In den großen Gazetten des Landes wird sich derzeit hochtourig darüber aufgeregt, dass die französische Landeshauptstadt Paris die Parkgebühren für die überdimensionierten SUV drastisch anhebt. Das auch noch mit Zustimmung eines größeren Teils der Bevölkerung. Dabei ist auch in deutschen Kommunen seit 2022 eine Differenzierung bei Parkgebühren bei Bewohnerparken (theoretisch) möglich. Auch in Leipzig.

Doch Leipzig verschiebt die neue Parkgebührenordnung erst einmal. Denn augenscheinlich spielen die Gerichte noch nicht mit.

„Mit der Änderung des Straßenverkehrsgesetzes hat der Bund die Landesregierungen ermächtigt, Gebührenverordnungen zur Erhebung von Gebühren für das Ausstellen von Parkausweisen für Bewohnerinnen und Bewohner selbst zu erlassen oder diese Ermächtigung nach § 6a Absatz 5a Satz 5 StVG in Form einer Delegationsverordnung auf die Kommunen zu übertragen.

Ansonsten bleibt gemäß § 6 Abs. 3 Ziffer 2 Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) die Gebühren-Nummer 265 GebOSt mit einer Gebühr in Höhe von 10,20 € – 30,70 € in Kraft. Hiervon hat der Freistaat Sachsen Gebrauch gemacht und die Ermächtigung zum 12.5.2022 auf die Kommunen übertragen“, erläutert das Verkehrs- und Tiefbauamt.

Zuvor hatte die Grünen-Fraktion beantragt: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, der Ratsversammlung bis zum Ende des ersten Quartals 2023 im Rahmen des Langfristkonzepts Ruhender Verkehr in der Stadt Leipzig eine Anpassung des Bewohnerparkens mit der inhaltlichen Zielsetzung vorzulegen, die Gebühren für Bewohnerparkausweise nach dem Flächenverbrauch oder notfalls dem Gewicht des Fahrzeuges zu staffeln.

Je höher der Flächenverbrauch oder notfalls das Gewicht des Fahrzeuges, desto höher die Gebühren. Zur Attraktivitätssteigerung der E-Mobilität sollen angepasste geringere Gebühren gelten, sofern die Gebühren nach Gewicht bemessen werden müssen.“

Wer größere Fahrzeuge parkt, sollte mehr zahlen

Wer mit seinem Fahrzeug mehr Straßenraum in Anspruch nimmt, sollte dafür auch mehr zahlen.

Was die Grünen auch erläuterten: „Derzeit gilt in Leipzig die bisherige Bundesregelung, die Bewohnerparkgebühren i.H.v. 30,70 Euro/Jahr vorsieht. Das entspricht etwa 8 Cent/Tag und spiegelt in keiner Weise den tatsächlichen Wert der Nutzung des öffentlichen Raums für das Abstellen privater KfZ wider. Das VTA hatte sich bereits im Mai 2022 zur möglichen zukünftigen Entwicklung der Gebühren geäußert und die Absicht kommuniziert, die Gebühren anzuheben und die Bewohnerparkzonen wo möglich auszuweiten.

Mit diesem Antrag soll das Vorhaben der Verwaltung untersetzt werden, indem größere Fahrzeuge, die mehr öffentlichen Straßenraum in Anspruch nehmen, höhere Gebühren zahlen sollen als Kleinwagen. Sollte, wie beispielsweise in Tübingen, das Fahrzeuggewicht als Maßstab herangezogen werden, sollte das grundsätzlich höhere Gewicht von E-Fahrzeugen, welche vor dem Hintergrund der nötigen Mobilitätswende gegenüber Verbrennern nicht benachteiligt werden sollten, in den Ausarbeitungen Berücksichtigung finden.

Denkbar wäre ebenfalls eine schrittweise Erhöhung über einen Zeitraum von einigen Jahren sowie eine Vergünstigung von Bewohnerparken für Inhaber/-innen des Leipzig-Passes in der niedrigsten Fahrzeugklasse, um die Umstellung sozial verträglicher zu gestalten.“

Alle Autobesitzer sind gleich?

Doch genau das hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil zu einer Gebührensatzung aus Freiburg im Juni 2023 nicht so gelten lassen. Tatsächlich hat es hier sogar den Gleichheitsgrundsatz aus dem Grundgesetz bemüht: „Darüber hinaus verletzt der Stufentarif den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.“

Womit den Kommunen letztlich die Steuerungsmöglichkeiten genommen sind – auch insbesondere gegenüber großen Fahrzeugen wie SUV gegenüber, die mehr Parkraum beanspruchen als Kleinwagen.

Die Stadt Leipzig habe zwar mit der Erarbeitung einer Verordnung zur Anpassung der Bewohnerparkgebühren entsprechend der beschlossenen Mobilitätsstrategie 2030 begonnen, teilt das VTA mit. „So wurde im Handlungsfeld ruhender Verkehr die Einführung von steuernden Elemente, wie unter anderem auch Möglichkeiten zur Preisgestaltung, verankert. Zentraler Bestandteil der avisierten Verordnung waren eine Staffelung der Parkgebühren nach Größe und eine Gebührenermäßigung für Leipzig-Pass-Inhaber.“

Und erhöht werden müssten die Parkgebühren sowieso, weil sie sonst nicht mehr kostendeckend sind.

„Eine Anpassung wäre zum einen nötig, um die Kosten für den Erhalt der Parkmöglichkeiten und den Verwaltungsaufwand zu decken“, so das VTA. „Darüber hinaus trägt eine angemessene Gebühr für das Bewohnerparken auch dazu bei, Infrastrukturkosten zu decken. Mit der Anpassung sollte zudem ein Anreiz gegeben werden, möglichst ganz auf einen eigenen Pkw zu verzichten und damit den öffentlichen Raum von ruhendem Verkehr zu entlasten.

In einer wachsenden Stadt gilt es, den Wert des öffentlichen Raums zu erfassen und zwischen den unterschiedlichen Anforderungen der Nutzerinnen und Nutzern gerecht aufzuteilen.“

Der Bund muss das regeln

Aber das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hat genau diese Steuerungsmöglichkeit für die Kommunen auf einmal infrage gestellt.

Und so hat auch Leipzig die neue Gebührensatzung erst einmal auf Eis gelegt.

„In Bewertung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts zur Bewohnerparkgebührensatzung der Stadt Freiburg i. Br. (Entscheidung BVerwG 9 CN 2.22 vom 13. Juni 2023) empfiehlt die Verwaltung die Anpassung der Verordnung jedoch zunächst zurückzustellen. Zum einen bemängelte das Gericht die Staffelung der Gebühren, zum anderen verwies das Gericht auf eine notwendige Rechtsgrundlage zur Einführung von Ermäßigungen. Hier ist der Bund als Gesetzgeber gefordert, die Ermächtigungsgrundlage entsprechend anzupassen.“

Die Stadt Leipzig werd sich dazu – in den entsprechenden Gremien, Foren und auch über den Freistaat Sachsen – gegenüber dem Bund dafür einsetzen, dass in die Rechtsgrundlage die Möglichkeit der Ermäßigung aufgrund sozialer Belange aufgenommen wird und so der Freistaat Sachsen und auch die Stadt den nötigen Raum zur Berücksichtigung sozialer Härtefälle erhält.

Bis dahin empfiehlt die Verwaltung, den Erlass einer Rechtsverordnung zunächst zurückzustellen.

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Es gibt 10 Kommentare

@Chris
Würfel hier mal nichts durcheinander.
Es gibt den Beschluss zu Paris, der nur für Paris gilt und es gibt die Beschlusslage zu Leipzig, die nur in Leipzig gilt.
Paris hat eine Staffelung beschlossen. Leipzig kann auf Grund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts keine Staffelung beschließen.

@Rudi der Satz “…die Gebühren für Bewohnerparkausweise nach dem Flächenverbrauch oder notfalls dem Gewicht des Fahrzeuges zu staffeln…” in Beschlussvorschlag und Artikel zeigt, dass dies hier jedenfalls gar nicht in Stein gemeißelt ist und sich offenbar gar keine großen Gedanken um Ausgestaltung/Differenzierung, Begründung gemacht wurden. Nach den Motto “Hauptsache mehr!”. Wenn man mit dem Argument der Straßenabnutzung kommt, dann kann es z.B. nicht schlüssig sein, dass Elektrofahrzeuge/Hybriden weniger bezahlen müssen, als Verbrenner gleichem Gewichts. Auch dass dann der i.d.R. durch Elektronik und Sicherheitstechnik schwerere Neuwagen dann für den Halter teurer wird, als das leichtere – aber i.d.R. deutlich umweltschädlichere und unsicherere – Fahrzeug, ist in Anbracht aller sonstigen Diskussionen widersinnig. Allgemein wiegen viele Kleinwagen und kleinere Mittelklassen heute so viel, wie in den 90ern eine obere Mittelklasse oder Oberklasse. Dazu kommt: Der Handwerker, der sich extra nicht noch einen privaten PKW zulegt, weil er das Arbeitsfahrzeug mit nach Hause nimmt – zahlt auch drauf. Der Rollifahrer, der einen Kombi mit entsprechender Hebeeinrichtung oder Rampe angewiesen ist – zahlt auch drauf. Die Familie mit 2-3 Kids und deswegen mit Van/Kombi unterwegs ist – zahlt auch drauf. Und so weiter. Das selbe Spiel dann mit dem zweiten Argument/Indikator “Flächenverbrauch”, außer dass neuere Fahrzeuge in der Regel etwas größer sind (aber halt noch innerhalb der in DE zulassungsfähigen Ausmaße). Was bleibt am Ende? Ist das noch verhältnismäßig, wenn man lediglich doch “SUV´s” aus den Städten bekommen möchte, wie so plakativ angekündigt? Und wenn man dann das Anwohnerparken ausweiten möchte, bin ich mal auf die Reaktionen aus alternativ geprägten Stadtteilen gespannt, wo sich Bullis und uralte Wohnwagen aneinanderreihen.

Die Aussage der grössere Teil der Bevölkrerung von Paris, welche die eigentliche Grundgesamtgesamt außer Acht lässt, deckt sich im Duktus mit den 97 % der den menschengemachten Klimawandel favorisierenden Klimawissenschaftler, welche die Grundgesamtheit (100%) auch unberücksichtigt hatte (Cook 2013). Wie man es eben braucht…

ist in Paris tatsächlich das GESAMTgewicht gemeint? Das wäre doch Unsinn – fast jedes Auto wäre dann zu schwer.
Ich vermute eher die “Masse des fahrbereiten Fahrzeugs” – mein 15 Jahre alter Minivan hat da zB 1510kg, ebenso mein Youngtimer (mit welchem ich Ende der 90er auch in Paris geparkt hatte..).

IMHO haben die in Paris Probleme, die hier nicht zutreffen. Leipzig ist eine kulturlose Kleinstadt, verglichen mit Paris. Die Massen an Menschen die dort leben und zu Besuch kommen, die Bedeutung der Oberschicht mit ihren Ansprüchen, und die Einbindung von Politik ins öffentliche Leben gibt es so nicht mal in Berlin.

Man kann selbst Anwohnerparkasuweise doch nicht an der Masse des Fahrzeugs oder der verbrauchten Fläche in qm festmachen, da dies zu absurden Verzerrungen führen würde.
Das ist ein Zug, der spätestens seit den 90er jahren abgefahren ist, als die ersten Autos amerikanische Dimensionen annahmen oder ein VW Bulli das Standardfahrzeug der Mittelschicht wurde, und man Größenbegrenzungen versäumt hat europaweit festzulegen – was vor allem sämtliche Bullifahrer zB zuerst getroffen hätte.

Der folgende Satz des Autors ist, glaube ich, Wunschdenken und keine Berichterstattung.
“In den großen Gazetten des Landes wird sich derzeit hochtourig darüber aufgeregt, dass die französische Landeshauptstadt Paris die Parkgebühren für die überdimensionierten SUV drastisch anhebt. Das auch noch mit Zustimmung eines größeren Teils der Bevölkerung.”
Wobei es um den letzten Teil mit der Bevölkerung geht. Eine realistischere Berichterstattung dazu schrieb:
“Insgesamt beteiligten sich auch nur 5,68 Prozent der Wähler*innen, was ein Zeichen dafür ist, dass es der großen Mehrheit der 1,3 Millionen abstimmungsberechtigten Hauptstadtbewohner ziemlich wurst ist”. Von diesen 5.68% haben auch nur 54,55% dafür gestimmt.
Dazu fällt mir ein Zitat von Adalbert Haberbeck ein, was der Autor auch schon verwendete:
“Aber das ist leider nur die halbe Wahrheit und halbe Wahrheiten können mitunter zu den schlimmsten Lügen führen.”
Jetzt aber mal zum Thema. Bei der Abstimmung ging es nicht ausschließlich um SUVs, sondern um
Verbrennerautos, die mehr als 1,6 Tonnen wiegen, und Elektroautos mit mehr als 2 Tonnen. Natürlich von nicht Pariser*Innen. Was im großen und ganzen auch die Klasse der “Familienkutschen” betrifft. Als Beispiel sei nur ein Volvo V70 II 2003 genannt der voll über 2 Tonnen wiegt oder 2022 Volkswagen Sharan 1,727 bis 1,753 Tonnen. Also sollen Familien mit vielen Kindern oder Patchwork Familien mit mehr als 2 Erwachsene bestraft werden.

@gerd.stefan
Da der Stundenlohn heute etwas höher ist als noch in den frühen 1990ern kannst du davon ausgehen, dass eine Bearbeitungsgebühr von 10,70Euro bzw. 30,70Euro die Personal- und Sachkosten heute nicht mehr deckt. Zumal es mit dem Stempeln im Büro nicht getan ist. Du benötigst eine Plakette, im öffentlichen Raum müssen Schilder gestellt werden und dann soll das auch noch (am besten) 24/7 überwacht werden.

@chris
Der Anwohnerparkausweis muss PKW-genau beantragt werden. Anhand der Zulassung weiß man dann auch, ob das zulässige Höchstgewicht bei 1,7, 2 oder 2,8t liegt. Es wird wie in Paris am zulässigen Gesamtgewicht festgemacht.

Wie stellt man sich das eigentlich zwecks der Umsetzung vor? Da sitzt dann die-/derjenige Verantwortliche für den Anwohnerparkausweis und fragt dann was genau ab? Ne Auskunft übers Kraftfahrtbundesamt, wo dann “Kombilimousine” oder whatever drinsteht? Oder geht sie/er nach dem Wiki-Artikel? Oder der Werbung, ob irgendwo was von “Lifestyle-SUV” steht? Und ist dann der kleine Cross-Polo/Taigo (also ein hochgebockter Klein-/Kleinstwagen) genauso SUV wie ein GLE? Oder geht man nach Gewicht, wo dann die Familie mit 3 Kids genauso bluten muss, wie ebenjener mit nen GLE? Nen Kombifahrer mit Rollstuhl freut sich dann bestimmt auch total. Das Selbe in Grün mit dem Flächenverbrauch. Und am Ende lacht sich der Single mit dem A3 für sich allein ins Fäustchen!? Und gibts dann Flächen-Rabatt für Gebiete mit besonders vielen markierten Parkflächen? Weil am Ende kann/darf sowieso nur 1 Fahrzeug innerhalb der Markierungen parken. Hab noch ganz schön viele Fragezeichen.

“Und erhöht werden müssten die Parkhgebühren sowieso, weil sie nicht mehr kostendeckend sind” steht im Artikel nicht als Zitat, muss also aus der direkten Feder des Autors stammen. Deshalb bitte substanziell die erhöhten Kosten untersetzen

> “…das VTA. „[…] Mit der Anpassung sollte zudem ein Anreiz gegeben werden, möglichst ganz auf einen eigenen Pkw zu verzichten und damit den öffentlichen Raum von ruhendem Verkehr zu entlasten. In einer wachsenden Stadt gilt es, den Wert des öffentlichen Raums zu erfassen und zwischen den unterschiedlichen Anforderungen der Nutzerinnen und Nutzern gerecht aufzuteilen.“”

Für ein Amt, was mehr oder weniger die eingekippten Aufträge nach den geltenden Regeln umsetzt, ist das eine ziemlich politische Aussage. Erstaunlich, was Herr Dienberg in seiner recht kurzen Wirkdauer schon alles erreicht hat.

> “In den großen Gazetten des Landes wird sich derzeit hochtourig darüber aufgeregt…”
Bisher las ich nur schlichte Reflektionen auf die Abstimmung. Aber ich lese auch keine Bild…

> “Das auch noch mit Zustimmung eines größeren Teils der Bevölkerung.”
Bei ZEIT online ließt sich das alles etwas sachlicher:
“Etwa 1,3 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner der Hauptstadt waren zu der Abstimmung unter dem Motto “Mehr oder weniger SUV in Paris?” aufgerufen. Davon beteiligten sich sechs Prozent nach vorläufigem Endergebnis an der Abstimmung.”
Eines größeren Teils der Bevölkerung. Alles klar.
Es scheint, als ob diese schlimmen Probleme mit den SUV auch nur durch Einpendler oder Touristen erzeugt werden, denn neben Ausnahmen für Handwerker gibt es auch eine große Ausnahme: Sämtliche Anwohner von Paris. Ist das jetzt die Symbolpolitik, die wir in Leipzig brauchen? Ist es das, was unser visionärer Oberbürgermeister meint, wenn er nach Kopenhagen schaut, nach Paris und Barcelona?

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