müsste also mit 1,5 Millionen Euro rechnen.

Daran stimmt natürlich: Ein Solardach über einen Radweg kostet. Schon allein wegen der Tragwerkskonstruktion und wegen der Solarpaneele obendrauf. So berichtete der SWR über den 2023 fertiggestellten Solardach-Radweg an der Freiburger Messe, dass das 300 Meter lange Projekt 1 Million Euro gekostet hätte. Der Meter kostete bei diesem Pilotprojekt also 3.333 Euro.

Ist das viel, ist das wenig? Immerhin speist der Radweg damit wieder Strom ins Stromnetz ein. Und das auf einem sowieso versiegelten Stück Weg.

Schatten spenden an baumlosen Abschnitten

Und auf dem künftigen Radschnellweg gebe es genug Abschnitte, die direkt an der S-Bahn-Strecke entlang führen und wo es keine Verschattung durch Bäume gebe, merkte SPD-Stadtrat Andreas Geisler an, für den der Radschnellweg quasi fast vor der Ladentür vorbeiführt. Womit auch der Einwurf von Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek hinfällig war, der meinte, Baumverschattung würde ein Solardach auf dem Radweg obsolet machen.

Als wenn eine Stadtratsdebatte eine wirklich fachliche Prüfung durch die Planer der Stadt schon mal überflüssig machen würde. Dabei soll die Prüfung ja sogar erst ergeben, ob und wo auf dem Radschnellweg ein Solardach sinnvoll wäre. Und das am besten schon in der Vorprüfung 2025/2026, sodass der Stadtrat schon 2026 weiß, ob Solardächer auf dem Radweg sinnvoll und ökonomisch sind.

Wobei die Stadt die Untersuchung auf Solardächer in ihrer Voruntersuchung für den Radschnellweg (der wahrscheinlich 35 bis 40 Millionen Euro kosten wird) noch nicht eingeplant hat. Das Geld für diese Extra-Prüfung müsste – so die Vorlage der Stadt – also im Doppelhaushalt noch zur Verfügung gestellt werden.

Klares „Ja“ zu Solardächern auf dem Radschnellweg

Doch während man nach den Redebeiträgen von Albrecht und Kasek meinte, jetzt wäre der Antrag der Linksfraktion schon mal hinfällig, war das Ergebnis des Tages doch ein anderes. Es wäre übrigens auch nicht anders ausgefallen, wenn der Verwaltungsstandpunkt aus dem Verkehrs- und Tiefbauamt den Zuschlag erhalten hätte. Denn der stand dem Anliegen der Linksfraktion wohlwollend gegenüber.

AfD-Stadtrat Udo Bütow stellte den Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung. Aber der bekam nur die AfD-Stimmen und wurde mit 11:46 Stimmen abgelehnt. Der neu gefasste Linke-Antrag erhielt dafür 39:19 Stimmen, fand also trotz der beiden Einsprüche eine klare Mehrheit. Die Verwaltung ist damit beauftragt, Solardächer auf dem Radschnellweg zu prüfen.

Ein Zeichen auch ans Umland

Verständlich, dass sich Michael Neuhaus, Sprecher für Umwelt der Fraktion Die Linke im Leipziger Stadtrat, nach dieser Entscheidung freute: „Flächen für den Ausbau der erneuerbaren Energien sind in Leipzig Mangelware. Immer wieder entstehen daraus handfeste Nutzungskonflikte: Soll eine Fläche lieber für Naturschutz, Erholung und Landwirtschaft oder doch für die Errichtung von Photovoltaikanlagen genutzt werden?

Wir wollen ohnehin bereits versiegelte Flächen für den Ausbau von erneuerbaren Energien verwenden und diese multifunktional gestalten. Das ist auch ein wichtiges Zeichen in Richtung in Umland, wo häufig die Kritik geäußert wird, Leipzig würde Erzeugeranlagen für erneuerbare Energien vor allem außerhalb des Stadtgebietes errichten, ohne die eigenen Potenziale zu heben.“

Und auch Franziska Riekewald, Sprecherin für Mobilität der Fraktion, würdigt die Zustimmung: „Ein Solardach-Radweg bietet Radfahrer/innen Schutz vor Regen, Hagel oder starker Sonneneinstrahlung. Gleichzeitig wird erneuerbarer Strom erzeugt, welcher entweder ins Netz eingespeist oder von Nachbarn direkt genutzt werden kann. Ein Solardach-Radweg wäre damit eine Win-Win-Innovation für Radfahrerinnen und Radfahrer sowie den Klimaschutz.

Die Idee ist allerdings nicht neu: An der Freiburger Messe beispielsweise überdachen 900 Solarmodule einen 300 Meter langen Radweg und produzieren dabei 280.000 Kilowattstunden Ökostrom. Dieser wird beispielsweise vom naheliegenden Fraunhofer-Institut für den Betrieb von Laboren genutzt. Wir sagen: Das kann Leipzig auch!“

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Es gibt 6 Kommentare

PPS weil es mich im Nachhinein so ärgert – kurz vor der Wahl Luftschlösser erbauen, um Punkte bei den Wähler*innen zu sammeln. –
Mittagessen umsonst für Alle! –

Aargh.

PS @TLpz es stehen auch Laternen AUF Radwegen, wie zB am Schleußiger Weg, und es sind bereits Leute dagegen geprallt.

Diesen Abschnitt des Radwegs zwischen Pater-Gordian-Straße und Schkeuditz gibt es ja großteils bereits, überwiegend asphaltiert, nur mit zwei drei kleinen Lücken und nicht ganz so breit wie es ein Schnellweg erfordern würde. Ich fahre da gelegentlich entlang.

Dort draußen an der B6 ist ja viel Platz für Vieles, kaum Landwirtschaft. Im Grunde kann man da alles mit Photovoltaik zupflastern. Ob das viele Leute ermuntert, zum Flughafen usw mit dem Rad zu fahren, wenn es überdacht ist (das mit den Pfosten ist ja leicht lösbar)? Wenn es regnet wie grad jetzt, nutzen einem Radler 1km Dach nichts, wenn danach 2km Platzregen sind.

@gerd stefan
Auch jetzt stehen z. Bsp. Straßenlaternen an Radwegen u.a. Da ist bisher auch noch keiner dagegen geprallt.

Dafür gibt es Geschwindigkeitsbegrenzungen. Damit könnte man wieder Geld verdienen. Die sollen erstmal den Radweg bauen. Wird noch Jahre dauern.

Alles schön grün aber eben nicht nachgedacht. Die Ständer für die Solarkonstruktionen stellen ein erhebliches Unfallridiko dar, erst Recht bei den absehbaren Fahrgeschwindigkeiten auf dem Radweg. Oder sollen die Radfahrer auf den Solarzellen direkt fahren?

Schreiben Sie einen Kommentar