Sie waren eine Idee mitten aus der Corona-Zeit: Schanigärten. Vorbilder waren München und Wien. Wenn der Aufenthalt in Innenräumen wegen einer Corona-Epidemie zu gefährlich ist, ergibt es natürlich Sinn, den Gastwirten mehr Freiraum vor dem Restaurant einzuräumen. Nicht nur auf (breiten) Gehwegen, sondern auch auf Parkflächen. Das sind dann Schanigärten. Und die SPD-Fraktion wollte wissen, wie viele es nun in Leipzig gibt.

Vorhergegangen war eine Anfrage im März 2023, die von dem Gefühl getragen war, Leipzig bekommt es auch im Jahr 2023 nicht hin, den Gastwirten die Möglichkeit von Schanigärten einzuräumen. Doch das Verkehrsdezernat teilte auf die besorgte Nachfrage mit, dass inzwischen auch die Verwaltungsprozesse geklärt seien, es also losgehen könnte.

„Der Beschluss ist durch Änderung der Verwaltungspraxis bereits umgesetzt. Seit dem Ratsbeschluss im letzten Jahr können Sondernutzungserlaubnisse in Parklücken beantragt werden. Im Rahmen von Freisitz- und Schanigärtenanträgen werden durch das Ordnungsamt proaktiv die Möglichkeiten aufgezeigt, Freisitze vom Gehweg auf eventuell vorhandene und geeignete Parkbuchten oder geeignete Fahrbahnflächen zu legen. Eine Ablehnung erfolgt nur im Einzelfall, soweit Gründe der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs einer Erlaubnis entgegenstehen“, erklärte das Baudezernat.

„Unabhängig von der schon bestehenden Möglichkeit der Antragstellung wird der Begriff Schanigärten mit in die Sondernutzungssatzung aufgenommen, die im Entwurf vorliegt. Sogenannte Parklets werden als gebührenfreier Tatbestand aufgenommen. Der Leitfaden zur Gestaltung von Freisitzen auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen befindet sich zudem in der Überarbeitung durch die Fachämter. Zum Start der Freisitz-Saison wird es in geeigneter Weise Öffentlichkeitsarbeit zu den Möglichkeiten der Freisitzgestaltungen geben.“

Nur ein Antrag wurde abgelehnt

Im Sommer aber wollte die SPD-Fraktion dann wirklich wissen, ob es auch umgesetzt wurde: „Wie viele Schanigärten und Stellflächen für Nachbarschaften und Kultur wurden seit Anfang des Jahres beantragt?“

„Im Jahr 2023 wurden bei der Gewerbebehörde bisher insgesamt 48 Anträge für Freisitze von Gaststätten gestellt, bei denen die beantragten Flächen ganz oder teilweise ‚Schanigärten‘ waren“, teilte nun das Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung und Sport mit. Nur ein Antrag wurde nicht genehmigt.

Was am 20. September dann SPD-Stadtrat Christopher Zenker zu der Nachfrage brachte, warum dieser eine Antrag nicht genehmigt wurde. Der Grund, so Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal, sei die beantragte Lage an einer Hauptstraße gewesen. Da habe das Verkehrsdezernat seine Zustimmung nicht gegeben.

Was Zenker wieder wunderte, da der Stadtrat Schanigärten an Hauptverkehrsstraßen nicht explizit ausgeschlossen hatte.

Aber in der Antwort der Verwaltung wurde dieser Problemfall auch recht ausführlich besprochen. Denn ein Freisitz direkt an einer Hauptstraße kann auch sehr gefährlich werden.

Konkret zur Ablehnung heißt es dort: „Für die unter Nr. 4 genannte Ablehnung zur beabsichtigten Errichtung eines Freisitzes in Form eines ‚Schanigartens‘ waren die örtlichen Gegebenheiten maßgeblich. So liegt der hierfür vorgesehene Parkplatzbereich an einer Hauptverkehrsstraße und zudem in einer ausgewiesenen Kurzzeitparkzone.“

Entscheidungen jeweils im Einzelfall

Aber auch im Allgemeinen versucht die Stadt mit den Genehmigungen, mögliche Gefährdungen auch für die Gäste in Schanigärten auszuschließen.

„So hat zwischen der Sicherheitsbehörde, insbesondere unter Einbindung der Gewerbebehörde, und dem VTA, federführend begleitet durch das SG Sondernutzung, ein Abstimmungstermin stattgefunden, bei dem nachfolgende Festlegungen im Zusammenhang mit Freisitzen in Form von ‚Schanigartens‘ getroffen wurden“, erläutert das Ordnungsdezernat.

„So kann ein Freisitz in Form eines ‚Schanigartens‘ nicht genehmigt werden, wenn:
– sich der Parkbereich unmittelbar an einer Hauptverkehrsstraße befindet,
– die vorgegebene Höchstgeschwindigkeit über 30 km/h liegt,
– es sich bei dem Parkbereich um einen Kurzzeitparkplatz handelt.

Vorsorglich ist anzumerken, dass es sich dennoch bei jeder Antragsprüfung um eine Einzelfallentscheidung handelt.

Die Gründe für die ersten beiden Punkte beruhen auf den sicherheitsrelevanten Aspekten zum Schutz der Gäste im Bereich des Freisitzes. In Hinblick auf die Kurzzeitparkbereiche ist auf die örtlichen Gegebenheiten abzustellen. So sind umliegende Geschäfte zu berücksichtigen, denen die Kurzzeitparkplätze für den Kundenverkehr dienen. Weiterhin sind alternative Parkplatzmöglichkeiten im näheren Umfeld zu beachten, welche Ausweichmöglichkeiten bestehen. Es darf keine Benachteiligung der Allgemeinheit, anderer Geschäfte, vor allem anderer Gastronomen sowie der Vielzahl an weiteren Nutzern der Kurzzeitparkplätze wie Kunden, Lieferanten, Handwerkern etc. entstehen.“

Aber der Sicherheitsaspekt ist wohl der wichtigste dabei, auch dann, wenn es sich um eine Straße wie die Karl-Liebknecht-Straße handelt, wo es zwar schon jede Menge Cafés und Restaurants gibt, aber auch schon aufgrund geparkter Autos die Einsicht in die Straße schwierig ist – für Fußgänger genauso wie für Autofahrer. Ein Schanigarten direkt an der Straße würde das noch verkomplizieren.

Man findet dort trotzdem einen Schanigarten – nämlich in einer Seitenstraße an einer Bar an der Ecke KarLi und Arndtstraße.

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