Es hat gedauert. Während die Landeshauptstadt Dresden und der Landkreis Nordsachsen schon im April ihre Doppelhaushalte von der Landesdirektion Sachsen freigegeben bekamen, hat es für Leipzig wieder bis Juli gedauert, bis die Kontrollbehörde des Freistaats den Haushalt für die Jahre 2023 und 2024 genehmigte. Mit Auflagen, die eigentlich nur noch Genörgel sind.

Beschlossen hat der Leipziger Stadtrat den Doppelhaushalt im Februar. Mit einer Menge Krisenrhetorik. Aber trotzdem ausgeglichen. Jahr um Jahr beweist Leipzig, dass es mit seinem Geld auskommt. Auch wenn es jedes Mal zu wenig ist. Die Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre machen sich immer teurer bemerkbar. Jahre, in denen die Stadt – auch auf Weisung der Landesdirektionen – immer wieder beim Personal knauserte und dringende Investitionen verschob.

Unterlassene Zukunftsvorsorge

Die Landesdirektion verfolgt dabei natürlich die Philosophie der schwäbischen Hausfrau, die in Sachsen die Finanzpolitik definiert. Der Freistaat hält seine Kommunen knapp, zwingt sie aber gleichzeitig, die Schuldenbremse einzuhalten und neue Kreditaufnahmen möglichst zu unterlassen.

So wird natürlich nicht vorgesorgt. Zukunftsinvestitionen unterbleiben. So sinkt zwar die Verschuldung einer Stadt wie Leipzig. Aber es entstehen trotzdem keine Freiräume, endlich einmal den auf Milliarden angewachsenen Investitionsstau abzuarbeiten.

Auch so kann man politisch „steuern“ und verhindern, dass Kommunen selbstständig handeln.

Aber mit genau diesem Tonfall hat die Landesdirektion Sachsen am Montag, 24. Juli, den Doppelhaushalt der Stadt Leipzig für 2023 und 2024 wieder unter Auflagen genehmigt. Zugleich wurde die Genehmigung für die vorgesehenen Kreditaufnahmen erteilt.

Der städtische Etat hat in beiden Haushaltsjahren ein Volumen von jeweils rund 2,4 Milliarden Euro.

Die Stadt Leipzig plant im Jahr 2023 Investitionen in Höhe von 464 Millionen Euro, im Jahr 2024 in Höhe von 503 Millionen Euro. Investitionsschwerpunkte sind der Schulhaus- und Straßenbau, Schulsport sowie Kindertagesstätten.

Na so was, keine Eigenmittel?

Und dann kommt die Mentalität des sächsischen Finanzministeriums zum Vorschein, wenn die Landesdirektion betont: „Der Haushaltsausgleich der Stadt Leipzig kann 2023 und 2024 nur unter Inanspruchnahme einer Ausnahmeregelung des Freistaates Sachsen zur Haushaltserleichterung erreicht werden. Sie wurde im Oktober 2022 zur Bewältigung der Auswirkungen der Energiekrise geschaffen. In Summe gelingt es der Stadt Leipzig im Zeitraum des Doppelhaushaltes nicht, Eigenmittel zur Finanzierung von Investitionen sowie zur Kredittilgung zu erwirtschaften. Zur Absicherung des nicht durch Fördermittel gedeckten Finanzbedarfs muss die Stadt daher Kredite in Höhe von 338 Millionen Euro (2023) und 320 Millionen Euro (2024) aufnehmen. Der Mangel an liquiden Mitteln macht weitere Kreditaufnahmen bis zum Ende des Finanzplanungszeitraumes 2027 erforderlich.“

Und dann kommt der Satz, der die sächsische Denkweise auf den Punkt bringt: „Die Landesdirektion Sachsen konnte die veranschlagten Kreditaufnahmen nur genehmigen, weil der städtische Haushalt in den Vorjahren entschuldet wurde.“

Leipzig hat über Jahre Schulden abgebaut und sich damit den Spielraum erarbeitet, neue Kredite aufnehmen zu dürfen. Das regelt in Sachsen nämlich die Regierung, nicht die kreditgebende Bank.

Auflagen ohne Realitätsbezug

„Vor dem Hintergrund dieser schwierigen Finanzlage hat die Landesdirektion Sachsen die Genehmigung des Haushalts, speziell die geplanten Kreditaufnahmen, mit Auflagen versehen“, diktiert die Landesdirektion noch und malt das Bild eine Stadt an die Wand, die kurz vorm Konkurs zu stehen scheint: „So hat die Stadt Leipzig eine Priorisierung ihrer Investitionsvorhaben vorzunehmen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die eine Konsolidierung des Haushaltes ermöglichen und die zukünftige Zahlungsfähigkeit sicherstellen. Im Rahmen der vierteljährlichen Berichterstattung an die Landesdirektion Sachsen muss die Stadt Leipzig die aktuelle Entwicklung der Haushaltsdaten darlegen.“

Das wird Finanzbürgermeister Torsten Bonew bestimmt auch tun. Zur Freude einer Landesbehörde, die nichts lieber tut, als Auflagen zu erlassen, die mit der Lebensrealität einer wachsenden Großstadt nichts zu tun haben. Das geht bei den Investitionen los, die eben nicht einfach kurzfristig beschlossen oder abgeblasen werden können, sondern über Jahre geplant und eingetaktet sind. Und es hört mit den „Konsolidierungsmaßnahmen“ nicht auf, die dann am Ende auch wieder nur Verzicht auf dringend notwendige Programme bedeutet.

Während der Freistaat das Geld, das eigentlich für Zukunftsinvestitionen gebraucht wird, in einem anschwellenden Generationentopf sammelt, der die Beamtenversorgung der Zukunft absichert, während in der Gegenwart das Geld für notwendige Investitionen fehlt.

Was Finanzbürgermeister Torsyten Bonew dazu sagt

Mit Bescheid vom 18. Juli 2023 hat die Landesdirektion Sachsen nun den Haushalt für beide Jahre unter Auflagen bestätigt. Die Stadt Leipzig erreicht die Anforderungen zur Genehmigung der Haushaltsatzung in beiden Haushaltsjahren, jedoch nur aufgrund der Erleichterungen des Freistaates Sachsen zur Bewältigung der Energiekrise – ähnlich wie bei der Corona-Bewältigung, betont Leipzigs Finanzbürgermeister.

„Die Genehmigung des Leipziger Doppelhaushaltes von der Landesdirektion Sachsen gibt uns die notwendige Stabilität in unsicheren Zeiten“, erläutert Leipzigs Finanzbürgermeister Torsten Bonew. „Wir haben bewiesen, dass wir wichtige Anliegen und Projekte für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt angehen. Trotzdem ist unsere finanzielle Leistungsfähigkeit in Hinblick auf Zahlungsfähigkeit, Zinsaufwendungen, Kreditaufnahmen und Personalaufwendungen sowie den Anstieg der sozialen Ausgaben gefährdet. Auf die bestehenden Risiken hatte ich bereits bei der Beschlussfassung des Doppelhaushalts hingewiesen. Dieses Defizit werden wir ausgleichen müssen.“

Mit „Kurs halten – Krisen bewältigen“ war der Leipziger Doppelhaushalt 2023/2024 im Februar von den Stadträtinnen und Stadträten beschlossen worden. Für die nächsten beiden Jahre liegt der Schwerpunkt für Investitionsvorhaben weiterhin auf den Ausbau von Kita und Schulen sowie Baumaßnahmen. Aber auch Maßnahmen für Klimaresilienz und Digitalisierung sind von Bedeutung. Diese hohen Investitionsvolumina werden zum größten Teil aus Kreditaufnahmen finanziert, die erhebliche finanzielle Risiken für die Stadt Leipzig bergen.

Torsten Bonew: „Mit den historisch hohen Investitionen machen wir Leipzig zwar zukunftsfähig und leisten einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung, diese müssen aber auch in den nächsten Jahren bezahlt werden. Die Auflage der Landesdirektion Sachsen, Invest-Maßnahmen für 2023 auf die Straße zubekommen, damit Vorhaben für 2024 genehmigt werden, zeigt eindeutig die Situation vor der ich ebenfalls immer wieder gemahnt habe. Auch wenn ich als unbequem gelte, ändert es nichts an der finanziellen Gesamtbelastung und Verschuldung unserer Stadt. Das Risiko der mangelnden finanziellen Leistungsfähigkeit wird weiterhin herumgeistern, das hat der Bescheid der Landesdirektion Sachsen ausgiebig verdeutlicht.“

Der Doppelhaushalt 2023/2024 wird entsprechend den Anforderungen der Gemeindeordnung öffentlich ausgelegt. Nach Ablauf der gesetzlichen Auslegungsfrist wird der Haushalt im Anschluss zur Bewirtschaftung freigeben. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt im elektronischen Amtsblatt der Stadt Leipzig in der Ausgabe vom 26. Juli 2023 unter www.leipzig.de/amtsblatt.

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