Wenn die CDU-Fraktion im Stadtrat Leipzig einen Antrag „Wohnraum aktivieren – Leerstand verhindern – Klima schützen“ im Verfahren hat, ist es prinzipiell schön, die Überschrift zu lesen. Allerdings sieht der Antragstext anders aus. Der Antrag, der in der Dezember-Ratsversammlung zur Abstimmung kommt, ist im Gegensatz zum Titel ein erneuter Versuch, die sozialen Erhaltungssatzungen auszuhebeln.
Der CDU-Antrag Nr. VII-A-09219 besteht aus drei Punkten, die sich allein mit den sozialen Erhaltungssatzungen beschäftigen:
1. Die negative Wirkung der sozialen Erhaltungssatzungen auf Wohnraumentwicklung und die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen sind einzuschränken.
2. Der Ermessensspielraum der Genehmigungsbehörden folgt ausdrücklich dem Primat der Wohnraum-Aktivierung und Ermöglichung von Klimaschutzmaßnahmen bei möglichst gleichzeitigem Erhalt der Bevölkerungsstruktur.
3. Die dafür geeigneten Maßnahmen sind im Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau vorzustellen und erforderliche Beschlussänderungen für den Stadtrat vorzubereiten.
Sind die sozialen Erhaltungssatzungen wirklich an allem schuld?
Einige Rückblicke
Wie der Antragsteller richtig schreibt, sind die Erhaltungssatzungen für „Lindenau“, „Alt-Lindenau“, „Eisenbahnstraße“, „Am Lene-Voigt-Park“, „Connewitz“ und „Eutritzsch“ seit dem Juli 2020 in Kraft. Es finden sich dort wirklich viele leerstehende und unbewohnte Mehrfamilienhäuser. Unsanierte Wohngebäude, die sichtbar jahrelang leer stehen, sind ein ungenutztes Potenzial für unseren Wohnungsmarkt.
So weit, so richtig, aber schauen wir etwas zurück.
Als im Februar 2021 der Artikel „Vergessene Häuser in Leipzig: Impressionen des Verfalls“ in der Leipziger Zeitung erschien, standen diese Häuser bereits jahrelang leer und teilweise stehen sie immer noch so da. Die Recherchen zum Artikel gehen weit ins Jahr 2020 zurück.
Nun sollen also die Erhaltungssatzungen schuld sein, dass die Häuser verfallen? Wären diese Häuser heute wieder bewohnt, wenn nicht die Erhaltungssatzungen dazwischen gekommen wären?
Aber hat der Antrag vielleicht seine Berechtigung? Schauen wir zurück ins Jahr 2020.
Kriterienkatalog zu den Erhaltungssatzungen
Der größte Mangel zeigte sich bereits 2020 bei der Diskussion im Stadtrat, es war die fehlende Möglichkeit der Einflussnahme des Stadtrates auf den Kriterienkatalog. Oder, wie es die Verwaltung im Verwaltungsstandpunkt zum CDU-Antrag formuliert: „Der Beschluss von Genehmigungskriterien liegt demnach in der Zuständigkeit des Oberbürgermeisters im Rahmen der Geschäfte der laufenden Verwaltung gemäß § 53 Abs. 2 S. 1 Var. 1 Sächsischer Gemeindeordnung (SächsGemO).“
Der Oberbürgermeister legte einen Kriterienkatalog zu den sozialen Erhaltungssatzungen vor, der „in Stein gemeißelt“ war, der Stadtrat hatte kein Einspruchsrecht. Es kamen allerdings von mehreren Fraktionen und Stadträten Änderungsvorschläge, die die Verwaltung auch teilweise übernahm.
Allerdings konnte eine Änderung nicht per Stadtratsbeschluss erzwungen werden, genau wie der jetzige Antrag waren die Änderungsanträge prinzipiell rechtswidrig. Wenn Stadträte oder Fraktionen etwas ändern wollten, mussten sie die Verwaltung überzeugen, damit diese die Änderung übernahm.
Beispiel: Unter 2.1 – Verfahrensfreie Bauvorhaben fand sich „Antennen-, Kabelfernseh- und Gegensprechanlagen (Audio)“. Baumaßnahmen für eine zeitgemäße Internetverbindung waren nicht auf dem Schirm der Verwaltung. Es dauerte tatsächlich Wochen und bedurfte mehrerer Begründungen, bis „sowie Internetversorgung“ hinzugefügt wurde.
Das ist nur ein Beispiel, welches Intentionen von Stadträten und Fraktionen aufzeigt. Es gab noch mehr, einige Änderungen wurden übernommen, andere abgelehnt.
Fazit: Es gab Ungereimtheiten und Ungenauigkeiten bei der Erarbeitung der Kriterien für die sozialen Erhaltungssatzungen.
Der Sachstandsbericht, den die Verwaltung für die Ratsversammlung am heutigen 13. Dezember vorlegte, bestätigt die Aussage „Regelmäßig wird Eigentümern eine energetische Modernisierung verwehrt, wenn sich das Gebäude in Gebieten mit einer Erhaltungssatzung befindet.“, die im CDU-Antrag gemacht wird, nicht.
Der Kriterienkatalog mag einige Mängel aufweisen. Das ist aber kein Grund, die sozialen Erhaltungssatzungen insgesamt in Frage zu stellen.
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