Demokratie fängt immer ganz unten an und ist da, wo die Menschen leben, auch am ehesten erlebbar. Deswegen beschloss der Stadtrat 2021 erstmals auch die Einführung von Stadtbezirksbudgets. Das heißt: Jeder einzelne Stadtbezirksbeirat bekam 50.000 Euro zur Verfügung, um damit Projekte direkt im Stadtbezirk umzusetzen. Die Bürger konnten Vorschläge machen und mit dabei sein, wen ihr Stadtbezirksbeirat darüber entschied. Am 29. Februar ging es um die Frage: Wie nun weiter?

Nicht im  Sinne von Abschaffen, denn dafür hat sich das Budget viel zu gut bewährt, auch wenn einige Stadtbezirksbeiräte wie in Mitte und Nordost es locker schafften, die 50.000 Euro jedes Jahr auch komplett zu platzieren, während die Stadtbezirksbeiräte in Nordwest und Nord damit so ihre Schwierigkeiten hatten.

Aber für die Verwaltung, die die Vorlage zur Fortsetzung der Stadtbezirksbudgets schrieb, war klar: Dieses Instrument der sehr direkten Bürgerbeteiligung hat sich bewährt.

„Die Kreativität der Bürgerschaft ist eine Bereicherung für die Stadtgesellschaft. Sie schafft neue Perspektiven, kann Lebensqualität erhöhen und Gemeinsinn schaffen. Mit der dauerhaften Fortschreibung des Stadtbezirksbudgets beabsichtigt die Stadt Leipzig die Stärkung des Bewusstseins für Partizipation und bietet der Bürgerschaft Mitwirkung an. Das Stadtbezirksbudget ist Lern- und Erprobungsfeld zur Weiterentwicklung einer Mitgestaltungsmöglichkeit über den kommunalen Haushalt. Die gemachten Erfahrungen sollen Perspektiven für mögliche weitere Maßnahmen schaffen“, heißt es in der Vorlage.

Und in der Diskussion in der Ratsversammlung am 29. Februar wurde auch klar, dass die Stadtbezirksbeiräte ja auch noch ein Lernort sind. Denn von dort rücken viele Mandatsträger/-innen später einmal in den Stadtrat nach. Und da gehört nun der verantwortliche Umgang mit Geldern als Lerneinheit eindeutig dazu.

Und so stand auch nicht zur Debatte, dass die Stadtbezirksbudgets fortgesetzt werden sollen.

55.000 oder 75.000 Euro?

„Ziel des Beschlusses war es, das Bewusstseins für Partizipation zu fördern und der Bürgerschaft zusätzliche Mitwirkungsmöglichkeiten anzubieten. Insbesondere sollte dabei die lokale Demokratie gestärkt werden, indem Impulse, Ideen und Potentiale vor Ort genutzt und über konkrete Vorschläge und Projekte auch auf dieser Ebene – durch die Mitglieder der Stadtbezirksbeiräte – entschieden werden kann“, liest man in der Vorlage. Und auch konkrete Zahlen lieferte das OBM-Büro: „Seitdem wurden bei den zehn Stadtbezirksbeiräten 1.041 Anträge eingereicht, von denen 501 positiv votiert wurden (Stand September 2023). Das Stadtbezirksbudget ist damit vor Ort angekommen und wird breit genutzt.“

Und weiter: „Mit aktualisierten Stand 23.10.2023 haben die Stadtbezirksbeiräte in 2023 insgesamt Mittel in Höhe von ca. 456.000 Euro vergeben. Dies ist ein weiterer Anstieg gegenüber 2022 (ca. 445.000 Euro) und 2021 (ca. 432.000 Euro).“

Allein im Jahr 2023 gab es Vorschläge für Maßnahmen im Umfang von rund 756.000 Euro gegenüber 517.000 Euro im Jahr 2021. Die Bürger habe das Instrument Stadtbezirksbudget also zunehmend auch für sich entdeckt.

Zum Lernprozess gehört ja auch, herauszufinden, welche einzelnen Projekte sich tatsächlich von den verfügbaren Geldern umsetzen lassen. Das stieß oft genug an die Grenzen der verfügbaren 50.000 Euro.

Weshalb gleich zwei Fraktionen eine Erhöhung der Stadtbezirksbudgets vorschlugen.

Besonders weit preschte die Linksfraktion vor, die eine Erhöhung auf 75.000 Euro vorschlug. Doch das fand mit 23:32 Stimmen keine Mehrheit. Obwohl das der Wert wäre, der wohl eher der aktuellen Inflation entspräche, wie Linke-Stadtrat Steffen Wehman betonte.

Mit dem SPD-Vorschlag, die Budgets auf 55.000 Euro zu erhöhen, konnte die Stadtratsmehrheit dann ganz gut leben. Er bekam mit 31:24 Stimmen ein positives Votum.

Künftig mehr Informationen

Die Linksfraktion hatte sich auch noch deutlich mehr Informationen zur Verwendung der Stadtbezirksbudgets gewünscht. In einem Extra-Punkt hatte sie beantragt: „Das Stadtbezirksbudget wird künftig alle fünf Jahre evaluiert und das Ergebnis dem Stadtrat vorgelegt. Der Fachausschuss Finanzen sowie die entsprechenden Stadtbezirksbeiräte erhalten einen jährlichen Bericht zur Umsetzung des Stadtbezirksbudgets zzgl. dem Stand zu den Anträgen, die durch die Stadtverwaltung umzusetzen sind.“

Und irgendwie teilten alle Fraktionen im Stadtrat genau dasselbe Informationsbedürfnis. Dieser Punkt bekam sogar 48:4 Stimmen.

Offen blieb am Ende, ob auch die Brauchtumsmittel für die Ortschaftsräte im selben Maß angehoben werden. Die CDU-Fraktion hatte zwar beantragt, dass die Mittel für Stadtbezirksbeiräte und Ortschaftsräte künftig an die Inflation angepasst werden und bekam für diesen Antrag auch mit 29:19 Stimmen bei acht Enthaltungen die nötige Mehrheit.

Aber der direkte Vorstoß von Thomas Kumbernuß (Die PARTEI), die Brauchtumsmittel von 6 Euro auf 7 Euro je Einwohner in den Ortschaften zu erhöhen, fand mit 7:33 Stimmen überhaupt keine Mehrheit.

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