Seit 2017 ist das ein Thema in Leipzig: Wo nimmt Leipzig eigentlich seine Kredite auf und wie nachhaltig ist das eigentlich? Kann eine Stadt wie Leipzig auch eine grüne, ökologische, soziale Anleihe aufnehmen? Oder wird das unbezahlbar, weil das alles noch exotische Straußenfedern sind? Das Finanzdezernat hat das jetzt einmal durchgerechnet und zur Ratsversammlung am 24. Januar die Ergebnisse vorgestellt.

Immerhin geht es um die Entwicklung hin zur klimaneutralen Kommune. Da sollten auch die Anleihen der Stadt – wenn sie mal welche auflegt – möglichst klimaneutral sein.

Aber kann das Finanzdezernat das berücksichtigen, ohne zusätzliche Belastungen für den Stadthaushalt zu erzeugen?

„Zur Finanzierung der laufenden Investitionsmaßnahmen und der damit verbundenen Rückführung der beanspruchten Kassenkreditlinie Anfang 2024 wurden verschiedene Varianten der Kreditaufnahme unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten geprüft“, schreibt das Finanzdezernat in seiner Auswertung.

„Darunter neben klassischen Investitionskrediten, der Auflage von Schuldscheindarlehen auch die Auflage einer Stadtanleihe sowohl mit den Kriterien ‚grün, sozial, nachhaltig‘ als auch ohne diese Erweiterungen.“

Vergleichbare Konditionen

Und weil man da nicht bei null anfangen wollte, hat man bei anderen Städten angefragt, wo es solche Anleihen schon gibt.

Ergebnis: „Um einen repräsentativen Überblick der aktuellen Konditionen und Kosten zu erhalten, wurden Interviews mit den Kommunen Köln und München, dem Land Berlin sowie der Banken Unicredit/Hypovereinsbank und der DZ-Bank geführt. Als Basis und zur besseren Vergleichbarkeit wurde ein Volumen von 300 Mio. EUR bis 350 Mio. EUR und eine mögliche Laufzeit von 10 bis 15 Jahren zu Grunde gelegt.

Grundsätzlich ist es für die Beschaffung finanzieller Mittel nicht erheblich, ob diese in Form von Investitionskrediten, in Form von Schuldscheindarlehen oder in Form von Anleihen aufgenommen werden. Ein Investitionsdarlehen wird von der jeweiligen Bank herausgegeben, während ein Schuldscheindarlehen oder eine Anleihe auch an weitere, dritte Investoren weitergegeben werden kann. Die Konditionen für die genannten Varianten sind vergleichbar.“

Einziger wirklicher Unterschied: „Im Gegensatz zu klassischen Investitionskrediten und Schuldscheindarlehen müssen jedoch bei der Auflage einer grünen, sozialen, nachhaltigen Anleihe eine Vielzahl von Dokumenten und Dienstleistungen erstellt, eingekauft und zertifiziert werden.“

Nur so kann man sichergehen, dass man wirklich eine nachhaltige Anleihe auflegt.

Aber in der Summe macht es trotzdem kaum einen Unterschied: „Im Laufe der Gespräche stellte sich heraus, dass die reinen Kredit- und Zinskosten vergleichbar sind zwischen der Emission einer Anleihe und der Aufnahme eines Investitionskredites. Die hierzu herangezogene Marktbasis ist identisch.“

Jede Anleihe hat Grundkosten

Die eigentlichen Zusatzkosten entstehen einfach dadurch, dass man überhaupt ein Wertpapier ausgibt: „Die Emission eines Wertpapiers – egal ob in Ausgestaltung als grün, nachhaltig und/oder sozial oder auch als reines Wertpapier – generiert jedoch deutliche Mehrkosten.“

In einer Beispielrechnung in der Informationsvorlage wird das noch deutlicher, dass sich der Mehraufwand bei einer 100-Millionen-Euro-Anleihe tatsächlich nur auf die zusätzlichen 30.000 Euro für die Zertifizierung beschränkt. Was bei den üblichen Zinsen, die sich in zehn Jahren schon mal auf 38 Millionen Euro belaufen, so gut wie nicht ins Gewicht fällt.

Wobei das Finanzdezernat spaßeshalber auch mal die Kosten einer normalen Kreditaufnahme daneben gesetzt hat. Da kommen am Ende 35 Millionen Euro zusammen, was dann den Druck, dass Leipzig eine Anleihe auflegen sollte, deutlich mindert. Zumindest so lange Leipzig im gesetzlich gesetzten Kreditrahmen bleibt und die Kredite nicht aus dem Ruder laufen lässt.

Nächste Vorlage 2028

Ganz darauf beruhen lassen wollte es die Linksfraktion dann doch nicht und stellte zur Informationsvorlage noch einen Änderungsantrag. „Es wird folgendes ergänzt: Im I. Quartal 2028 erfolgt eine unter Einbeziehung der Systematik der vorliegenden Informationsvorlage zzgl. der Erfahrungen mit der Stadtanleihe 1994 (Kommunale Schatzanweisungen) und der Leipziger Teilschuldverschreibung aus dem Jahr 1999 eine nochmalige Prüfung einer Leipziger Stadtanleihe.“

Da merkt man die Feder des finanzpolitischen Sprechers der Linksfraktion Steffen Wehmann, der natürlich nur zu gern wissen möchte, wie die beiden Anleihen, die Leipzig in den 1990er Jahren aufgenommen hat, funktionierten. Am Ende damit auch die Frage nach dem Sinn möglicher künftiger Anleihen stellend. Den Antrag übernahm OBM Burkhard Jung dann kurzerhand in die Vorlage, sodass es 2028 wohl die nächste Information zu möglichen Leipziger Anleihen geben wird.

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