Deutschland ist unterfinanziert. So deutlich muss man es immer wieder sagen. Es ist zwar eines der reichsten Länder der Erde, bekommt aber weder seine Schulden noch seine Investitionen in den Griff, weil ein Bundesfinanzminister nach dem anderen das falsche Märchen von der „Schwarzen Null“ erzählt. Und darunter leiden auch die Kommunen, was in der Leipziger Wärmeplanung ein weiteres Mal sichtbar wird.

Die Linksfraktion wollte zur vergangenen Ratsversammlung am 20. September gern schon einmal wissen, wie teuer eigentlich der Umbau der Wärmeversorgung in Leipzig wird. Es ist zwar ganz schön, wenn die Stadt eine Wärmeplanung vorlegt. Aber die ergibt – genauso wie beim Nahverkehrsplan – nicht viel Sinn, wenn gar kein Geld für den Umbau der Wärmeversorgung zur Verfügung steht. Oder zu wenig.

Aktuell arbeitet die Verwaltung, in Federführung das Referat Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz, an der Erarbeitung des kommunalen Wärmeplans. Beauftragt hatte das der Stadtrat 2022.

Wesentliche Informationen zur Projektorganisation, dem Zeitplan und Antworten auf sich immer wieder ergebenden Fragen aus der Öffentlichkeit enthält die dazu eingerichtete gemeinsame Projektwebsite www.waerme-fuer-leipzig.de.

„Zum aktuellen Zeitpunkt ist die Bestandsanalyse sowie die Potenzialanalyse abgeschlossen“, teilt das Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung und Sport in seine Antwort auf die Anfrage der Linken mit. „In Entstehung ist nun der zentrale Punkt der Wärmeplanung, die Szenarienentwicklung, bei der die Ergebnisse der Potenzialanalyse miteinander verschnitten werden, um entsprechend dem aktuellen Bundesgesetzesentwurf (Wärmeplanungsgesetz) die optimale Lösung aus Wirtschaftlichkeit, Klimawirkung und Versorgungssicherheit für jedes Gebiet zu ermitteln.“

Allein die LWB rechnet mit 800 bis 1.100 Millionen Euro

Aber was kostet das dann? Das war die Antwort der Verwaltung nicht zu entnehmen, wie Linke-Stadtrat Steffen Wehmann feststellen konnte.

Die Aussage dazu blieb mehr als schwammig: „Die Stadt Leipzig wird bis Ende des Jahres 2023 mit der Stadtwerke Leipzig GmbH (LSW) und der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) abgestimmte Eckpunkte zur kommunalen Wärmeplanung erarbeiten. Diese Eckpunkte werden verschiedene Ausbau- und Sanierungsszenarien enthalten, auf deren Grundlage die notwendigen Investitionsvolumina zu quantifizieren sind. Die Kosten und Investitionen für die Beteiligungsunternehmen, insbesondere für die LSW, die Netz Leipzig und die LWB werden aktuell erarbeitet und werden mit den Eckpunkten näherungsweise vorgelegt.“

Lediglich ein städtisches Unternehmen hat schon einmal eine grobe Schätzung für die dafür anfallenden Kosten vorgelegt – die städtische Wohnungsbaugesellschaft LWB: „Dem vorausgehend existiert seitens der LWB bereits eine erste Abschätzung zur energetischen Ertüchtigung ihrer Gebäude. Nach aktuellen überschlägigen Bedarfsanalysen bei barwertiger Betrachtung liegen die Kosten zwischen ca. 600 Millionen bis 800 Millionen Euro.

Unter der Annahme, dass sich der Transformationsprozess planmäßig bis mindestens 2038 erstrecken wird, sind diese Baukosten zu indexieren: Der grobe Kostenüberschlag läge unter der Annahme eines Baukostenindex von 3,5 % p. a. und einer gleichmäßigen Umsetzung der energetischen Ertüchtigung ebenfalls bis 2038 in einer Bandbreite zwischen ca. 850 Millionen Euro und 1.100 Millionen Euro. Der hier benannte Kostenüberschlag versteht sich zum überwiegenden Teil als zusätzlich zur turnusmäßigen gebäudetechnischen Instandsetzung und Sanierung des LWB-Bestands zu erbringen. Eine Mietwirksamkeit der Maßnahmen ist unabdingbar.“

Das sind aber die Kosten für den Ausbau des Fernwärmenetzes, den Einbau von Wärmepumpen, die Fotovoltaik für die Heißwassererzeugung usw. nicht mit drin, die dann vorrangig bei den Stadtwerken Leipzig anfallen.

Nur Peanuts vom Bund

OBM Burkhard Jung wagte zumindest so etwas wie eine ganz vage Voraussage: Bis 2030 werde dieser Umbau der Wärmelandschaft „in der Dimension von Milliarden“ liegen.

Wobei dieser konkrete Umbau zumindest Bundesförderung bekommen soll, wie die Antwort des Umweltdezernats so beschreibt: „Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht näher bekannt, welche finale Finanzierungsunterstützung seitens der Bundesregierung geplant ist. Laut Bundesgesetzesentwurf zur Wärmeplanung ist bisher vorgesehen, eine Fördersumme in der Höhe von 800 Millionen Euro für den Ausbau der Wärmenetze zur Verfügung zu stellen. Diese Summe wird aber bei Weitem nicht ausreichend sein.“

Und das ist auch nach Einschätzung des Deutschen Städtetages viel zu wenig, wie das Umweltdezernat betont: „Der Deutsche Städtetag fordert den Ausbau der Wärmenetze mit jährlich 3 Milliarden Euro finanziell zu unterstützen.“

Klare Ansage: „Da beim Aus- und Umbau der Wärmeenergieversorgung neben den Kommunen insbesondere auch Wärme- und Stromanbieter, Immobilieneigentümer sowie sonstige Akteure im Wärmemarkt gefordert sind, ist eine finanzielle Unterstützung weiterer Akteure notwendig.“

Zeit zum Investieren

Das heißt: Jetzt, genau jetzt müsste der Bund richtig viel Geld in die Hand nehmen, um den klimaneutralen Umbau der kommunalen Wärmeversorgung richtig in Gang zu bringen. Was übrigens eine richtige und sinnvolle Investition für die deutsche Wirtschaft wäre, deren Spitzenvertreter ja nun auf allen Kanälen über einen Konjunktureinbruch jammern. Kluge Regierungen investieren in so einer Situation – und zwar genau in die Bereiche, die man sowieso zwingend umbauen muss.

Aber genau hier wird wieder mit falschen Argumenten und einer völlig unzureichenden Staatsfinanzierung geknausert und knapp gehalten – und damit ein weiteres Mal die Energie- und Wärmewende sinnlos ausgebremst. Die Kommunen werden das Projekt Wärmewende aus eigener Kraft nicht schaffen. Sie sind schon jetzt mit viel zu vielen zusätzlichen Ausgaben überlastet, die die eng gestrickten Haushalte zum Kippen bringen.

Und die eigentlich keine Spielräume lassen für die so wichtigen Wende-Projekte. In Leipzig eben auch die Verkehrswende, für die ganz ähnliche Investitionen nötig sind.

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