Seit zwei Jahren können die Leipzigerinnen und Leipziger unter dem Mängelmelder der Stadt auch Schäden in der Verkehrsinfrastruktur der Stadt melden – also an Straßen und Gehwegen und was da so drauf herumsteht. Eine echte Errungenschaft, denn überall im Stadtgebiet gibt es solche kaputten und teilweise auch gefährlichen Stellen. Nur: Warum stieg die Zahl der gemeldeten Mängel von 300 im ersten Jahr auf sage und schreibe 1.400? Das wollte Christiane Gaida doch schon gern vom Baubürgermeister wissen.
„Von etwas über 2.800 Meldungen auf dem Mängelmelder der Stadt betreffen etwa 1.400 Meldungen den Bereich ‚Schäden an der Verkehrsinfrastruktur‘. Davon sind 1.100 Fälle noch gar nicht bearbeitet. 340 werden gerade bearbeitet. Und 70 sind erledigt. Wie kommt es zu diesem Stau?“, wollte sie in ihrer Einwohneranfrage wissen.
„Wie werden die Fälle überhaupt bearbeitet in den unterschiedlichen Stadtteilen? Reicht das Geld, das in der Haushaltsplanung der Stadt dafür vorgesehen ist? Ich gebe zu bedenken, dass alle 1.100 Fälle von Bürgeranliegen, die überhaupt nicht bearbeitet werden, das Vertrauen in Verwaltung und Politik schwächen. Und das können wir uns nicht leisten. Außerdem beantrage eine Umbenennung des sperrigen Titels der Verwaltungssprache in: ‚Schäden an Wegen und Straßen‘.“
Von den Leipzigern rege genutzt
Tatsächlich erzählt die hohe Zahl der gemeldeten Mängel ja davon, dass der Stadtrat vollkommen recht hatte damit, auch die Kategorie Verkehrsinfrastruktur mit in den Mängelmelder aufnehmen zu lassen. Denn ganz offensichtlich sehen die Mitarbeiter der Stadtverwaltung nicht alles. Nicht einmal die Stolperstellen, über die sich die Leipziger berechtigterweise ärgern. Und die sie nun seit 2022 auch fleißig melden.
In seiner Antwort auf die Anfrage von Christiane Gaida versuchte das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA) den Stand der Bearbeitung dann auch zu erklären: „Der Mängelmelder bildet nicht den aktuellen Bearbeitungsstand ab. Wegen der großen Menge der Mängelmeldungen und der Notwendigkeit einer effektiven Bearbeitung hat die praktische Beseitigung der Mängel vor Ort Vorrang. Der Bearbeitungsstand wird im Nachgang in den Mängelmelder eingepflegt.“
Und dabei werden die Meldungen der Leipziger auch nicht ignoriert, so das VTA: „Alle über den städtischen Mängelmelder im Bereich Verkehrsinfrastruktur gemeldeten Sachverhalte werden überprüft und bewertet. Die Gewährleistung der Verkehrssicherheit hat oberste Priorität. Die Meldungen, aus denen ein Handlungsbedarf resultiert, werden dann priorisiert und die Abarbeitung erfolgt entsprechend ihrer Priorität.“
Schon 628 Schäden abgearbeitet
Diese Priorisierung interessierte Christiane Gaida dann doch sehr und sie nahm die Gelegenheit wahr, in der Ratsversammlung am 28. Februar nachzufragen. Da hatte Baubürgermeister Thomas Dienberg dann auch genauere aktuelle Zahlen parat: Von den gemeldeten Schäden an der Verkehrsinfrastruktur habe sein Dezernat tatsächlich schon 628 abgearbeitet. In Arbeit seien derzeit 352 gemeldete Schäden.
Das sei schlicht eine Kapazitätsfrage. Aber man merkt schon: Der Mängelmelder hat etwas ins Rollen gebracht. Und die hohe Zahl der Meldungen zeigt, wie sehr gerade die Schäden im Verkehrsraum viele Jahre lang vernachlässigt worden waren. Aktuelle Folge: 1.376 der gemeldeten Schäden konnten noch nicht angepackt werden.
Dazu will Dienberg eine Prioritätenliste erstellen lassen, damit die wichtigsten Schadstellen auch bevorzugt angepackt und beseitigt werden. Dazu will er im Bauausschuss berichten. Aber Christiane Gaida stellte er diese Information ebenfalls in Aussicht. Denn natürlich hängt die Abarbeitung mit den verfügbaren Ressourcen zusammen. Und natürlich mit dem verfügbaren Geld.
Zum Geld hatte das VTA erklärt: „Für die Straßenunterhaltung und die Erneuerung von Verkehrszeichen und -leiteinrichtungen stehen – im Rahmen der insgesamt verfügbaren Haushaltsmittel der Stadt und aller zu finanzierenden Aufgaben – auch nur begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung. Daher müssen alle erforderlichen Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen priorisiert werden.
Oberste Priorität besitzt die Beseitigung von unmittelbaren Gefahrstellen. Im Anschluss daran erfolgt die Priorisierung entsprechend der Kriterien Verkehrsbedeutung und Verkehrsbelastung der Straßen, Bedeutung für den ÖPNV sowie den Rad- und Fußverkehr und die Lage sozialer Einrichtungen (Pflegeheime, Kitas usw.).“
Es geht nicht nur um Schlaglöcher und Gehwegschäden
Und wie ist das mit dem Wunsch, den sperrigen Titel der Verwaltungssprache in „Schäden an Wegen und Straßen“ umzuändern?
„Der Vorschlag ist einerseits verständlich, allerdings umfasst der Begriff Verkehrsinfrastruktur auch Verkehrsschilder, Poller, Sperrgitter, Ampelanlagen und anderes“, erklärte das VTA, warum das nicht so sinnvoll ist. „Die Vielzahl der Meldungen zeigt auch, dass der Begriff durchaus verstanden wird. Daher wird von einer Umbenennung der Kategorie abgesehen.“
Am Samstag, dem 2. März, zeigte der Mängelmelder 1.826 Schadensmeldungen an der Verkehrsinfrastruktur, davon 57 als erledigt und 352 in Bearbeitung. 1.416 wurden als „neu“ angezeigt, sind also noch nicht in Angriff genommen worden. Da hat das VTA noch lange zu tun. Aber die Zahlen zeigen eben trotzdem, dass der Mängelmelder seine Funktion erfüllt und die Meldungen der Leipzigerinnen und Leipziger auch ernst genommen werden.
Wer sich in den Mängelmelder hineinzoomt, merkt dann schnell, dass 1.826 Meldungen nur scheinbar sehr viel sind – immerhin reichen sie von Löchern im Fußweg über fehlende Fahrbahnmarkierungen bis zu überfluteten Radfahrstreifen, kaputten Straßenlampen und verstopften Gullys. Es muss also nicht immer der Bautrupp anrücken. Oft sind es dann auch die Wasserwerke und die Straßenbeleuchter, die ihre Arbeit tun müssen.
Und trotzdem merkt man beim Überfliegen, dass auch die 1.826 Meldungen nicht alles sind. Dazu gibt es gerade in nicht sanierten Straßen viel zu viele alte Schäden an Pflaster und Bordsteinen. Und es wird Jahre dauern, bis das Gröbste tatsächlich beseitigt wurde.
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