Wem gehören eigentlich Leipzigs Plätze? Das war eine Frage, die in letzter Zeit immer dann auftauchte, wenn Anwohner einen völlig missglückten Stadtplatz gern begrünt und verändert hätten. Doch immer wieder kramte die Stadt dann Verträge mit den einstigen Gewinnern der Platzgestaltung aus, die eine Änderung des „Kunstwerks“ praktisch ausschließen. Ein völlig nutzloser Platz mit Urheberrecht. Ein Unding fand die SPD-Fraktion im Stadtrat schon 2022.

„Am 10.06.2022 stellte die SPD-Fraktion einen Antrag, in dem der Oberbürgermeister u. a. beauftragt wird, zu ermitteln, wie mit Urheberrechten nach Architekturwettbewerben umgegangen bzw. schon im Vorfeld dieser Wettbewerbe sichergestellt werden kann, dass Stadtplätze auch schon vor Ablauf der Urheberrechte umgestaltet werden können, um sie an die aktuellen Bedürfnisse der Stadtentwicklung anzupassen“, schrieb die SPD-Fraktion nun, zwei Jahre nach Antragstellung, in ihrer Anfrage an die Stadtverwaltung.

„Dabei soll die Flexibilität bei der Platz- und Freiraumgestaltung erhöht werden. Das Dezernat Stadtentwicklung und Bau prognostiziert, dass eine Prüfung dieses Sachverhalts bis Anfang 2023 erfolgen könne. Dem Stadtrat ist das Ergebnis dieses Prozesses bislang nicht bekannt, obwohl die Frist bereits ein Jahr überschritten ist.“

Und als SPD-Stadtrat Andreas Geisler am 28. Februar nachfragte, bekam er wieder keine Antwort. Augenscheinlich hat das Stadtplanungsamt zu viel versprochen, als es ein Ergebnis für 2023 in Aussicht stellte. Inzwischen teilt es freilich ganz lakonisch mit: „Die rechtliche Prüfung ist erfolgt.“

Dass Andreas Geisler da erstaunlich ruhig blieb, verblüfft schon. Denn das Ergebnis der Prüfung war dem Stadtrat versprochen. Aber nicht einmal im Bauausschuss wurde dazu offensichtlich informiert, was denn nun das Ergebnis ist. Ob Leipzig nun mit den verunstalteten Plätzen bis in alle Ewigkeit leben muss, ohne etwas daran ändern zu können.

Falsche Vertragsausgestaltung

Baubürgermeister Thomas Dienberg versprach zumindest, dass es diese Informationen jetzt im Fachausschuss geben soll. Immerhin. Denn geprüft werden sollte ja auch, wie mit dem in diesen Verträgen festgeschriebenen Urheberrecht umgegangen werden soll, ob es nicht eben doch Wege gibt, das Urheberrecht aufzulösen, um für die unpassenden Plätze doch noch sinnvolle Lösungen finden zu können.

Dass da jemand in der Vertragsgestaltung Bockmist gebaut hatte, war ja schon 2022 Thema. Denn normalerweise gestaltet man solche Verträge so, dass die Kommune später noch Änderungsmöglichkeiten hat.

„Aufgrund der individuellen Rahmenbedingungen kann keine allgemeingültige Aussage getroffen werden“, hatte das Stadtplanungsamt in seiner Antwort geschrieben. „Dementsprechend muss eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls vollzogen werden. Zukünftig sollten daher alle Verträge mit Planungsbüros, die Plätze und Freiraumgestaltungen betreffen, so formuliert werden, dass daraufhin gewiesen wird, dass spätere Änderungen möglich sein sollen. Ziel ist, für die Verträge, die im Laufe des Planungsprozesses mit Dritten zu schließen sind, juristisch belastbare Regelungen zu formulieren, die einen flexibleren Umgang mit den Anforderungen des Urheberrechts erlauben.“

Nur ist die Einzelfallprüfung nur der erste Schritt. Denn die SPD-Anfrage zielte ja auch auf konkrete Schritte, die Unveränderbarkeit der schon gebauten Plätze aufzulösen. Genau danach fragte Andreas Geisler, wurde aber auf Informationen im Bauausschuss vertröstet. Was dann doch eher so klingt, als wäre die Stadt mit den verunglückten Plätzen noch keinen Schritt weiter.

Dass die Stadt nicht ganz unschuldig ist an der Gestaltung dieser Plätze, wurde 2013 deutlich, als der neu gestaltete Huygensplatz an der Georg-Schumann-Straße mit diesen vollmundigen Worten an die Öffentlichkeit übergeben wurde: „Der so genannte Huygensplatz ist die erste ‚Perle‘ der ‚Perlenschnur Georg-Schumann-Straße‘.“ Und um ihn anzupreisen, wurde der Platz gleich mal als „urban“ bezeichnet.

Dass dann doch keine Frischemärkte drauf stattfanden, weil die Nachfrage fehlte, stellte sich ziemlich bald heraus. Aber wesentlich länger dauerte es, bis die Stadt zugab, dass diese einfallslose Platzgestaltung auch noch mit Urheberrecht versehen ist und Änderungen am Platz nicht vorgenommen werden dürfen.

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Es gibt 2 Kommentare

@Bahnschranke
Auf das Recht der Anerkennung der Urheberschaft, welches zu den Urheberpersönlichkeitsrechten zählt, kann der Urheber nicht grundsätzlich verzichten. Das von Ihnen genannte Vorgehen würde einer Erpressung nahe kommen und wäre damit rechtlich angreifbar.

Der Urheber kann auf das Urheberrecht verzichten. Wenn die Architekten nicht einwilligen, kann man andere Kommunen und Städte über deren Vorgehen informieren und nie wieder Aufträge mit öffentlichem Geld an diese Firma vergeben.

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