Zum โAktionsprogramm Radverkehr 2023/24โ der Stadt Leipzig hat die Fraktion Freibeuter einen รnderungsantrag eingebracht. Dieser ist seltsam, er lรคsst Fragen offen. Die Intention des Antrages kann man verstehen, das macht ihn aber nicht besser, es geht hier um ein generelles Problem.
Der Text im Antrag der Freibeuter lautet: โSofern sich auf Grund von Maรnahmen im Handlungsfeld 1 Infrastruktur die Fahrbahnbreite zwischen Radweg und Straรenbahnschienen soweit reduziert, dass fรผr den Wirtschaftsverkehr ein Anhalten ohne Behinderung der Straรenbahn nicht mehr mรถglich ist und eine Genehmigung zum Anhalten auf dem Radweg nicht erteilt werden kann, bedรผrfen die Maรnahmen im Einzelfall der Zustimmung durch den Stadtrat.โ
Vorlage zum Aktionsprogramm Radverkehr 2023/24.
Was soll der Stadtrat entscheiden?
Geht man vom Antragstext aus, dann soll die Stadtratsmehrheit entscheiden, ob ein Radweg gebaut bzw. markiert werden darf, der den Wirtschaftsverkehr, also auch u.a. die Belieferung von Geschรคften, unmรถglich macht.
Es gibt bei den beschriebenen Straรen, beim jetzigen Verfahren, ja nur die Varianten, dass der Wirtschaftsverkehr entweder auf dem Radweg bzw. Gehweg anhรคlt, oder die Straรenbahn blockiert. Die zweite Variante ist generell verboten, StVO ยง 12 (4) โIm Fahrraum von Schienenfahrzeugen darf nicht gehalten werdenโ. Das Halten bzw. Parken auf Radwegen oder Schutzstreifen ist ebenfalls verboten und wird mit Buรgeldern geahndet.
Ausnahmeregelungen kรถnnen generell nur von der Straรenverkehrsbehรถrde (StVO ยง 46) erteilt werden.
Der Stadtrat kann also nur entscheiden, ob ein Radweg oder Schutzstreifen eingerichtet wird. Das ist durchaus problematisch, es richtet sich nach den momentanen Mehrheiten.
Warum gibt es offene Fragen?
Man sollte doch annehmen, wenn man es nicht besser wรผsste, dass fรผr eine Straรe, in der ein Radweg/Radfahrstreifen eingerichtet wird, die Betrachtung fรผr die anderen Verkehrsarten ebenso stattfindet, also auch fรผr den Wirtschaftsverkehr. Befinden sich in der Straรe Geschรคfte, Gastronomie oder andere Gewerbeeinheiten, dann ist die Andienung sicherzustellen. Das ist eine originรคre Aufgabe der zustรคndigen รmter der Stadtverwaltung, nicht die des Stadtrates.
Wie das im konkreten Fall mรถglich ist, kann durchaus von Straรe zu Straรe variieren. Die Einrichtung von Lieferzonen oder, wie von den Grรผnen beantragt, die Freihaltung der ersten Parkplรคtze in den Seitenstraรen fรผr den Lieferverkehr sind Mรถglichkeiten. Wobei bei letzterer Variante auch der Zustand der Gehwege einbezogen werden muss, viele davon sind fรผr Warentransport z.B. mit Hubwagen nicht geeignet.
Selbstverstรคndlich sind u.a. auch Regeln fรผr Umzugsunternehmen, hier die Aufstellung eines Schrรคgaufzugs, zu erarbeiten. Ganz einfach wird das nicht, aber notwendig ist es.
Was wรคre sinnvoll?
Sinnvoll wรคre ein Antrag, wonach im oben beschriebenen Fall ein Konzept fรผr die Andienung durch den Wirtschaftsverkehr, in Verbindung mit der Einrichtung eines Radweges oder Radschutzstreifens, zu erarbeiten ist.
Erst dann hรคtte ein Stadtratsbeschluss รผber einzelne Maรnahmen Sinn โ obwohl, dann brauchte es wahrscheinlich keinen solchen mehr. Die Klรคrung offener Fragen wรคre in den zustรคndigen Fachausschรผssen mรถglich.
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Es gibt 2 Kommentare
Der Antrag mag rechtswidrig sein, das Thema jedoch entsprechend wichtig. Radwege finde ich wichtig und richtig (allerdings nicht, dass man sich an Ampelkreuzungen wieder den Straรenraum mit den Autos teilen muss). Jedoch sorgen Radwege dafรผr, das an Straรenrรคndern nicht mehr gehalten werden kann. Anlieferzonen werden in den seltensten Fรคllen eingerichtet, hier bedarf es unbedingt entsprechender Konzepte. Ich hรถrte auch schon von Unternehmen, dass z. Bsp. Containerstellungen auf dem Dittrichring aufgrund des neuen Radweges nicht mehr mรถglich sind. Hier mรผssen Ideen und Lรถsungen her.
Der Antrag in der vorliegenden Form ist rechtswidrig. รber verkehrsrechtliche Anordnungen entscheiden einzig die Straรenverkehrsbehรถrden nach Anhรถrung. Der Gesetzgeber wรผnscht ausdrรผcklich nicht, dass die Kommunalpolitik sich in geltendes Straรenverkehrsrecht einmischt. Daher beschlieรt die Ratsversammlung seit Jahren immer mal wieder Prรผfauftrรคge an die Straรenverkehrsbehรถrden, u.a. zu Tempo 30.