Da hat nicht nur die Linksfraktion lange drauf gewartet, dass das Leipziger Baudezernat endlich die Evaluierung des „Mittelfristigen Investitionsprogrammes im Straßen- und Brückenbau 2013–2020“ vorlegt. 2016 hatte sie so etwas beantragt. In der Stadtratssitzung am 31. Mai kam die Evaluation dann endlich auf den Tisch. Und die Bilanz ist – na ja – sehr durchwachsen. Nur: Wer ist eigentlich schuld daran?

Die Frage tauchte in der Debatte zur Informationsvorlage aus dem Baudezernat auf. Eine Gelegenheit, die auch FDP-Stadtrat Sven Morlok dazu nutzte, insbesondere Oberbürgermeister Burkhard Jung direkt anzugreifen. Er machte ihn dafür verantwortlich, dass aus dem Investitionsprogramm von 2013 bis heute – also drei Jahre nach Auslaufen des „Mittelfristigen Investitionsprogramms“ – erst 60,37 % der Maßnahmen abgeschlossen sind. Weitere 7,55 % befinden sich gerade im Bau, aber 32,08 % sind noch nicht baulich umgesetzt.

Es ist also ganz ähnlich wie beim Radverkehrsentwicklungsprogramm. Irgendetwas klemmt da gewaltig. 17 Maßnahmen an Straßen und Brücken sind zwar zeitlich eingeordnet, aber nicht alle im Doppelhaushalt 2025/2026, sondern meist erst in den Jahren danach. Das heißt, was im „Mittelfristigen Investitionsprogramm“ bis 2020 eigentlich priorisiert war, wird bei einigen Projekten erst 2030 fertig.

Die Evaluation des Mittelfristigen Straßen- und Brückenbauprogramms.

Wo sind die Bauingenieure?

Woran liegt das also? Am Geld wohl eher nicht, wie Sven Morlok feststellte. Sehr vehement feststellte. Denn ein Knackpunkt hat sich ja längst herausgestellt: Das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA) hat zu wenige Planer, also ausgebildete Bauingenieure, die die Projekte bis zur Umsetzungreife bringen.

Was eigentlich schon 2018 klar war, als der Stadtrat die „Mobilitätsstrategie 2030“ beschloss. Mit der Aufforderung an die Verwaltung, genau zu beziffern, wie viele Personalstellen im VTA fehlen. Sagt zumindest Sven Morlok.

Es ist ja nicht so, dass das Thema unter den Tisch fiel. Denn in den Folgehaushalten wurden auch jedes Mal zusätzliche Planerstellen im VTA finanziell untersetzt. „Nicht genug“, sagt Morlok und verweist in seiner Rede darauf, dass die Ratsversammlung noch weitere Planerstellen draufpacken musste. Und auch das reiche ja augenscheinlich nicht. Die Stadt hatte also zu wenige Personalstellen für Planer vorgesehen.

Eine ganz schwierige Diskussion, die es so im zuständigen Ausschuss auch schon mehrfach gegeben haben muss. Wie viele Planerstellen fehlen wirklich?

Oder ist nicht eher das eigentliche Problem, dass Leipzig zu spät angefangen hat, neue Stellen im VTA zu schaffen, weil die halbierten Absolventenjahrgänge auch Abgänger der Technischen Hochschulen betreffen? Alle Kommunen kämpfen heute um das qualifizierte Personal und Leipzig hat gewaltige Schwierigkeiten, die vorgesehenen Planerstellen auch zu besetzen, wie Baubürgermeister Thomas Dienberg feststellte: „Knapp 30 Stellen konnten wir bislang nicht besetzen.“

Da sind die zusätzlich im Doppelhaushalt 2023/2024 beschlossenen Stellen mit dabei.

Anliegerstraßen, Brücken, Radwege …

Und natürlich ist da absehbar, dass das Baudezernat den riesigen Stau anspruchsvoller Baumaßnahmen nicht abbauen kann.

Bei den Anliegerstraßen, die oft nur noch notdürftig geflickt sind, geht es weiter, wie die Vorlage des Baudezernats feststellt: „Nicht baulich umgesetzt werden konnten insgesamt 31 Anliegerstraßen. Damit wurden 36,73 % der Maßnahmen realisiert, 63,27 % der Maßnahmen konnten noch nicht begonnen werden.“

Und die fehlenden Planungskapazitäten haben auch für das Radwegeprogramm direkte Folgen, wie die Vorlage feststellt: „21 Radverkehrsanlagen konnten nicht baulich umgesetzt werden. Damit wurden 25 % der Maßnahmen realisiert und 75 % der Maßnahmen noch nicht begonnen. Eine der Hauptursachen für den geringen Realisierungsgrad ist die Grunderwerbsproblematik.

In der Regel wird bzw. kann kein Baurecht (B-Plan oder Planfeststellung) geschaffen werden, was dann zu einem fehlenden Instrument für eine Besitzeinweisung/Enteignung führt. Damit bleibt nur die Möglichkeit eines freihändigen Grunderwerbs, d. h. der Verkaufsbereitschaft des Grundeigentümers, der nicht immer oder nur in sehr langen Zeiträumen zu erreichen ist.“

Das bestätigt die Analyse des ADFC von 2020.

Bei den dringlichen Brückenbaumaßnahmen sieht es nicht besser aus, stellt die Vorlage fest: „47 Brückenbaumaßnahmen konnten nicht baulich umgesetzt werden. Damit wurden 32,86 % der Maßnahmen realisiert und 67,14 % der Maßnahmen konnten noch nicht begonnen werden.“

25 Millionen Euro sind deutlich zu wenig

Wobei es nicht nur an fehlenden Bauingenieuren liegt, wie Burkhard Jung anmerkte. Denn wenn ein Projekt endlich durchgeplant ist, braucht Leipzig in der Regel Fördermittel von Bund oder Land, muss also qualifizierte Projektanträge stellen, ohne zu wissen, ob und wann die Fördermittel bewilligt werden.

Jedes Projekt, das in das nächste Haushaltsjahr verschoben werden muss, bringt andere Planungen durcheinander. Noch komplizierter wird es, wenn es um Komplexmaßnahmen geht, bei denen auch die LVB mitbaut.

Und das aktuelle Jahr zeigt ja, dass mittlerweile auch viele Projekte gar nicht mehr am Markt platziert werden können. Entweder, weil in der Ausschreibung gar kein Angebot abgegeben wird oder nur eines, das den kalkulierten Kostenrahmen völlig sprengt. Und noch eine Ursache nennt die Vorlage: „Schwierigkeiten beim Grunderwerb gehören zu den Verzögerungsgründen für Verkehrsbaumaßnahmen.“

Mit dem verfügbaren Geld ist es auch nicht so simpel, wie in der Diskussion geäußert: „Das Mittelfristprogramm orientierte sich in seiner Abschätzung der Realisierbarkeit an einem Finanzszenario, das die Mittelverfügbarkeit im Verkehrs- und Tiefbauamt aus den Jahren 2009 bis 2012 zur Grundlage hatte. Im Durchschnitt betrug der Haushalt in dieser Zeit 15,44 Mio. Euro/a und dem entsprach annähernd das ‚Szenario 16,5 Mio.‘ des beschlossenen ‚Mittelfristprogramm bis 2020‘“, heißt e in der Vorlage der Stadt.

„Der Durchschnitt des Eckwertes (Stadtanteil) für die Haushalte der Jahre 2012 bis 2016 betrug dann 14,81 Mio. Euro; tatsächlich standen – mit größeren Schwankungen – von 2012 bis 2020 durchschnittlich 8,54 Mio. Euro/a als Eigenanteile zur Verfügung …“

Im Schnitt wurden dann um die 25 Millionen Euro jährlich in Straßen und Brücken investiert.

Und da wird es dann ziemlich haarig. Denn gleichzeitig stellt die Vorlage fest: „Der Bruttosachwert (ohne Fördermitteleinnahmen) des Verkehrsinfrastrukturvermögens (Brücken, Straßen, Wege, Plätze, LSA usw.) des Verkehrs- und Tiefbauamtes beträgt zum Stichtag 31.12.2020 nunmehr 1.091,14 Mio. Euro, die jährliche Abschreibung (AfA – Absetzung für Abnutzung) beträgt 51,106 Mio. Euro. Die jährlich getätigten Investitionen in Verkehrsbaumaßnahmen lagen damit deutlich unter der Abschreibung.“

Es stand also immer nur die Hälfte des Geldes zur Verfügung, das eigentlich allein für den Substanzerhalt des Straßennetzes hätte ausgegeben werden müssen.

Ein Straßennetz auf Verschleiß

Allein in den vergangenen zehn Jahren hat Leipzigs Straßensubstanz 250 Millionen Euro an Wert verloren. Was so klingt, als wäre es wirklich eine Wertanlage. Ist es aber nicht. Eher ist es ein zunehmender Verschleiß, der mit 25 Millionen Euro Einsatz im Jahr nicht aufgehalten werden kann.

Aber mit dieser Informationsvorlage hat Leipzigs Baudezernat überhaupt erst einmal eine Evaluation des Mittelfristigen Straßenbauprogramms vorgelegt – das allererste Mal überhaupt. Sodass jetzt die Stadträte endlich auch belastbare Zahlen auf dem Tisch haben.

Dass das Tempo beim Straßenbau hinten und vorne nicht reicht, schon gar nicht für die Mobilitätsstrategie 2030, ist den Stadträten eigentlich schon länger bewusst. Nur hatten sie bislang keine Zahlen auf dem Tisch, die wirklich zeigen, wo es hängt.

Zwei wichtige Pläne, die für die Umsetzung wichtig sind, hat das Baudezernat derzeit in Arbeit. Die Linksfraktion nutzte deshalb die Gelegenheit, für beide Pläne feste Abgabetermine zu beantragen. Aber Thomas Dienberg musste abbremsen:

Das VTA würde es nicht schaffen, beide Pläne vorfristig vorzulegen. Das eine ist das „Basismodul Hauptachsen“, mit dem endlich alle Neubauverzögerungen an den Leipziger Hauptstraßen abgearbeitet werden sollen. Das soll nun bis zum 31. Oktober vorliegen. Und das schon lange erwartete Investitionsprogramm Rad- und Fußverkehr soll es nun erst bis zum 31. Januar 2024 geben. Diese Daten sagte Dienberg am 31. Mai verbindlich zu.

Der Änderungsantrag zu diesen Daten ging dann nicht – wie von Falk Dossin (CDU) beantragt – zurück ins Verfahren, sondern wurde mit 37:15 Stimmen verbindlich beschlossen.

Die Informationsvorlage selbst musste nicht beschlossen werden. Aber einige Ratsfraktionen werden damit jetzt endlich arbeiten können. Bis hin zur Beantragung von deutlich mehr Mitteln für Straßen- und Brückenbau. Denn 25 Millionen Euro pro Jahr sind sichtlich zu wenig.

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Es gibt 26 Kommentare

@Tlpz
Wir werden über Streckenstilllegungen diskutieren, weil sie auf Grund des schlechten Zustandes stillgelegt werden müssen, aber eine Instandsetzung nicht stattfinden wird.
Die LVB fahren seit 2007 massiv auf Verschleiß. Das geht nicht ewig gut, auch dann nicht, wenn man die Gleisbrüche gelegentlich mal wieder flickt. Irgendwann ist da kein Material mehr, dass man noch zusammenflicken kann.
Die Bahnen fahren an x-Stellen (auch und gerade in Kurven) seit Jahren nicht mehr auf der Lauffläche, sondern nur noch in der Rille.
Und die Komplexmaßnahmen werden eben nicht wie geplant umgesetzt. Das ist doch auch der Inhalt des Artikels unter dem du hier kommentierst.
Die Stadt und LVB hängen dem Plan mehr als 20 Jahre hinterher. Das ist 1 Sanierungszyklus, der hier meist auch übersprungen wird – entsprechend schlimm ist auch der Gleis- und Fahrbahnzustand.
Schau doch mal in den Nahverkehrsplan von 1998. Da stehen die Maßnahmen bis 2005 drin. Offen sind davon noch immer mehrere, u.a. die Georg-Schumann-Straße (Böhmestraße – Chausseehaus, 2004). Da man das Tempo bei der Umsetzung der Komplexmaßnahmen nun noch mal verlangsamt hat, wird es unweigerlich zu größeren Problemen kommen.
Zur Breite der Bahnen: Ja es macht einen Unterschied, ob 2,40 oder 2,65m, insbesondere wegen Schönefeld und Lindenau hat man sich für 2,40m als Zielgröße entschieden. Auf 11 und 16 wären aber 2,65m möglich. Man kann übrigens auch ein Liniennetz ändern. Das ist nicht für immer in Stein gemeißelt. Die Fahrbahnbreiten und Radien sind übrigens für 2,65m breite Bahnen geeignet. Leipzig muss stets die 3,25m, in Kurven 3,50m schaffen, auch wenn die Bahnen nur 2,40m breit werden.

@fra
Mag sein, sofern alle verbauten Komponenten noch lieferbar wären. Sebastian ging es aber nur darum, dass man ja die vor 20 Jahren bestellten Bahnen einfach nochmal bestellen könne. Das geht schon rein vergaberechtlich nicht, wenn es nicht damals im Ausschreibungsverfahren als Option aufgetaucht wäre. Und es macht auch keinen Sinn, eine technisch 20 Jahre alte Bahn einfach genauso nochmal zu bestellen. Wie man dann die Leistungsbeschreibung für die neuen Bahnen gestaltet, ist eine andere Frage…

@TLpz:
“Die werden schlichtweg nicht mehr hergestellt, daher erübrigt sich die Frage. Bei VW können Sie auch keinen Golf VII mehr als Neuwagen bestellen…”
Das ist ja wie Birnen mit Äpfel vergleichen. Straßenbahnen werden in Kleinserien gefertigt. Wenn die LVB als 30 Stück von Bombardier (Alstom) haben möchte, werden die wohl nicht nein sagen. Wieviel die dann kosten ist eine andere Frage.

@Rudi
> “Mit geht es nicht um einen Vergleich. Die LVB sind trotz der gewaltigen finanziellen Zuschüsse nicht in der Lage ihre Infrastruktur zu erhalten. ”
Na ja, Sie vergleichen Zahlen die sich nicht vergleichen lassen und ohne Blick auf weitere örtliche Gegebenheiten. Zum Beispiel das Hochwasser in DD Anfang der 2000er, wo viel Infrastruktur der DVB aus anderen Töpfen saniert werden konnte. Oder der Bau des Citytunnels, der in Leipzig viele Gelder gebunden hat, die für andere ÖPNV- Projekte nicht zur Verfügung standen.

> “Wir werden bald wieder über Streckenstilllegungen diskutieren.”
Werden wir nicht. Zumindest nicht bei der aktuellen Zusammensetzung des Stadtrates. Wenn sich die politischen Gegebenheiten ändern sollten, vielleicht. Das liegt aber weniger an der LVB.

> “Das Problem ist nicht das Geld, sondern wie man dieses einsetzt. Statt Strecken auszubauen betreibt man fast ausschließlich Flickschusterei. Das bindet Personal und kostet viel Geld ohne nennenswerte Verbesserungen.”
Was verstehen Sie unter “Strecken ausbauen”? Komplexmaßnahme, also zusammen mit Stadt und Wasserwerken, werden jedes Jahr in entsprechendem Umfang durchgeführt. Damit schafft man aber nur wenige Kilometer. Den Rest verstehen Sie wahrscheinlich unter “Flickschusterei”. Sanieren Sie ihr Haus auch vom Keller bis zum Dach, wenn im Schlafzimmer die Tapetenfarbe nicht mehr schön ist? Und Streckenneubauten kommen wieder aus anderen Töpfen. Das muss die Stadt wollen.

> “Und ja, die Angebote auf die Ausschreibungen sind heute teils unverschämt. Es ist aber nicht kostengünstiger, wenn man dann die Strecke nicht ausbaut (bspw. Landsberger Straße, Zeppelinbrücke).”
Sicher? Wer kann in die Glaskugel schauen? Und selbst wenn es nicht kostengünstiger wird: Für die nötigen Eigenmittel muss man vielleicht ein Jahr länger sparen. Oder man baut auf Pump. Ob das aber billiger wird, wage ich zu bezweifeln.

> ” Man könnte also auch den Gleismittenabstand auf 3m (statt 2,80m) bauen und dann in 20 Jahren bombierte Bahnen wie in DD einsetzen. Leider haben weder LVB noch der Stadtrat hieran Interesse.”
Die kennen eben die örtlichen Gegebenheiten in Leipzig (und höchstwahrscheinlich auch in DD). Wenn man sich diese betrachtet sieht man, dass in DD sehr viel mehr Strecken auf eigenem Gleiskörper zu finden sind (übrigens auch ein Punkt bezüglich der Infrastruktur). Liegt, z. Bsp. im Innenstadtbereich, an der Zerstörung im WK2. Da hatte man beim Wiederaufbau entsprechend viel Platz (Albertstr., Pirnischer Platz, Stübelallee, Külz- Ring). Da ist es leicht(er), breitere Bahnen einzusetzen. Solche engen Straßen wie die G.- Schwarz- Str., die Lützner Str. oder die Karli gibt es im Netz von DD deutlich weniger. Denn einen Einfluß auf den Straßenquerschnitt hat ein größerer Gleismittenabstand sehr wohl!

Sicher kann man die LVB in vielen anderen Punkten kritisieren, insbesondere ihre nicht vorhandene Lobbyarbeit in der Stadt(verwaltung).

@Leser
Mit geht es nicht um einen Vergleich.
Die LVB sind trotz der gewaltigen finanziellen Zuschüsse nicht in der Lage ihre Infrastruktur zu erhalten. Das ist der Kern meines Beitrages und das ist ein riesiges Problem, dessen Sprengkraft offensichtlich nicht erkannt wird.
Wir werden bald wieder über Streckenstilllegungen diskutieren.
Nach sehr vielen Fehlentscheidungen in den 1990er und 2000er Jahren hat man es nicht geschafft aus dem Abwärtsstrudel herauszukommen.
Das Problem ist nicht das Geld, sondern wie man dieses einsetzt. Statt Strecken auszubauen betreibt man fast ausschließlich Flickschusterei. Das bindet Personal und kostet viel Geld ohne nennenswerte Verbesserungen.
Und ja, die Angebote auf die Ausschreibungen sind heute teils unverschämt. Es ist aber nicht kostengünstiger, wenn man dann die Strecke nicht ausbaut (bspw. Landsberger Straße, Zeppelinbrücke).
Das Design der neuen Bahnen ist noch nicht fix. Mir wären 2,65m breite Bahnen wie in DD auch lieber, aber die wären nicht im gesamten Netz einsetzbar. Daher der Kompromiss für 2,40m (wie in Berlin und Potsdam). Die Gegner der 2,65m breiten Bahnen (wenigstens auf ein paar Linien) sind heute nicht mehr aktiv. Man könnte also auch den Gleismittenabstand auf 3m (statt 2,80m) bauen und dann in 20 Jahren bombierte Bahnen wie in DD einsetzen. Leider haben weder LVB noch der Stadtrat hieran Interesse. Dabei macht es faktisch keinen Unterschied ob man nun ein paar Zentimeter mehr Gleismittenabstand schafft . Selbst wenn man niemals 2,65m breite Bahnen anschafft, wäre das strategisch sinnvoll.
Warum überhaupt breitere Bahnen? 2,40m ist ein Standardmaß für Straßenbahnen. Diese Bahnen sind in der Anschaffung also etwas günstiger und bieten zudem etwas mehr Platz. Auf 45m Länge immerhin 9qm im Vergleich zu 2,20m breiten Bahnen. 9qm bedeutet 40 – 50 Personen können rechnerisch mehr transportiert werden. Selbst wenn es nur 20 mehr wären, ist das bei 6 Fahrten/Stunde nicht zu unterschätzen.

Straßenbahnbau ist im Endeffekt Manufakturarbeit, während vom Golf Stückzahlen in der Größenordnung von 700 Einheiten pro Tag vom Band laufen und die Produktion auch genau darauf eingerichtet ist.

Wenn ich als Verkehrsbetrieb sage, ich kaufe ein Fahrzeug im Bereich einer Straßenbahn (2-4 Millionen) 25-100 mal, dann wird das jemand für mich herstellen, egal ob die Serie ausgelaufen ist oder nicht. Ich bin mir sehr sicher, Sie könnten auch 100 Tatra T6 neu bestellen. Schade, dass Sie das Gedankenexperiment so abwatschen.
Sicher, Neuplanungen muss es hier und da geben, weil beispielsweise die Traktionsumrichter nicht mehr genau so zu haben sind wie 2005, oder die Motoren, oder was auch immer. Und unabhängig von der Wahrscheinlichkeit, dass das so kommt: Danke, es ist so ungefähr klar, dass dieser Typ nicht neu bestellt wird…Danke für den “Hinweis”.

Für die, die es hypothetisch interessiert:
Den NGT12-LEI gab es in den Nuller-Jahren für 3,3 Millionen das Stück, die Nachlieferung gab es dann für knapp 3,2 Millionen pro Bahn. (Zur Erinnerung: das gute Stück musste einige Zentimeter länger sein als die gleichartige Variante von Bombardier für Dresden, damit man den Titel “der Längste” bekommen konnte…).
Für die neuen Bahnen (“NGT12+”, hier übrigens ein vorläufiges Datenblatt, man beachte die “interessante” Sitzlösung: https://www.heiterblick.de/fileadmin/template/downloads/Produktblatt/NGT12-Plus-Leipzig-Datenblatt.pdf) finde ich keinen Stückpreis. Es gibt lediglich folgende Aussage:
“Das gemeinsame Beschaffungsprogramm bis voraussichtlich 2030 hat, inklusive aller Optionen sowie der Entwicklungskosten und des Ersatzteilpaketes, einen Gesamtumfang von rund 600 Millionen Euro.” Weiter vorn im Text ist von “weitere Optionen mit bis zu 130 Fahrzeugen” die Rede. Zusammen mit den ersten 25 Stück komme ich so auf knapp 3,9 Millionen Euro, wenn man gleiche Preise für alle Städte annimmt (unrealistisch, da Drehgestelle völlig unterschiedlich).
Klingt erst mal nicht besonders weit weg, wenn man die enormen Material- und Lohnverteuerungen der letzten Jahre mal berücksichtigt.

@Sebastian
> “würde mich noch interessieren, was die stumpfe Neubestellung der XXL-Bahnen (NGT12-LEI) bei Bombardier (Alstom), so wie sie war, mit Klimaanlage und “normaler” Breite, gekostet hätte im Vergleich zur Neuentwicklung”
Die werden schlichtweg nicht mehr hergestellt, daher erübrigt sich die Frage. Bei VW können Sie auch keinen Golf VII mehr als Neuwagen bestellen…

Hallo Leser,
was für ein umfänglich zutreffender Kommentar. Danke.
Neben der sehr interessanten Frage in Ihrem vorletzten Satz (warum eigentlich nicht die einzelne Sitzbank breiter machen? Oder den Kasten nicht etwas runder?) würde mich noch interessieren, was die stumpfe Neubestellung der XXL-Bahnen (NGT12-LEI) bei Bombardier (Alstom), so wie sie war, mit Klimaanlage und “normaler” Breite, gekostet hätte im Vergleich zur Neuentwicklung, die jetzt mit den “überbreiten” neuen Bahnen geschieht.

Hallo Rudi,
es dürfte zu kurz greifen, den ÖPNV verschiedener Städte nur aufgrund derer kommunalen Bezuschussung zu vergleichen. Da fehlen viele weitere Faktoren: Zuschüsse von Bund und Ländern, Erlöse durch Tickets, Fördermittel für Betriebsmittel, Fahrgastaufkommen, Netzgröße und -zustand, Taktung, Flottenkapazität und -alter, Werbung, Zuverlässigkeit, Auslastung, Emissionen, Wartung, Betriebskosten, Wasserkopf, Automatisierung… Wollen Sie den Netzausbau vergleichen, sind die Vorbedingungen (Platz, Haltestellen, Nachfrage, Akzeptanz) sicher äußerst unterschiedlich. Wenn Sie nur die LVB betrachten, fehlt auch die Kooperation mit dem ZVNL. Beispielsweise hat der Citytunnel, den ich für äußerst wichtig im Leipziger ÖPNV halte, mit den Finanzen der LVB gar nichts zu tun – und auch kaum mit denen der Stadt Leipzig.
Allein, alle öffentlichen Zahlungen zusammenzutragen, die sich als nützlich für die LVB erwiesen, macht vermutlich unglücklich. Abgesehen davon, dass man hierfür wohl buchhalterische Vorgehensweisen kennen und verstehen muss und die Recherche journalistische Fähigkeiten benötigt.
Sicher, die wenigsten dürften zufrieden mit ihrem lokalen ÖPNV sein. Dennoch haben wir nur diesen und müssen das Beste daraus machen. Nur, weil ausgewählte Faktoren in anderen Städten besser sind, heißt das nicht, dass Leipzig diese zukünftig einfach “richtig” machen kann. Warum Leipzig beispielsweise jahrzehntelang den Gleismittenabstand vergrößern lässt, um dann endlich den Stolperkasten im Mittelgang der Straßenbahn 10 cm zu verbreitern und immernoch drei Sitze nebeneinander anzubieten, darf gern mal recherchiert werden. Aber nur “Netzausbau pro kommunaler Zuschuss” – das reicht nicht.

@TLpz
Die DVB haben über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren einen Zuschuss von 38 Mio. bekommen und in der Zeit mehrere Netzerweiterungen vorgenommen. Damals in den 2000er Jahren bzw. frühen 2010er Jahren hatten die LVB einen Zuschuss von über 50 Mio. Euro, der dann ab 2012 auf 45 Mio. Euro abgesenkt wurde. Die Erhöhung auf 40 Mio. Euro für die DVB sollte 2015 erfolgt sein – da gab es jedenfalls die Diskussion drum, weil mit dem Netz 2020 ein größerer Netzausbau erfolgte, der noch immer nicht abgeschlossen ist.
Der Zuschussbedarf von insgesamt 95 Mio. für die DVB liegt an Corona. Die LVB haben dahingend auch mehrfach einen Coronaausgleich erhalten – zu den ohnehin im Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag vereinbarten Zahlungen.

@Rudi
Na ja, Vor- Corona- Zahlen der DVB mit Nach- Corona- Zahlen der LVB zu vergleichen ist nicht die feine englische Art! In dem Artikel der SZ steht auch, dass die DVB 2023 einen Zuschuss von 95 Mio bräuchten. Das Mangement der LVB betreibt bei der Stadt leider keine Lobbyarbeit für den ÖPNV, das kann man gerne kritisieren. “Ausbauen” (im Sinne von neuen Strecken) kann die DVB ihr Netz mit dem Zuschuss aber auch nicht.

Die DVB haben bis Corona 40 Mio./Jahr erhalten und damit das Netz erhalten und ausbauen können. Da lagen die LVB ab 2018 mit 45 Mio./Jahr + Investitionszuschuss schon bei deutlich über 50 Mio/Jahr. Dass es jetzt deutlich mehr Zuschuss für die DVB gibt, habe ich nicht mitbekommen – nur die Diskussion darüber und dass man nicht mehr geben will.
Die LVB bekommen mittlerweile insgesamt ca. 75 Mio. Euro/Jahr. Das ist dann fast das doppelte von 40.
“2021: 60,9 Mio. €
2022: 66,3 Mio. €“”
https://www.l-iz.de/wirtschaft/mobilitaet/2020/12/stadtrat-stimmt-der-erhoehung-der-zuschuesse-an-die-lvb-auf-ueber-60-millionen-euro-zu-365237
Hierzu gab es noch Zuschuss wegen Coronaausfall und Investitionszuschüsse.

@Rudi, Sebastian
> […] fast doppelt so viel Zuschuss wie die DVB in Dresden.

Also welche Zahlen Rudi hier verwendet, möge gern mal erklärt werden. Die Zuschüsse zum Verkehrsleistungsvertrag der Stadt Leipzig waren jahrelang bei 45 Mio gedeckelt. Für 2023 und 2024 wurden weitere Zuschüsse von 9 bzw. 11,5 Mio bewilligt. Lt. einem Artikel der SZ vom 22.06.22 hat die DVB zu diesem Zeitpunkt 55 Mio erhalten, Bedarf steigend. Das ist auch mit 2 Augen zudrücken nicht “fast doppelt soviel”.

Hallo TLpz,
dort, wo man den Platz für eine Stadtbahn nicht hat, kann man sie natürlich so nicht bauen. Auch im viel bemühten Beispiel Stuttgart gibt es solche engen Strecken, und an solchen Teilstücken fahren die Wagen natürlich mit auf dem Asphaltteil der Straße. Langsam.
Manchmal ist “zu wenig Platz” aber auch wieder eine politische Frage…

Hallo Rudi,
> […] fast doppelt so viel Zuschuss wie die DVB in Dresden.
Das wusste ich nicht! Man liest stetig davon, dass die LVB unterfinanziert seien und quasi “kleingehalten” würden. Die genannte Zahl ist ja vermutlich der Zuschuss der Stadt / L-Gruppe. Gibt es zwischen DVB und LVB vielleicht noch unterschiedliche hohe Landes- oder Bundesmittel?
Rein grundsätzlich schließe ich mich Ihrer Kritik am LVB-Management aber sehr gerne an. Hier in Leipzig herrscht teils eine seltsam unmotivierte oder lieblose Denke in Sachen Bus und Bahn.

> Separate Gleiskörper sind erheblich unfallträchtiger als straßenbündige Gleise.
Das erscheint mir etwas pauschal. Zum Beispiel mit dem Rad kann ich so und so in die Schienen geraten und verunfallen, wobei die Motivation eine (bestenfalls begrünte) Stadtbahntrasse zu überqueren doch deutlich geringer ist, als wenn ich einfach schnell über die Straße kann. Auch für Fußgänger. Vielleicht war DAS ja der Grund, die Trasse im Gewandhaus-Bogen zu Schottern, statt “aufzuforsten”.

> Die Unfälle sind auf Grund der höheren Geschwindigkeiten auch schwerer.
Das leuchtet erst Mal völlig ein, aber schnelles Vorankommen ist einer der härtesten und interessantesten Bewertungspunkte der Nutzer für einzelne Verkehrsarten. Eine niedrige Unfallquote ist natürlich anzustreben, aber aus meiner Sicht auf keinen Fall das einzige Argument in einer so grundsätzlichen Bewertung wie “Stadtbahnkonzept ja/nein”.

@Sebastian
“Eine etwas erhöhte Stadtbahn auf eigenem, unabhängigem Bahnkörper weist weniger Störungen durch andere Verkehrsteilnehmer auf,”
Naja. Separate Gleiskörper sind erheblich unfallträchtiger als straßenbündige Gleise. Die Unfälle sind auf Grund der höheren Geschwindigkeiten auch schwerer.

@Tobias
Die gesamte Infrastruktur wird in Leipzig seit 2007 auf Verschleiß gefahren. Ein Ende ist nicht in Sicht.
Das hat viele Gründe. Hauptproblem in meinen Augen ist Management der LVB. Da hat man schlechte Verwalter ins Amt geholt. Entsprechend wird richtig viel Geld in Flickschusterei gesteckt, aber nicht in eine Verbesserung der Infrastruktur. Die LVB bekommen mit über 70 Mio. Jahr auch fast doppelt so viel Zuschuss wie die DVB in Dresden. In Dresden kann man damit das Netz ausbauen, in Leipzig nicht mal erhalten.

TLpz, die Planung in der Mockauer Straße ist ein Musterbeispiel dafür, was passiert, wenn man Stadtplanung komplett den (ÖPNV-)Verkehrsplanern überlässt. Sie sieht eine fast 1 km lange lineare reine Verkehrsschneise ohne Aufenthaltsattraktivität mit starker räumlicher Trennung vor, in klarem Widerspruch zum Integrierten Stadtteilentwicklungskonzept (STEK) Mockau 2030+ (VII-DS-06187 im Ratsinformationssystem, 2022 beschlossen). Die Strategiekarte Freiraum zeigt für den Straßenzug “Erhöhung Aufenthaltsqualität und klimaresilliente Gestaltung Straßenraum” sowie “Wegeverbindung aufwerten/Verküpfung Grün- und Freiflächen”. Das Fällen von erheblichen Teilen des Altbaumbestands und Bau eines breiten Verkehrsbandes bis nah an die Wohnhäuser mit Ampeln an jeder Kreuzung wird dieser Aufgabe jedoch in keiner Weise gerecht. Mit einer flächensparsameren gemeinsamen Führung und Haltestellen in Seitenlage hätte man z.B. den Haltestellenbereich Komarowstraße platzartig gestalten und damit entsprechend dem STEK aufwerten und insgesamt einen großen Teil des jetzt zu fällenden Baumbestandes erhalten können. Bei prognostizierten 9000 KFZ/Tag und nur einer Straßenbahnlinie wäre das sehr gut verträglich gestaltbar.

Schon 2016 hat man übrigens Aldi den vormals fußwegorientierten Zugang zum Nahversorger und den baumgesäumten Aufenthaltsbereich mit einen Parkplatz zubauen lassen – nicht unähnlich dem Rewe in der Gorkistraße, wo eine Rasenfläche versiegelt wurde und das etwas lieblose Grün in der Gorkistraße nun auch komplett zugebaut wird. Klimawandelanpassung sieht anders aus.

Zu den Gleisbetten/Rasengleisen noch kurz an Anmerkung: es sollte m.E. vermehrt darauf geachtet werden, dass diese im Notfall – gerade auf den Einflugschneisen zu Krankenhäusern – auch befahrbar sind (z.B. durch Rasengittersteine). Wenn ich zu den Stoßzeiten die Strecken Richtung Herzzentrum und St. Georg sehe, mit Kilometerlangen Staus/Stop&Go – wo die vordersten Fahrzeuge nicht einmal Blaulichtfahrzeuge ganz hinten mitbekommen, während da ein gerade unbenutztes Gleisbett daneben frei – aber nicht befahrbar – ist (weswegen ja auch die Fahrzeuge quasi nirgends hin können)… da frag ich mich, was dagegen sprechen würde. Wurde das schon mal ernsthaft geprüft?

@Sebastian
> “Eine etwas erhöhte Stadtbahn auf eigenem, unabhängigem Bahnkörper weist weniger Störungen durch andere Verkehrsteilnehmer auf, ist damit grundlegend erst mal zuverlässiger und kann potentiell auch mit Rasengleis gestaltet werden.”
Grundsätzlich mag das sein und für viel befahrene Strecken durchaus auch sinnvoller als eine Führung im allgemeinen Straßenraum. Allerdings haben solche Strecken natürlich auch Nachteile. Sie brauchen mehr Platz (den man oft nicht hat), die oftmals entstehenden Monsterkreuzungen sind insbesondere für Fußgänger schwerer zu überqueren (meist nur in mehreren Ampelphasen, was Reisezeiten deutlich verlängert), Haltestelleninseln sind oftmals recht schmal (wie teilweise in der Delitzscher Str.). Über die Mockauer Strecke kann man ob des Platzes streiten, in der Gorkistr. hätte man durchaus eine andere Lösung finden können.

Tatsächlich stimmt das nicht so ganz. Es werden ja eh nicht so furchtbar viele Strecken ganz neu gebaut. Und das “Keiner” in dem Satz dürfte auch ein bisschen Wunsch aufgrund persönlicher Vorliebe sein.
Eine etwas erhöhte Stadtbahn auf eigenem, unabhängigem Bahnkörper weist weniger Störungen durch andere Verkehrsteilnehmer auf, ist damit grundlegend erst mal zuverlässiger und kann potentiell auch mit Rasengleis gestaltet werden.
In Städten, die sich nicht primär der Behinderung der Autos verschrieben haben (“Pulkführer”), wird natürlich auch heute noch so gebaut. Beispiel Dresden Nossener Brücke und anschließende Führung auf der Nürnberger Straße. Oder Stuttgart die Erweiterung der U5.
Es ist lediglich Politik, kein Dogma, wie eng man die Verkehre miteinander in Konflikt bringen muss.

@TLpz Ich wünschte, Sie hätten mit “Der Verkehr hat sich gewandelt, Stadtbahnen wie in der Delitzscher Str. baut heute keiner mehr. ” recht. Der Stadrat hat aber erst im April die nächste LVB-geplante Verkehrsschneise bestätigt, auf der angeblich ein besonderer Bahnkörper und 3 Haltestellen in Mittellage unverzichtbar wären, vgl. https://www.l-iz.de/politik/brennpunkt/2023/04/der-stadtrat-tagte-gleistrasse-mockauer-strasse-kann-geplant-werden-530223.

@Tobias
Kein Geld, aber Stadtbahnen und U-Bahnen sollen geplant werden? Eine U-Bahn, oder auch der Ost-West-Tunnel, wären tödlich für den Leipziger ÖPNV. Überdimensionierte und teure Projekte! Schon der Citytunnel (auch wenn der sinnvoll ist) hat Unmengen an städtischen Geldern verschlungen, die für die Instandhaltung des Gleisnetzes der LVB notwendig gewesen wären. Der Verkehr hat sich gewandelt, Stadtbahnen wie in der Delitzscher Str. baut heute keiner mehr. (Echter) Vorrang der Tram an Ampelkreuzungen und Pulkführer, verbunden mit intelligenten Steuerungen (ich verstehe immer noch nicht, wieso man Reihenfolgen der Linien an Haltestellendisplays nicht korrekt anzeigen kann ) sind völlig ausreichend. Es ist aber auch unverständlich, warum in der Gorkistr. wieder Haltestelleninseln in Straßenmitte gebaut werden. Das verlängert Reisezeiten und macht die Haltestellen eng und unattraktiv.

@Tobias, ich lese bei @Rudi eher nicht viel Optimismus heraus, ganz im Gegenteil.

Wir werden tatsächlich kleiner und effizienter planen müssen. So etwas wie die 90er-Jahre-Planung für die Georg-Schwarz-Brücken können wir uns eigentlich auch schon jetzt nicht leisten, zumal die geschätzten 56 Millionen Euro nach heutigen Baupreisen eventuell schon zu verdoppeln sind. In Zukunft werden die Spielräume durch den demografischen Wandel eher noch enger werden: Immer weniger produktiv Arbeitende werden immer mehr ältere Menschen mit versorgen müssen, in einem international nicht mehr so profitablen Umfeld. Da bleibt neben den personellen und finanziellen Aufwendungen u.a. im sozialen und Gesundheitsbereich für große Infrastrukturförderprogramme von Bund und Ländern nicht mehr viel übrig.

Ein Ost-West-Tunnel ist vom Kosten-Nutzen-Verhältnis wohl kaum zu rechtfertigen. Die größte Maßnahme mit vagen Umsetzungschancen im ÖPNV wird die Südsehne sein. In Sachen Hauptstraßen baut die Stadt derzeit nur dem Verschleiß der Gleise hinterher, so sie es denn überhaupt schafft und nicht nur die Gleise im insgesamt reperaturbedürftigen Straßenraum erneuert werden. Für die von Rudi genannten Straßen sehe ich allerdings gute Chancen, dass sie bis 2035 noch einen “grundhaften Ausbau” erhalten.

Ich teile den Optimismus des Vorredners nicht.

Es wird weiter nichts an der Infrastruktur passieren. Mal hier und da ein bisschen reparieren, aber große Pläne, wie ein Ausbau der Stadtbahnen oder U-Bahnen und grundhafte Straßenerneuerungen sehe ich in den nächsten 30 Jahren nicht mehr.
Erst gibt’s kein Geld, dann keine Planer und dann kommen immer noch NIMBYs dazu, die alle Pläne wieder über den Haufen werfen, weil wer nicht mehr direkt und kostenlos vor dem Haus parken kann, oder der Baum stört, …

Das Mittelfristprogramm 2013 – 2020 stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Geladen war es mit zahlreichen Maßnahmen der vorherigen Programme. Wegen der katastrophalen Haushaltslage begann das Programm auch erstmal deutlich schwacher als erwartet. Dubraus erste Amtshandlung bestand im Streichen von Personal und Maßnahmen, verordnet durch das Finanzdezernat. Als sich Leipzig ab 2017 allmählich über steigende Steuereinnahmen freuen konnte, sind auch ein paar Maßnahmen umgesetzt worden, die das Gefühl vermittelten, es geht los, u.a. Könneritzstraße, Georg-Schwarz-Straße. Ab 2018 begann dann das Problem, dass es teils keine Angebote auf Ausschreibungen gab oder zu sehr hohen Preisen. Das führte dann wieder zu deutlichen Verzögerungen. Das wird in Zukunft noch problematischer, weil die Baufirmen ihre Kapazitäten nicht steigern werden, die Stadt und die LVB müssen hier umdenken und die Aufträge dann trotzdem vergeben, wenn die Infrastruktur mal wieder besser werden soll.
Im Moment hängt Leipzig den Zielen der 1990er Jahre gut 20 Jahre hinterher, über manches wird schon gar nicht mehr gesprochen. Die Schumi sollte bspw. bis zum Jahr 2008 vollständig stadtbahngerecht ausgebaut sein. Das wird vor 2035 nichts, selbst 2040 ist aus heutiger Sicht kaum noch zu schaffen.
Hauptproblem ist, dass man theoretisch ab 2035 mit der Sanierung der Hauptnetzstraßen beginnen müsste, die nach der Wende gemacht wurden. Da wird man relativ viele Straßen noch nicht das erste Mal saniert haben, u.a. möglicherweise die Arthur-Hofmann-Straße, die Gorkistraße und die Leipziger Straße.

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