Zwei Anträge zur Erinnerung an jüdisches Leben vor dem Holocaust in Leipzig wurden in der letzten Stadtratssitzung besprochen. Beide waren noch vor dem 7. Oktober eingereicht worden. Die SPD zog ihren Antrag für eine Gedenktafel zum ehemaligen jüdischen Friedhof im Johannistal zurück, da die Errichtung einer Gedenkstele bereits für 2024 geplant ist. Ein Antrag für Gedenken an die ehemaligen Synagogen und Bethäuser wurde einstimmig beschlossen.
Die Stadtverwaltung ist nun damit beauftragt, an allen Orten, an denen sich ehemals Synagogen und Bethäuser befanden, öffentliche Sichtbarkeit zu schaffen. Die Form ist der Stadtverwaltung freigestellt, einen Zeitrahmen gibt es nicht.
„Viele wissen vermutlich gar nicht, wie viele Synagogen und Bethäuser es in Leipzig gab“, so SPD-Stadtrat Zenker zur Begründung des Antrags. „Deswegen finden wir es wichtig, nicht nur in der Gottschedstraße oder auch mit dem Plakat unweit der Gottschedstraße zur Erinnerung an die zweite große Synagoge zu erinnern. Die Synagoge in der Löhrstraße steht glücklicherweise noch. Wir wollen aber auch an die Orte erinnern, die nicht mehr stehen.“
Kulturbürgermeisterin Dr. Skadi Jennicke äußerte bereits, dass die Umsetzung aufgrund mangelnder „finanzielle und personelle Mittel“ einige Zeit in Anspruch nehmen könnte. Auch sei an manchen Orten die räumliche Möglichkeit einer Umsetzung nicht gegeben.
„Spuren“ von Nina K. Jurk
Mehr Diskussion gab es um einen Änderungsantrag der Grünen-Fraktion. Diese hatte vorgeschlagen, die Licht-Installation „Spuren“ von Nina K. Jurk ab 2024 jedes Jahr zeitweise aufzustellen. Die Installation hatte bereits im 2002 und in diesem Sommer zur jüdischen Woche 14 Orte ehemaliger Bethäuser und Synagogen markiert. Der Kontakt zur Künstlerin sei, so Grünen-Stadträtin Krefft, bereits aufgebaut und die Zustimmung eingeholt.
Dr. Skadi Jennicke äußerte Bedenken, ob das Festlegen einer bestimmten Kunstinstallation bereits zu sehr in Verwaltungshandeln eingreife. Trotzdem wurde der Antrag angenommen. Ob eine Umsetzung möglich ist, wird geklärt werden müssen.
Auf den nachts beleuchteten Stelen in Form von Tora-Rollen ist das Gedicht „Todesfuge“ des Dichters Paul Celan zu sehen.
Jüdisches Leben in Leipzig
1925 lebten in Leipzig etwa 13 000 Bürger*innen mit jüdischen Wurzeln. Zu dieser Zeit gab es 16 jüdische Gebetshäuser und Synagogen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren es nur noch 14. Leipzig deportierte 1938 als erste deutsche Stadt 5000 Jüdinnen und Juden an die polnische Grenze.
Heute besteht in Leipzig laut städtischen Informationen eine der größten jüdischen Gemeinden Ostdeutschlands mit 1300 Mitgliedern. Nicht alle Menschen mit jüdischen Wurzeln sind Mitglieder der Gemeinde.
Der jüdische Friedhof in Johannistal wurde 1814 angelegt. An der Außengrenze zur Stephanstraße wurde die Sternwarte Leipzig errichtet, die bis 1861 bestand. Der eigentlich unkündbare Pachtvertrag wurde 1937 vom städtischen Grundstücksamt gekündigt, die Verstorbenen zwangsweise exhumiert und auf den Friedhof in der Delitzscher Straße umgebettet. Heute sind von dem Friedhof nur noch wenige Mauer- und Torreste erhalten.
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