Gleich zwei Anfragen aus den Fraktionen โ eine aus der SPD-Fraktion, eine aus der Linksfraktion โ wurden in der Ratsversammlung am 28. Februar zum Thema Zweckentfremdungsverbot beantwortet. Soweit dies Baubรผrgermeister Thomas Dienberg รผberhaupt beantworten konnte. Denn der Sรคchsische Landtag hat das Zweckentfremdungsverbot zwar beschlossen, der Gesetzestext aber ist noch nicht verรถffentlicht und damit auch noch nicht rechtskrรคftig.
Sodass Dienberg auch nicht zusagen kann, die entsprechende Zweckentfremdungsverbotssatzung vor Juni in den Stadtrat zu bringen. Auf die SPD-Anfrage antwortete Dienbergs Dezernat: โDie Stadt arbeitet bereits an einer entsprechenden Satzung. Ziel ist es, die Satzung am 19. Juni 2024 dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorzulegen.โ
Und zur Erarbeitung der Satzung wurde auch schon eine Personalstelle geschaffen, die Erarbeitung laufe. Aber wie viel Personal dann tatsรคchlich gebraucht wird, das Zweckenfremdungsverbot fรผr Wohnungen in Leipzig auch umzusetzen und entsprechende Kontrollen durchzufรผhren, das kann Dienberg jetzt noch nicht abschรคtzen. Das wisse er frรผhestens in der zweiten Jahreshรคlfte, sagte er in der Fragestunde. Und damit kรคmen die mรถglicherweise benรถtigten Personalstellen schon direkt in die Haushaltsverhandlungen fรผr 2025/2026.
โEs gibt dafรผr einfach keine Prรคzedenzfรคlleโ, sagte Dienberg.
Nur Daten von 2020
Und was die Sache so kompliziert macht, sind nicht nur all die einengenden Bedingungen, die vor allem die sรคchsische CDU in das neue Gesetz geschrieben hat und die den Handlungsrahmen der Kommunen drastisch beschrรคnken und โ diese Befรผrchtung steht im Raum โ das Gesetz mรถglicherweise zu einem zahnlosen Tiger machen.
Es sind auch die Grauzonen, in denen Vermieter die Wohnungen am Wohnungsmarkt vorbei als Bรผroraum oder Ferienwohnung am Markt platzieren, um damit mehr Geld zu erwirtschaften.
รbrigens besitzt die Stadt auch keine wirklich aktuellen Daten รผber zweckentfremdete Wohnungen, wie man der Antwort an die SPD-Fraktion entnehmen kann. โNein, die Daten wurden nicht fortgeschrieben. Bis Sommer 2023 gab es keine verbindlichen Aussagen des Freistaates, ob und wann ein Zweckentfremdungsverbotsgesetz auf der Grundlage des Koalitionsvertrages erlassen wirdโ, liest man dort.
Was auch eine Menge darรผber erzรคhlt, wie entmutigt die Stadtverwaltung war, nachdem man schon drei Jahre lang vergeblich auf die Staatsregierung eingeredet hatte, dass Leipzig dringend ein Zweckentfremdungsverbot braucht.
Die ominรถse Frage nach dem Bestandsschutz
Aber die SPD-Fraktion legte den Finger auch in die Wunde, als sie fragte: โWie sieht die Zusammenarbeit mit den Finanzbehรถrden aus, die berechtigt sind, Zugriff auf die Daten von AirBnB und Co. einzufordern, und damit auch die Anbieter von mรถglichweise illegal zweckentfremdetem Wohnraum in Leipzig ermitteln kรถnnen?โ
Denn darauf, dass das Finanzamt hier helfen kรถnne, wird sich die Stadt nicht verlassen kรถnnen, so das Amt fรผr Wohnungsbau und Stadterneuerung: โDie Zusammenarbeit mit der Finanzbehรถrde wird geprรผft. Die Erfahrungen anderer Stรคdte zeigen, dass die Auskรผnfte der hรคufig im Ausland ansรคssigen Unternehmen oft nicht sehr hilfreich sind. In anderen Stรคdten wird primรคr auf Hinweise aus der Bevรถlkerung reagiert.โ
Wieder ein Beispiel dafรผr, wie disruptiv die groรen amerikanischen Konzerne agieren: Sie nutzen ihre undurchsichtigen Firmenkonstrukte, um ihre Geschรคfte auch in Deutschland zu verschleiern.
Und ein Problem sprach in der Fragestunde Linke-Stadtrรคtin Juliane Nagel an, nรคmlich die im Gesetz enthaltene โominรถse Bestandsschutzregelungโ. Denn wenn die tatsรคchlich so greift, wie man sie verstehen kann, kรถnnte das bedeuten, dass die Stadt gegen die schon bestehenden Zweckentfremdungen gar nichts machen kann, weil diese Bestandsschutz genieรen. Sie kann nur verhindern, dass es neue Zweckentfremdungen gibt.
Man ahnt schon, dass dieses Gesetz nicht wirklich im Interesse der beiden Groรstรคdte geschrieben wurde, die lรคngst schon unter dem knappen Wohnungsmarkt leiden, sondern dass sich hier wieder Interessen durchgesetzt haben, die auf ihre Profite aus zweckfremder Wohnungsvermietung nicht verzichten wollen.
Aber Genaueres wird man dazu wohl erst 2025 erfahren, wenn Baubรผrgermeister Thomas Dienberg erstmals eine Evaluation der Zweckentfremdungsverbotssatzung vorlegen will.
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