Da hat die Leipziger Ratsversammlung am 15. November etwas fertiggebracht, was so nicht funktionieren kann. Die Grünen-Fraktion hatte beantragt, das Dialogforum Leipziger Flughafen aufzulösen, weil es nach zehn Jahren Arbeit einfach keinen Sinn mehr ergibt. Es kann keine bindenden Beschlüsse fassen. Und an der Lärmbelastung rund um den Flughafen Leipzig/Halle hat sich auch nichts geändert. Im Gegenteil. Die ist nur noch größer geworden.
„Die Stadtverwaltung beendet das Dialogforum Flughafen Leipzig/Halle zum schnellst- bzw. nächstmöglichen Zeitpunkt. Die durch die Einstellung des Dialogforums eingesparten Kosten sind für den Aufbau und Betrieb der 2021 vom Rat beschlossenen drei kommunalen Fluglärm-Messstationen zu verwenden“, hatten die Grünen beantragt.
Für die Fraktion sprach Stadtrat Bert Sander, der auf die ganze Schwierigkeit dieses Dialogforums einging, das zwar offen ist für Dialog, wo man aktuelle Informationen austauscht. Aber es hat kein Mandat, irgendetwas zu beschließen und in die entsprechenden Gremien zu tragen, wo tatsächlich Änderungen bewirkt werden können.
Sander wies auch auf die jüngsten Entwicklungen hin, als der Flughafen in der Fluglärmkommission zugestehen musste, dass die Modellierungen zum Fluglärm am Flughafen Leipzig / Halle zumindest im Nordwesten Leipzigs bisher alle falsch waren und 2.000 Haushalte nach den jüngsten Messungen und Nachberechnungen das Recht auf Lärmschutzmaßnahmen bekommen.
Ein Thema, das auch im Dialogforum öfter angesprochen wurde, auch wenn die Stadt Leipzig sich jahrelang weigerte, eigene Messstationen anzuschaffen, um genau diese Fehlstellen am Flughafen nachzuweisen. Sonst hätten die Bewohner Lützschena-Stahmelns und von Teilen von Schkeuditz schon viel früher Schallschutzmaßnahmen bekommen.
Aber die Grünen, SPD-Stadtrat Andreas Geisler und mehrere Fluglärminitiativen waren schon im Frühjahr öffentlichkeitswirksam aus dem Dialogforum ausgetreten. Der Grünen-Antrag, das Forum aufzulösen, war nur die Folge dieser Austritte.
Was für ein Forum braucht man eigentlich?
Und Bert Sander skizzierte, wie eigentlich ein echter Alternativvorschlag der Verwaltung hätte aussehen können – nämlich das Bemühen um ein länderübergreifendes Dialogforum nach dem Vorbild des Flughafens Frankfurt/Main. Da hat es zwar auch Jahrzehnte gedauert, bis die betroffenen Bürger und Kommunen überhaupt so ein Dialogforum bekamen, in dem sie mit den Flughafenbetreibern auf Augenhöhe über Lösungen für den Fluglärm reden konnten.
Aber augenscheinlich setzen sowohl die sächsische Staatsregierung als auch das Flughafenmanagement selbst darauf, dass man diesen Prozess in Leipzig genauso lange verzögern kann. Zur Hälfte hatte dann Linke-Stadträtin Marianne Küng-Vildebrand durchaus recht, als sie in ihrer Rede darauf hinwies, dass die wesentlichen Entscheidungen zum Flughafen in Dresden getroffen werden.
Aber in der anderen Hälfte lag sie falsch, was schon erstaunlich ist. Wie kann man über die Verantwortung beim Flughafen Leipzig/Halle reden, wenn man nicht mal den Hauptverantwortlichen kennt?
Das ist weder Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD), der zumindest Mitglied im Aufsichtsrat der Mitteldeutschen Flughafen AG ist, noch Umweltminister Wolfram Günther (Grüne), der in dem Gremium nicht mal vertreten ist, sondern Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU), stellvertretender Vorsitzender in dem Gremium. Da Sachsen über 60 Prozent der Anteile hält, ist er der dort sozusagen der starke Mann.
Die Stadt Leipzig – durch OBM Burkhard Jung repräsentiert – ist mit ihren mickrigen Prozenten eher die kleinste Maus in dieser Speisekammer.
Aber was nutzt der Verweis auf Dresden und die Erzählung, wie schön man sich zehn Jahre lang im Dialogforum vertragen hat? Am Ende nichts.
Weiter so?
Dennoch schlug das Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung und Sport vor, das Dialogforum trotzdem fortzuführen. Was zumindest seltsam ist, wenn wichtige Akteure nun schon deutlich gemacht haben, dass sie es so nicht mehr wollen. Dass ihnen die „ergebnisoffene Diskussion“, wie Bert Sander es benannte, nach zehn Jahren nicht mehr genügt, dass sie ein „ergebnisorientiertes Forum“ wollen.
Dies skizzierte Sander in seiner Rede nur. Es stand so nicht im Antrag seiner Fraktion. Er hätte sich das gern als Alternativvorschlag von der Verwaltung gewünscht. Aber den gab es nicht.
Also wurde über den Grünen-Antrag zur Auflösung abgestimmt.
Und das Ergebnis war nicht nur durchwachsen. Es war geradezu irritierend. Denn nur 19 Stadträt/-innen stimmten dem Antrag auf Auflösung zu, 21 stimmten gegen die Auflösung, 14 enthielten sich. Was letztendlich heißt: Ein Dialogforum soll fortgeführt werden, an dem wichtige Akteure nicht mehr teilnehmen wollen. Und diejenigen, so Sander, die sich sowieso nicht im Forum engagierten, stimmten für die Fortsetzung, die sich engagiert haben, stimmten dagegen.
Das kann nicht funktionieren. Dieses Drama jedenfalls geht jetzt in die nächste Runde.
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Wir haben uns doch jetzt als europäische Demokratiehauptstadt beworben. Da wird jetzt alles gut!