Wenn Marlen Borchardt von „sich wehren“ spricht, geht es nicht darum, den Rechten den Boden mit noch mehr rechten Argumenten abzugraben. Es geht darum, ganz neue, realistische Erzählungen vom Osten zu bedienen. Die hat die Linke auch ganz dringend nötig.
Die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS), die später zur Partei Die Linke wurde, galt jahrelang als die Ostpartei schlechthin. Mittlerweile sinken die Wahlergebnisse rasant und die Partei muss um den Wiedereinzug in den Landtag im nächsten Jahr bangen. Das ist kein spezifisch ostdeutsches Phänomen, auch bundesweit sinken die Zustimmungswerte. Trotzdem sind die Voraussetzungen im Osten andere als in Westdeutschland.
Darüber, wie die Linke im Osten wieder Fuß fassen kann und woran es im Moment mangelt, habe ich mit Marlen Borchardt gesprochen. Marlen wurde in Magdeburg geboren und lebt in Leipzig. Sie studiert in Jena Soziologie und ist seit fünf Jahren beim Sozialistisch-Demokratischen Studierendenverband (SDS) organisiert und Mitglied der Partei Die Linke.
Dort hat sie angefangen, sich politisch und wissenschaftlich mit Ostdeutschland zu beschäftigen. In ihrem Studium beschäftigt sie sich mit der Transformation der Kindertagesstätten in der Wendezeit und Armut in Ostdeutschland. Zum 30-jährigen Jubiläum Bildungsreise für den Bundesverband SDS durch Ostdeutschland mitorganisiert, wo sie unter anderem den Linken-Kreisverband in Cottbus, die Lausitz und die Kali-Kumpels Bischofferode besuchten.
Du hast in deiner Vorstellung direkt als erstes gesagt, dass du aus Ostdeutschland kommst. Welche Relevanz hat das Ossi-Sein für dich selbst?
Eine sehr große. Die Diskussion um die „Identität Ost“ wird in der Politik und der Wissenschaft sehr vehement geführt. Ich habe eine private, subjektive Meinung dazu: Ich bin in Ostdeutschland geboren, ich bin Ossi, ich kann nicht aus meiner Haut. Wenn du nicht in Ostdeutschland geboren bist, bist du eben kein Ossi.
Objektiv kann ich aber schon verstehen, dass Identität durch mehr gebildet wird als die Frage, wo man geboren oder aufgewachsen ist. Ich würde sagen als Mensch und somit auch als Linke*r kann man sich nicht dem verwehren, dass man eine Beziehung zu einer Region oder einem gesellschaftlichen Zustand entwickelt. Dass man sagt: Ich bin dieser gesellschaftliche Zustand.
Was macht den gesellschaftlichen Zustand „Ostdeutsch-Sein“ aus?
Ich würde sagen, dass die ostdeutsche Identität nicht nur an eine DDR- und Wendeerfahrungen gekoppelt ist. An der Humboldt-Universität Berlin haben vor einigen Monaten Julian Heide, Thomas Lux und Steffen Mau eine Untersuchung gemacht, die im Jahrbuch Deutsche Einheit 2023 erschienen ist. Sie hat ergeben, dass die Wahrnehmung von Unterschieden zwischen Ost- und Westdeutsch nicht allein etwas mit der Vergangenheit zu tun hat, sondern auch mit dem aktuellen sozialen Status und Erleben.
Sie haben gemerkt, dass die Ostidentität sich von Alterskohorten löst. Nicht nur Menschen, die vor 89 geboren sind, haben eine Ostidentität, sondern auch diejenigen danach. Man muss also weniger nach Vergangenheit und kollektivem Gedächtnis suchen, obwohl das meiner Meinung nach trotzdem noch ein wichtiger Bestandteil ist. Ostdeutsch-Sein ist aber auch eine heutige Prägung.
Im bundesdeutschen Vergleich war die Linke (bzw. die PDS) in Sachsen immer recht stark, sie galt teils als eine Ostpartei schlechthin. In Sachsen ging es für sie nach der Wende bergauf, spätestens ab der Landtagswahl 2009 dann aber mehr oder weniger steil bergab. Woran liegt das deiner Meinung nach?
Um fair zu sein: Es gibt Genoss*innen, die seit Jahrzehnten hier in Ostdeutschland aktiv sind und das Ganze aus erster Hand erlebt haben. Deshalb halte ich mich da immer etwas zurück.
Ich würde sagen, dass es der Linken nicht mehr gelingt, zu manifestieren, wofür sie lange stand. Mein Eindruck von der PDS, ist, dass sie sich in den 90ern aktiv an die Seite derjenigen gestellt hat, die gegen die schlimmsten Auswirkungen der Transformation angekämpft haben.
Zum Beispiel in Bischofferode bei den Kali-Kumpels. Eine der Personen, die damals den Streik angeführt hat, wurde später parteiloser Kandidat für die PDS. Da hat es die Linke geschafft, sich zu kümmern, aber gleichzeitig auch überzeugend mit den Leuten zu kämpfen. Man könnte denken, dass die Ausgangsbedingungen damals schlechter waren, denn die PDS hatte noch gar nicht ihr SED-Erbe verarbeitet. Trotzdem konnte sie authentisch auftreten und die Leute als eine Ostpartei überzeugen.
Das muss in den 2000ern verloren gegangen sein. Natürlich hat sich 2007 viel verändert. Die WASG und andere Akteure kamen hinzu. Das Profil hat sich verändert. In den 2010ern haben wir immer weiter an Stimmen verloren. Ich denke, dass wir es damals nicht mehr geschafft haben, als Anti-System-Partei aufzutreten, wie die PDS es gemacht hat. Die PDS war das Überbleibsel aus dem DDR-Staat, niemand hat ihr abgenommen, dass sie eine kapitalistische Partei ist.
Die Linke kann sich prägnant und pointiert äußern, wenn es um soziale Gerechtigkeit geht. Aber wir werden nicht mehr wirklich als Mitstreiter der Abgehängten und Ausgebeuteten wahrgenommen. Das hat meiner Meinung nach etwas damit zu tun, wie wir auftreten und in der Bevölkerung – kaum – verankert sind.
Ich habe auch den Eindruck, dass es der Linken nicht an guten Positionen fehlt, zum Beispiel was Klima oder Soziales angeht. Gerade im Osten hat die AfD den Frust über die Krisen der vergangenen Jahre deutlich besser für sich instrumentalisieren können. Woran liegt das?
Die Leute kaufen uns unsere Positionen nicht mehr ab und sie denken, dass wir keinen Plan für die Umsetzung haben. Das liegt daran, dass wir als eine sehr zerstrittene Partei wahrgenommen werden und da ist meiner Meinung nach etwas dran. Der Flügel rund um Sahra Wagenknecht hat in den letzten Jahren oftmals demokratische Parteibeschlüsse ignoriert. Und damit gab es widerstrebende Kräfte innerhalb der Partei.
Mit der Ankündigung Sahra Wagenknechts eine eigene Partei gründen zu wollen, öffnet sich jetzt aber ein Fenster, um unseren Kompass in der Öffentlichkeit neu auszuloten und klar und eindeutig Position zu beziehen.
Wenn die Linke nicht mehr mit den Leuten auf der Straße ist, wo ist sie dann?
Ich würde sagen, dort wo Kreisverbände aktiv sind, ist die Linke durchaus mit den Leuten auf der Straße. Hier in Leipzig haben wir in den letzten anderthalb Jahren viele Demos auf die Straßen gebracht, beispielsweise am 5. September letztes Jahr. Es gibt auch noch andere aktive Kreisverbände in Stuttgart, Göttingen oder Berlin.
Durch die lange Zeit der Selbstbeschäftigung und Streitigkeiten ist in der Fläche aber definitiv eine Lethargie entstanden. Unsere Prioritäten sind uns oftmals nicht klar. Wenn ich mit Genossen in Leipzig spreche, die seit Jahrzehnten hier aktiv sind, bekomme ich den Eindruck, dass die auch den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen. Wir brauchen aber klare Analysen darüber, welche Themen wir wann und warum in die erste Reihe stellen. Dann können auch unsere Genoss*innen sich selbstbewusst auf die Straße begeben.
Ich denke, dass die Linke das eigentlich gut beheben kann. Ich denke, dass vielen die Relevanz der Linken in den Parlamenten bekannt ist und dass viele nervös werden bei der Aussicht, dass sie bei den nächsten Wahlen aus den Parlamenten fliegen könnte. Auch einige, die Gründen hatten sie in den letzten Jahren nicht zu wählen oder zu unterstützen.
Denkst du, dass es eine spezifische ostdeutsche Identität gibt, die die Linke abholen kann?
Die Linke muss eine ernsthafte Anti-System- oder Anti-Establishment-Partei sein.
Die AfD tritt gerade als Anti-Establishment-Partei auf und sagt, sie würde aussprechen, was alle denken. Sie würde diejenigen verteidigen, die gerade stigmatisiert und kleingemacht werden. Im Sinne von: Ihr lebt schon unter prekären Bedingungen und jetzt sagen sie euch auch noch, ihr sollt das Auto in der Garage stehen lassen. Damit trifft sie einen neuralgischen Punkt.
Ich denke, dass die Linke viel mehr ein Narrativ entwickeln sollte, der Ossis, die sich wehren – und damit kann die Linke auch an zahlreiche Erfahrungen der Nachwendezeit anknüpfen!
Ich habe den Eindruck, dass viel immer in dieser Verlierer-Identität der Gebeutelten und Abgehängten steckenbleibt. Ich würde lieber über die Ossis sprechen, die bei „Teigwaren Riesa“ einen siebenwöchigen Streik geführt haben oder über die LVB-Kolleg*innen hier in Leipzig, die in der letzten Tarifvertrag öffentlicher Dienst-Runde beeindruckend gestreikt haben und das wahrscheinlich im nächsten Januar wieder tun werden.
Ich möchte über die Kolleg*innen am Flughafen und bei Amazon reden oder über Mieter*innenbewegungen in Anger-Crottendorf. Ich will darüber nachdenken, wie die Linke mit den migrantischen Communities in Ostdeutschland gemeinsam Politik machen und ihre Kämpfe unterstützen kann. Und aus Perspektive des SDS geht es uns natürlich auch um die Studis und das Campusleben an ostdeutschen Unis.
Da wo sich die Ostdeutschen gegen die Strukturen, die sie seit Jahren bedrängen, zur Wehr setzen, müssen wir die Narrative entwickeln. Die Linke könnte immer sehr gut Missstände benennen. Wir müssen aber auch einen Weg aus den Missständen hinausdeuten und dazu einladen, ihn zu erkämpfen.
Das letzte Mal „Transformation“ war für die Ostdeutschen nicht so toll. Für viele war das eine krasse Abwertung. Würdest du sagen, dass es in Ostdeutschland eine Art „Transformationsangst“ gibt?
Auf jeden Fall. „Strukturwandel“ ist ein Unwort in Ostdeutschland, vor allem in Regionen wie der Lausitz. Die hatten einen doppelten Strukturwandel: Sowohl einen systemischen als auch einen Wandel der traditionellen Kohleregionen.
Ich würde genau dort ansetzen. Wir haben doch miterlebt, wie uns ein demokratisches Mitbestimmungsrecht an der Transformation versagt bleibt. Also müssen wir es jetzt erkämpfen.
Gleichzeitig würde ich vorsichtig damit sein, zu viel zu versprechen. Ich bin der Meinung, dass die Linke eine Oppositionspartei sein sollte. Da bist du genauso in der Verantwortung wie eine Regierungspartei. Ich finde, dass wir von einer „Messias-Politik“ wegkommen sollten. Weg von dem Service-Verhalten der Partei, hin zu einem gemeinsamen Wir.
Ich habe den Eindruck, dass es viele unterschiedliche Positionen in der Linken gibt. Die einen wollen einen sozialeren Kapitalismus. Die anderen wollen die Linke nutzen, um Menschen zu organisieren und langfristig über Partei und Staat hinauszukommen. Gibt es eine gemeinsame Ansicht, wohin die Linke will?
Grundsätzlich existiert das Erfurter Parteiprogramm als deutliche politische Basis und darin verschreibt sich die Linke dem Aufbau eines demokratischen Sozialismus. Ich denke, das ist auch die grundlegende Motivation aller Genoss*innen. Nicht alle sind beinharte Marxist*innen, aber es sind über 50.000 Menschen, die für einen demokratischen Sozialismus streiten.
Ich denke, dass viele gern in Regierungsverantwortung etwas verändern würden. Da müssen wir ehrlich den Dialog suchen und fragen: Wie hat das mit der Regierungsbeteiligung in den letzten zwanzig Jahren denn so geklappt?
Meine Oma hat es letztens sehr passend zusammengefasst: Die Linke macht jetzt eine Podiumsdiskussion über den Rechtsruck in ihrem Wohnort in Thüringen. Der Rechtsruck interessiert sie aber gar nicht, viel lieber möchte sie Antworten zu Altersarmut haben. Macht sich hier exemplarisch eine Zersplitterung der Linken zwischen Stadt und Land, Bewegung und Partei, Altlinken und Neulinken bemerkbar?
Auf dem Land, aber auch in vielen ostdeutschen Städten, ist die AfD mittlerweile normalisiert. Das müssen wir uns eingestehen. Wenn man mittlerweile über einen moralischen Zweig kommt und sagt „Das sind doch Nazis.“ dann antworten einem die Leute „Dann bin ich eben auch ein Nazi“. Da ist ein Trotz und eine Resistenz, die sich nicht so leicht auflösen lassen wie noch vor sieben Jahren.
Die sozialen Probleme haben sich tief eingefressen und die Menschen erhoffen sich nun Veränderung und Hilfe durch die AfD. Der Kampf um soziale Gerechtigkeit wird auch den Kampf gegen rechts voranbringen. Aber bloß zum antifaschistischen Kampf aufzurufen, das lockt nicht mehr viele Leute hinter dem Ofen hervor. Das funktioniert hier in Leipzig, da kann man mit den Studis noch was auf die Beine stellen.
Das ist schon nicht mehr das gleiche wie zum Beispiel der No Legida-Protest, wo wirklich eine breite Masse auf der Straße war.
Ja, wir müssen jetzt beweisen, dass die AfD keine guten Antworten auf die sozialen Missstände hat – die Linke aber schon. Ich habe letztens Plakate gesehen, da stand drauf „Ich wollte nur mal protestieren, jetzt darf meine behinderte Tochter nicht mehr in die Schule“ oder „Ich wollte weniger Steuern zahlen, jetzt zahle ich so viel wie noch nie“. Einfach um den Leuten klarzumachen, dass die AfD die Probleme nicht lösen, sondern verschlimmern wird.
Muss die AfD vielleicht nur einmal entzaubert werden? Das ist natürlich gefährlich, wenn man anfängt, so zu denken.
Definitiv dürfen wir die Menschen nicht moralisch angreifen. Wenn die Ossis etwas über haben, dann ist es das. Ihre Moral wird schließlich seit über 30 Jahren verteufelt.
Wenn Sahra Wagenknecht die Partei auf die eine oder andere Art verlässt, wird sich das Problem nicht von selbst lösen. Welche neuen Wege müssen, besonders im Osten, gegangen werden?
Wenn Wagenknecht eine eigene Partei gründet, dann bedeutet das hier in Ostdeutschland erstmal Verluste, möglicherweise bangen wir auch um den Wiedereinzug in den sächsischen Landtag. Ich weiß es nicht genau.
Ich finde es gut, wenn sie geht. Dieses Hin und Her muss ein Ende finden. Es gibt da andere Positionen, die verstehe ich auch. Ich denke aber, dass sie gerade hinsichtlich des Antirassismus Positionen hat, die in der Partei untragbar sind. Wir können auch einige Positionen, die wir mehrere Jahre in der Partei sehr integer bespielt haben, nicht mehr bespielen, weil sie sie in die rechte Ecke drängt, wie Friedenspolitik und Antimilitarismus.
Eine Friedensdemo mit Alice Schwarzer beispielsweise, zu der AfD-Mitglieder nicht explizit ausgeladen werden, ist ein Problem. Sie macht der Partei damit mehr Probleme, als dass sie etwas beiträgt. Ich finde auch ihre Promi-Allüren sehr anstrengend.
Und welche Wege muss die Linke auch neben den Wahlen noch gehen?
Sie muss es schaffen, die Schlappe zu ertragen und sich dann wieder zu fokussieren. Sie muss schauen, was sie den Kämpfen in den Betrieben und den sozialen Bewegungen bieten kann. Ich weiß nicht, wie das konkret in Ostdeutschland aussehen kann, aber sie muss vor allem linke Projekte unterstützen und ihnen eine Perspektive anbieten. Sie steht nicht an der Spitze jeder Demo und organisiert nicht direkt die Leute in den Betrieben, aber sie braucht eine Rolle all diesen Auseinandersetzungen.
Vielleicht auch so, dass man nicht direkt Mitglied werden muss. Wir müssen es hinbekommen, die Menschen wieder aus den gesellschaftlichen Kämpfen heraus zu organisieren. Wir müssen der Polemik einer Sahra Wagenknecht echte Klassenpolitik entgegenstellen. Der Knackpunkt liegt darin, wieder einen Gebrauchswert zu entwickeln als Partei. Was können wir den Leuten Konkretes anbieten?
Darin haben wir keine Übung mehr. Was macht eine Partei denn, wenn die Beschäftigten im öffentlichen Dienst drei Tage streiken? Wenn man da mit Fahne zum Streikposten kommt, haben die Leute direkt gar keinen Bock auf dich. Da braucht man ein dickes Fell, das muss man aushalten, und dann muss man den Leuten zeigen, dass man es ernst meint, und ihnen zum Beispiel auch parlamentarisch den Rücken stärken.
Oder auch: Was kann man einer kleinen antifaschistischen Gruppe auf dem sächsischen Land an Geld und Strukturen bieten. Würden sie einen Kreisverband der Linken gründen, hätten sie einen Haufen Geld und Strukturen und es würde ihnen niemand in ihre Politik vor Ort reinreden.
Was sind deiner Meinung nach die vielversprechendsten linken Projekte?
Ich glaube, dass gerade viele Arbeitskämpfe auf uns zukommen. Unter Arbeitssoziologen wird gerade diskutiert, dass ein Generationenwechsel in den Betrieben stattfindet. Die Wendenotgemeinschaft zwischen Unternehmern und Arbeitern ist inzwischen aufgelöst. Die Menschen sind nicht mehr bereit, geringe Löhne und schlechtere Arbeitsbedingungen hinzunehmen, wie es die Generation davor vielleicht noch war, weil sie mit Arbeitslosigkeit konfrontiert war.
Da steckt Potenzial drin. Es kommt viel auf uns zu. Bei Teigwaren Riesa oder der LVB deuten sich kleine Funken an, die mit den Jahren wachsen können. Aus dem Kampf um und den Sieg über ihre Arbeitsbedingungen können die Ossis wieder Selbstbewusstsein schöpfen.
Dabei ist es dann eben auch wichtig, dass die Linke in Zukunft die Ostdebatte nicht allein auf die älteren Generationen aufbaut, weil sie die Wende erlebt haben oder lange die Partei getragen haben. Auch in Zukunft soll eine breite Mitgliederbasis in Ostdeutschland die Partei verkörpern. Die jungen Ossis sind in den Betrieben, aber ebenso an den Unis und den sozialen Bewegungen.
Auch die Klimabewegung wird sicherlich noch viel liefern in den nächsten Jahren und das muss die Linke unterstützen. Wir sind deutlich grüner als die Grünen, aber das ist nach außen hin nicht so sichtbar.
Und je nachdem wo es mit der AfD noch hingeht, muss sicherlich auch ein Anti-Rechts-Protest wieder belebt werden. Ich glaube, dass gerade viele Menschen sehr enttäuscht sind von den Ampelparteien, was man ja auch daran merkt, dass es seit der GEAS-Reform in der SPD- und Grünenbasis ordentlich rumort. Auch da steckt Potenzial für den Wiederaufbau einer starken Linken drin. Das wird nicht innerhalb von wenigen Monaten das Ruder rumreißen, aber es werden zumindest Inseln des Widerstands sein.
„Interview mit Marlen Borchardt: „Die Linke braucht ein Narrativ der Ossis, die sich wehren“ erschien erstmals zum thematischen Schwerpunkt „Identität Ost“ im am 27.10.2023 fertiggestellten ePaper LZ 118 der LEIPZIGER ZEITUNG.
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