Leipzig hat sich Großes vorgenommen. Bis 2040 soll die Stadt klimaneutral sein. Also muss die komplette Energieversorgung auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Der Umbau der Wärmeversorgung ist die größte Herausforderung. Aber es gibt zu allem Stadtratsbeschlüsse. Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen wollte jetzt wissen, wo Leipzig eigentlich steht. Denn mit aktuellen Daten knausert die Stadtverwaltung. Als wollte sie es selbst nicht wissen.
Das geht bei der Erfassung der CO₂-Emissionen los. Die letzten Zahlen für Leipzig liegen für das Jahr 2018 vor. Wer will mit solchen Zahlen eigentlich steuern, wenn sie einfach nicht aktuell sind? Bei der Erfassung des Modal Split, also des Anteils der verschiedenen Verkehrsarten, geht es weiter. Auch hier stammen die letzten Zahlen aus dem Jahr 2018. Erst 2023 gab es die nächste Verkehrsbefragung, auf deren Ergebnisse wir nun warten.
Wie steht’s bei Solaranlagen auf städtischen Dächern?
Die Grünen interessierten sich jetzt noch für weitere Ziele, die die Stadt eigentlich erreichen will. So zum Beispiel für die aktuellen Solarausbauziele für kommunale Gebäude, auf denen Anlagen mit einer Leistung von 1.000 bis 1.500 kWp pro Jahr installiert werden sollten, was ungefähr 25 bis 30 Dächer im Jahr betrifft. Gleich einmal gekoppelt mit der gar nicht so unwichtigen Frage: „Wann erscheint der Energiebericht 2022?“
Aber auf die Anfrage zur installierten Leistung hält sich das Referat Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz in seiner Antwort zurück und betont nur: „Die Leipziger Kommunale Energieeffizienz GmbH (LKE) verfügt über die erforderlichen finanziellen und personellen Ressourcen, um die städtischen Ausbauziele im Bereich Photovoltaik abzubilden. Zudem wurden mit der öffentlichen Vorlage ‚Ertüchtigung von kommunalen Dachflächen und Dachflächen für künftige PV Anlagen‘ (VII-DS-08553) die anvisierten Projekte zur strategischen Erreichung der Ausbauziele dargelegt.“
In der hier erwähnten Antwort vom August 2023 wurde freilich nur dargelegt, dass 2023 überhaupt erst einmal die ersten 13 städtischen Dachflächen für die Installation von PV-Anlagen vorbereitet wurden. 460.000 Euro wurden dabei allein für den „Hemmnisabbau“ verwendet.
Und zum Energiebericht: „Der Energiemanagementbericht für die Jahre 2021 und 2022, herausgegeben vom Amt für Gebäudemanagement, ist auf der Internetseite der Stadt Leipzig als Dokument abrufbar.“
Da steht er tatsächlich. Hier ist der Link.
Das Ganze dauert also deutlich länger, als man sich das gedacht hatte. Die beschlossenen Ausbauziele sind noch nicht einmal erreicht. Dabei preschten die Grünen gleich vor und fragten, ob denn jetzt nicht eine „Zielanhebung des kommunalen Photovoltaikausbaus vor dem Hintergrund des schnell voranschreitenden Klimawandels und hoher Energiepreise“ dran wäre.
Aber da bremst das Referat Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz lieber, denn mit den aktuellen Zielen hat man schon genug zu tun: „Die Stadt arbeitet gemeinsam mit der LKE GmbH an einer ambitionierten Umsetzungsstrategie zur Erreichung der aktuellen Zielvorgaben von 1.000 bis 1.500 kWp pro Jahr. Eine pauschale Zielanhebung unterstützt das politische Ziel, trägt jedoch nicht zur Lösung einer Vielzahl von Herausforderungen in der praktischen Umsetzung bei.
Neben Themen der Wirtschaftlichkeit sowie Verfügbarkeit von Fachkräften und externen Dienstleistern am Markt sind zudem technische und rechtliche Regularien, wie notwendige Dachertüchtigungen, Statikberechnungen und Abstimmungen mit dem Denkmalschutz zu beachten und können Projektverzögerungen implizieren.“
Wie steht es beim Kohleausstieg?
Teil der Leipziger Energiewende ist natürlich auch der beschlossene Ausstieg aus der Fernwärmeversorgung aus dem Kohlekraftwerk Lippendorf. Immerhin will Leipzig aus diesem Liefervertrag 2025 endgültig aussteigen.
Dass das mit Ungewissheiten zu tun hat, wie das Jahr 2022 zeigte, merkt das Referat Nachhaltige Entwicklung natürlich an: „Insbesondere die im Jahr 2022 ausgerufene bundesweite Gasmangellage hat die Bedeutung eines breiten Erzeugungs- und Beschaffungsportfolios für die sichere Versorgung der Stadt Leipzig noch einmal deutlich gemacht. Nach Fertigstellung Ende 2022 wurde das neue Heizkraftwerk Leipzig Süd im November 2023 offiziell in Betrieb genommen. Für das Jahr 2023 zeigt sich auch deshalb eine deutliche Reduzierung des Fernwärmebezugs aus dem Braunkohlekraftwerk Lippendorf.“
Das heißt: Der Fernwärmebezug aus Lippendorf sinkt jetzt schon und wird vor allem durch eigene Fernwärmeerzeugung der Stadtwerke in ihrem neuen Gaskraftwerk in der Bornaischen Straße ersetzt. Das nicht ganz so umweltschädliche Erdgas ersetzt also die Braunkohle. Noch ist nicht absehbar, wann das wasserstofffähige Gaskraftwerk tatsächlich auf Wasserstoffbetrieb umgeschaltet werden kann.
„In den Jahren 2019 – 2022 betrug der Anteil der kohlebasierten Wärmelieferung aus dem Kraftwerk Lippendorf ca. 65 %, mit jährlichen Schwankungen. Im letzten Jahr konnte eine anteilige Reduzierung auf unter 40 % erreicht werden. In den Jahren 2024 und 2025 gehen die Leipziger Stadtwerke von einem ähnlichen Niveau aus, wobei Jahresschwankungen zu erwarten sind“, meint das Referat für Nachhaltigkeit in seiner Antwort.
„Die Konkretisierung der Fernwärmetransformation ist Arbeitsbestandteil der kommunalen Wärmeplanung und damit noch nicht final abgeschlossen. Der aktuelle Stand wird unter Leipziger Wärme 2038 – Leipziger Stadtwerke (zukunft-fernwaerme.de) kommuniziert. Anfang des II. Quartals 2024 soll der Stadtrat über die Eckpunkte der kommunalen Wärmeplanung informiert werden. Hierbei wird auch über den Fernwärmeausbau und die anstehende Transformation der Fernwärme berichtet.“
Wo sind die Flächen für Solar- und Windkraftanlagen?
Um Leipzig künftig großenteils aus eigenen Energieanlagen versorgen zu können, braucht es natürlich Flächen im Stadtgebiet, wo Solar- und Windkraftanlagen gebaut werden. Wo aber bleibt das Rahmenkonzept Potenzialflächen für Erneuerbare Energien, wollten die Grünen wissen?
Immerhin, so die Mitteilung des Referats Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz: „Mit ersten Planungsergebnissen ist voraussichtlich Ende 2024 zu rechnen.“
Und dann ist da ja noch der große Plan zum Umbau der Wärmeversorgung.
„Die Webseite www.waerme-fuer-leipzig.de dient als Plattform für Transparenz zur Wärmeplanung. Die erste Informationsveranstaltung zur Wärmeplanung hat im Dezember 2023 bereits stattgefunden, jedoch noch ohne konkrete Informationen zu Leipzig. Die Eckpunkte zum Leipziger Wärmeplan sollten bis Ende 2023 vorgelegt werden. Wann erreichen diese Eckpunkte den Stadtrat und die Öffentlichkeit? Wann soll die Bürgerbeteiligung zum Thema Wärmeplanung beginnen?“, wollte die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen wissen.
„Die Eckpunkte des kommunalen Wärmeplans wurden bis Ende 2023 erstellt und kürzlich im Rahmen einer Klausur des Oberbürgermeisters von der Verwaltungsspitze diskutiert. Nachdem das nun anstehende verwaltungsinterne Mitzeichnungsverfahren abgeschlossen ist, werden die Eckpunkte Anfang des II. Quartals 2024 dem Stadtrat sowie der Öffentlichkeit präsentiert“, verspricht das Referat Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz.
„Die Bürgerbeteiligung zum Thema Wärmeplanung hat sowohl mit der Veröffentlichung auf www.waerme-fuer-leipzig.de als Informationsplattform sowie mit dem ersten öffentlichen Forum als Auftakt zur Sensibilisierung bereits begonnen. Neben der Werbung um Verständnis für die bestehenden Rahmenbedingungen zur Aufstellung einer kommunalen Wärmeplanung im ersten öffentlichen Forum wird das nächste Forum die ersten Eckpunkte der Leipziger Wärmeplanung in den Blick nehmen.“
Wie steht es um Mieterstrom?
Die Energiewende braucht, wie man sieht, eine Menge Geduld. Und auch beim 2022 vom Stadtrat beschlossenen Projekt „Mieterstrom in Leipzig voranbringen“ bewegt sich erst einmal nicht viel. Aber dafür kann Leipzigs Verwaltung nichts.
„Eine breite Etablierung von Mieterstrommodellen scheitert nach wie vor an bestehenden Regularien, wobei bislang weder der Gesetzgeber noch die Bundesnetzagentur eine diesbezüglich tragfähige Lösung geschaffen haben“, teilt das Referat Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz mit.
„Folglich liegt der Anteil von Mieterstromanlagen auch aktuell noch deutlich hinter den Erwartungen. Laut Presseartikel im Handelsblatt lag der Anteil von Mieterstromanlagen im Zeitraum von Januar 2023 bis August 2023 lediglich bei 0,3 % in Bezug auf die im gleichen Zeitraum in Betrieb genommenen PV-Anlagen.
Die Aktivitäten der Leipziger Stadtwerke begrenzen sich daher auf einzelne Pilotanlagen mit durchaus erfreulichen Entwicklungen. In einer LWB-Immobilie (Gundermannstr. 21–31) konnten Ende 2023 zwei im Eigentum der LSW stehende Mieterstromanlagen in Betrieb genommen werden.“
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