Eigentlich wäre es ein richtiger Hammer gewesen, wenn die Stadt gesagt hätte: Klar, machen wir. Für jedes Neugeborene wird in Leipzig ein Baum gepflanzt. Leipzig wäre zum Wald geworden. Aber den ersten Antrag des Jugendparlaments dazu lehnte die Verwaltung auch schon deshalb hab, weil sie damit völlig überfordert gewesen wäre. Also legte das Jugendparlament einen deutlich abgeschwächten Antrag vor: wenigstens für 100 Kinder ein Baum. Nö, sagte die Verwaltung.

Am 14. Juni kam der Antrag in die Ratsversammlung. Und für das Jugendparlament sprach Oskar Teufert. Und er war so ein bisschen sauer. Den neuen Verwaltungsstandpunkt zum neu gefassten Antrag des Jugendparlaments – geschrieben immerhin schon 2022 – bezeichnete er als „schlechten Witz“.

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Schon die erste Stellungnahme der Stadt hatte das Jugendparlament ziemlich grimmig kommentiert: „Der VSP zum originalen Antrag ist für das Jugendparlament in dieser Form nicht tragbar. Der symbolische Akt, gepaart mit dem Nutzen für unsere Umwelt, wird durch diesen pulverisiert. Aus diesem Grund bieten wir dieses Entgegenkommen unsererseits an. Die Begründung des ursprünglichen Antrags bleibt aktuell.“

Weil 6.500 Bäume wirklich sehr viel sind, schlug das Jugendparlament diesmal vor:

„Der Stadtrat möge beschließen:
1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, für jeden Geburtenjahrgang, der ab 2021 in Leipzig geborenen Kinder, einen Baum in öffentlichen Park- und Grünanlagen und auf öffentlichen Spielplätzen zu pflanzen und mit einer entsprechenden Beschilderung zu versehen.
2. Nach dem Schlüssel „Ein Baum für alle 100 Geburten“ werden zusätzliche Bäume entweder in den im oberen Teil genannten Lokalitäten oder als Teil des Forstbestandes gepflanzt. Eine Kennzeichnung wird hier nicht angestrebt.
3. Die Verwaltung bewirbt Baumpatenschaften im Rahmen des Starterpakets für Familien als Möglichkeit für eine grüne und lebenswerte Stadt, für ihren Nachwuchs.“

Es geht um zusätzliche Bäume

Im neuen Vorschlag des Amtes für Stadtgrün und Gewässer klang es dann zwar so, als würde das Amt den Vorschlag des Jugendparlaments voll übernehmen: „nach dem Schlüssel ‚Ein Baum für alle 100 Geburten‘ zusätzliche Bäume in Park- und Grünanlagen oder auf forstlichen Flächen zu pflanzen. Eine Kennzeichnung dieser Bäume erfolgt nicht.“

Aber von dem „zusätzlich“ blieb dann im Erläuterungstext nichts mehr übrig, wie Teufert feststellen musste. Denn da stand: „Bei ca. 6.500 Geburten wären 65 Bäume zu pflanzen. Dem wird mit dem jährlichen Pflanzprogramm in Park- und Grünanlagen und auf forstlichen Flächen nachgekommen.“

Da wären dann also irgendwelche neu gepflanzten Bäume quasi umdeklariert worden – aber eben nicht zusätzlich gepflanzt worden. Doch genau darum ging es dem Jugendparlament. Um „zusätzliche Pflanzungen“, wie Teufert sagte.

Wo die Bäume dann stünden, wäre völlig egal. Sie würden überall Gutes tun für Klima und Artenvielfalt. Und die Zahl bedeutete nun einmal eine gewollte Steigerung der jährlichen Zupflanzungen in Leipzig um 6 Prozent.

Was sogar bitte nötig sei, so Teufert, wenn man daran denke, wie viele Erstpflanzungen für abgestorbene Bäume mittlerweile notwendig werden.

Dass die Leipziger selbst nach wie vor ein großes Herz für Bäume haben, hatte das Amt für Stadtgrün und Gewässer selbst mit Zahlen belegt:

„Die Aktion Baumstarke Stadt ist aufgrund ihrer langjährigen Existenz (seit 1997) und der über 8.000 größtenteils beschilderten Patenbäume in Leipzig sehr gut bekannt und im Stadtbild auch vielerorts sichtbar. Die Resonanz auf die Aktion ist in den letzten Jahren nochmals erheblich gestiegen. Allein 2021 wurden 1.073 Patenbäume vergeben, 973 neue Interessensanträge gingen ein und es gab 943 Einzelspenden. Diese Entwicklung setzt sich auch in diesem Jahr trotz schwieriger wirtschaftlicher Lage auch ohne zusätzliche Werbung fort.“

Eben gerade deshalb blieb Teufert natürlich beim neu gefassten Antrag des Jugendparlaments, der dann mit 40:5 Stimmen bei 12 Enthaltungen auch eine deutliche Mehrheit fand.

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