Wenn sich am Mittwoch die Stadträt*innen im Neuen Rathaus treffen, läuten sie gewissermaßen die heiße Phase ein: Ein Jahr später – im Mai 2024 – steht der Leipziger Stadtrat wieder zur Wahl. Die Leipziger Zeitung (LZ) hat deshalb nachgefragt, wer dann wieder antreten möchte. Viele wollen das, einige haben sich noch nicht entschieden – und für Heiko Bär aus der SPD-Fraktion sowie Nuria Silvestre und Annette Körner von den Grünen beginnt nun das letzte Jahr.

Seit November 2022 ist Heiko Bär zwar noch Teil der SPD-Fraktion, aber nicht mehr Mitglied in der Partei. Seinen Austritt hatte er unter anderem mit fehlender Diskussionskultur und mangelnder Abgrenzung von „Extremisten“ begründet.

Ähnlich liest sich seine Begründung, warum er 2024 „nach aktuellem Plan“ nicht mehr kandidieren möchte. Der vergangene Wahlkampf sei von „persönlichen An- und Übergriffen geprägt“ gewesen, die Debattenkultur und Arbeitsweise im Stadtrat habe sich verschlechtert und nach 15 Jahren sei es auch sinnvoll, den Weg für „frische Ideen“ zu räumen. Zudem werde Bär im kommenden Jahr seinen Lebensmittelpunkt außerhalb Leipzigs verlegen.

Aktuell besteht die SPD-Fraktion aus neun Mitgliedern – die übrigen acht haben der LZ geantwortet, wieder kandidieren zu wollen.

Grüne möglicherweise vor großem Umbruch

Deutlich unentschlossener zeigen sich die Grünen. Während unter anderem die derzeitigen Fraktionsvorsitzenden Katharina Krefft und Tobias Peter wieder antreten möchten, haben Monika Lazar, Jürgen Kasek und Anne Sehl ihre Entscheidung noch nicht getroffen. Bei letzterer ist das keine Überraschung: Sie ist erst im April in den Stadtrat nachgerückt und hatte daher bislang kaum Gelegenheit, sich ein Bild von der Arbeit zu machen.

Kasek hat als Reaktion auf die LZ-Anfrage einen Beitrag auf seinem persönlichen Blog veröffentlicht, in dem er die Leser*innen um Rückmeldung bittet: „Schreibt mir gerne eure Bitten und Sorgen und was es braucht, damit ihr euch stärker interessiert, und gerne auch eure Meinung zu dem, was ich bislang getan habe.“ Lazar teilte der LZ mit, dass sie sich voraussichtlich nach dem Sommer entscheiden werde.

Gegen eine erneute Kandidatur hat sich bereits Annette Körner entschieden. Nach 30 Jahren im Stadtrat soll für sie „aus persönlichen Gründen“ Schluss sein.

Schlechte Bezahlung

Als „zu große persönliche Belastung“ beschreibt Nuria Silvestre die Arbeit im Stadtrat, „und zwar in physischer, psychischer und finanzieller Hinsicht“. Auf Dauer sei der Aufwand für aktive Arbeit im Stadtrat zu groß und vor allem sei diese zu schlecht bezahlt. Das führe dazu, dass sich fast nur privilegierte Personen diese Tätigkeit leisten können. „Ich will nicht länger Teil einer solchen Ungerechtigkeit sein“, so Silvestre.

Aus der Linksfraktion erhielt die LZ von jenen, die antworteten, fast ausschließlich Zusagen für eine erneute Kandidatur, darunter die ehemalige OBM-Bewerberin Franziska Riekewald, Stadtverbands-Chef Adam Bednarsky und die Landtagsabgeordnete Juliane Nagel.

„Spätestens bis zur Sommerpause“ möchte sich Steffen Wehmann entscheiden – die Tendenz scheint zu einer erneuten Kandidatur zu gehen. Eine Handvoll Mitglieder der Linksfraktion ließ die LZ-Anfrage unbeantwortet, darunter deren Vorsitzender Sören Pellmann.

Freibeuter größtenteils noch unentschlossen

Offen ist auch, ob der fraktionslose Thomas Kumbernuß sowie die drei „Freibeuter“-Mitglieder Ute Elisabeth Gabelmann, Klaus-Peter Reinhold und Sascha Matzke wieder kandidieren werden. Wahrscheinlich sei, dass sich Sven Morlok um fünf weitere Jahre im Stadtrat bemühen wird, hieß es aus der Freibeuter-Fraktion.

Gabelmann erklärt ihr Zögern so: „Einerseits ist natürlich die Aufgabe spannend, verantwortungsvoll und macht mir Spaß, andererseits haben sich die Fronten im Stadtrat stark verhärtet und wenn man – wie ich – eine liberale Grundhaltung besitzt, gerät man ständig dazwischen.“

Komplett unklar ist die Situation in der CDU-Fraktion. Von den 13 Mitgliedern antwortete auf unsere Anfrage kein einziges.

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Es gibt 2 Kommentare

Hallo Heiko Bär, ich habe erst heute mitbekommen, dass ihr nicht mehr SPD-Mitglied seid.
Ein konsequenter Schritt sollte m.M.n. eine fraktionslose Mitgliedschaft im Stadtrat anzustreben.

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