Die Stadt will etwas gegen den knappen Wohnraum unternehmen. Gemeinsam haben Grüne, Linke und SPD dafür einen Antrag im Stadtrat durchgebracht. Der soll die bürokratischen Hürden für Wohnungsbauinvestor*innen in Leipzig erleichtern, indem er eine*n Wohnungsbaukoordinator*in einsetzt. Die Debatte im Stadtrat war jedoch hitzig und CDU, AfD und Freibeuter stimmten dagegen.
„Wir brauchen eine Ansprechperson für Investierende, die sich um verwaltungsinterne Abstimmungsprozesse kümmert. Sie soll rechtliche und fachliche Fragen frühzeitig mit Vorhabenträgern und zwischen den Fachdezernaten abstimmen. Dadurch soll Prozesse beschleunigt und verschlankt werden“, so Dr. Tobias Peter von der Grünen Fraktion, der den Antrag einbrachte.
Auch OBM Burkhard Jung stimmte dagegen. Der Grund: Er wollte nicht, dass der*die Wohnungsbaukoordinator*in bei ihm angesiedelt wird, sondern direkt im Baudezernat. Grund für die Ansiedlung beim Oberbürgermeister wäre es laut SPD Fraktion gewesen, den Wohnungsbau zur „Chefsache“ zu machen und ein weiteres Gegeneinander-Arbeiten der unterschiedlichen Ämter zu verhindern. Finanziert werden soll die Stelle aus dem Budget des Baudezernats.
Deutsche Bürokratie verlangsamt Wohnungsbau
Beim Neubau von Häusern und Wohnungen müssen unterschiedliche Dezernate zusammenarbeiten. Unter anderem geht es dabei um zunehmende Fragen von Lärmschutz, Artenvielfalt oder Baukultur, die unter einen Hut gebracht werden müssen. Die Zusammenarbeit zwischen den Dezernaten, die für die jeweiligen Themenbereiche zuständig sind, gestaltet sich aber teilweise schwierig.
Nach eigener Prognose benötigt die Stadt bis 2030 jährlich rund 2.000 neue Wohneinheiten. Im Jahr 2022 wurden in der Stadt laut Verwaltungsstandpunkt 2.659 Wohneinheiten durch Neubau oder Sanierungen geschaffen.
Deshalb hat das Baudezernat bereits selbst vorgeschlagen, dass ab Großprojekten von 50 Wohneinheiten sogenannte Wohnbaukonferenzen die Kommunikation zwischen den Dezernaten verbessern und eine Clearingstelle Probleme frühzeitig erkennen und klären soll. Wohnungsbaukorrdinator*innen gibts es schon deutschlandweit in größeren Städten wie Hamburg und Stuttgart.
Das Einhalten gerade von Umweltvorschriften ist dabei relevant und darf nicht aus Entschlackungsgründen weggelassen werden, wie Dr. Peter betonte: „Wir können aber nicht einfach Umweltstandards fallen lassen. Wenn wir das machen, dann zahlt die öffentliche Hand doppelt und dreifach. (…) Wir müssen deshalb Prozesse verbessern.“
„Es hätte des Antrags nicht bedurft“
OBM Burkhard Jung sagte, dass die Stadt bereits dabei sei, eine*n Wohnungsbaukoordinator*in einzurichten. Auch habe man unter anderem mit seinem Vorsitz im Bündnis bezahlbares Wohnen das Problem Wohnraum in Leipzig schon zur Chefsache gemacht. Deshalb hätte es den Antrag nicht gebraucht. Er sprach sich gegen eine Ansiedlung der*s Koordinator*in in seinem Amt aus.
Angedacht ist auch eine Evaluation der Arbeit eines*r Wohnungskoordinator*in in einem Jahr. Die Stelle soll noch in diesem Jahr ihre Arbeit beginnen.
Kritik von CDU und AfD
Falk Dossin (CDU) plädierte dafür, dass die aufgrund schwindender Investitionen im Baudezernat weniger beschäftigten Stellen die Arbeit von Wohnungsbaukoordinator*innen übernehmen könnten. Seine Fraktionskollegin Dr. Sabine Heymann forderte eine „Kultur des Zusammenarbeitens“ zwischen den Ämtern durch ein „Verständnis des Wollens“ und die Digitalisierung. Eine einzige Stelle könne das Problem nicht beheben.
Die AfD verwendete ihre Redezeit dafür, sich an der genderneutralen Sprache des Antrags abzuarbeiten und Umweltstandards für unwichtig zu erklären. Umweltstandards sind jedoch wichtig, denn wenn sie ignoriert werden, dann profitieren vor allem private Investor*innen von den niedrigeren Kosten des Bauens, während die öffentlichen Kassen später die Schäden aufgrund der Umweltbelastung ausgleichen müssen.
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