Eine Petition ohne Namen? Das gibt es augenscheinlich auch. Am 17. Mai passierte sie die Ratsversammlung, passte aber genau zum Thema. Aber sie forderte eben nicht den Rückbau der Verkehrsorganisation am Hauptbahnhof, sondern im Gegenteil: „Es hat auch mit dem Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz zu tun, dass man Autos, welche nicht nur erheblich dem Klima- und der Umwelt schaden, sondern jeden Tag den ÖPNV in Leipzig ausbremsen und neben direkt Verkehrstoten die Gesundheit der Menschen ruinieren, aus der Stadt verbannt, indem man allen Menschen auf öffentlichen Wegen den gleichen Platz einräumt.“
„Zurzeit werden Autofahrer demnach massiv bevorteilt, Fläche wird versiegelt, man vernichtet jeden Tag durch das Verkehrschaos Leben“, schrieb der Petent und verwies dabei auf eine NDR-Sendung mit Hermann Knoflacher.
Woraus ja eigentlich folgt, so der Petent: „Ziel der städtischen Verkehrsplanung und Stadtentwicklung soll es sein, praktisch allen Menschen den gleichen Platz in der Stadt auf öffentlichen Straßen zuzusagen, was zu einer drastischen Reduzierung der Autobelastung führen würde.“
Die Petition „Gleichberechtigung aller Menschen im Verkehrssektor“.
Ein gewagter Vorstoß in einer Zeit, in der die Verfechter der autogerechten Stadt schon wütend an die Decke gehen, wenn einige Fahrbahnen in der Stadt zu Radfahrstreifen umgewidmet werden.
Aber auch ein Zeichen dafür, dass es eben auch Menschen in der Stadt gibt, die eine andere Stadt mit deutlich mehr Platz für umweltfreundliche Verkehrsarten wünschen.
Das 2018 beschlossene Szenario gilt
Der Petitionsausschuss ging dann auch nicht ganz mit, sondern verwies darauf, dass der Stadtrat ja 2018 ein nachhaltiges Mobilitätsszenario beschlossen hat: „Die Grundlage für die städtische Verkehrsplanung bildet die Mobilitätsstrategie 2030.“
Das ja – wie am 17. Mai in der Ratsversammlung zu hören war – vielen konservativen Stadträten schon viel zu weit geht. Obwohl es gerade erst in Ansätzen umgesetzt wird.
Aber der Petitionsausschuss nutzte die Gelegenheit auch, mit Zuarbeit der Verwaltung darauf hinzuweisen, dass Gleichberechtigung der Verkehrsteilnehmer tatsächlich Ziel der Leipziger Verkehrspolitik ist: „Die Gleichberechtigung aller Menschen im Verkehrssektor ist gerade im Hinblick auf eine jahrzehntelange autogerechte Stadt- und Verkehrsplanung eine berechtigte Forderung, die wir mit den Zielen Leipzigs Mobilität soll sicher, zuverlässig, sauber, bezahlbar und allen zugänglich sein unterstreichen.“
Und dann zählt die Beschlussvorlage auf, wie sich Leipzig erst einmal zu einer nachhaltigeren Verkehrsstrategie durchgerungen hat: „Im Jahr 2018 hat der Stadtrat das Integrierte Stadtentwicklungskonzept Leipzig 2030 beschlossen. Dabei steht der Leitsatz ‘Leipzig wächst nachhaltig!’ im Mittelpunkt einer Entwicklung, die eine sozial- und nutzungsgemischte Stadt der kurzen Wege und eine doppelte Innenentwicklung verfolgt.“
Weiter heißt es: „Im September 2018 wurden im Stadtrat aus sechs Szenarien einstimmig das Nachhaltigkeits-Szenario gewählt, das dem gleichberechtigten Ausbau von Rad- und Fußverkehr sowie dem ÖPNV den Vorrang gibt. Auf dem Fundament des Nachhaltigkeits-Szenarios wurde die Mobilitätsstrategie 2030 und der damit verbundene Rahmenplan erarbeitet, damit wurden die verkehrspolitischen Weichen der kommenden Jahre gestellt und die sehen mit dem Fokus auf Flächengerechtigkeit klar die Förderung des Umweltverbundes im Vordergrund.“
Das Wörtchen „einstimmig“ darf man nicht überlesen. Auch die konservativen Fraktionen stimmten dem Kompromiss zu.
Auf einmal geht es um Fahrbahnen
Insbesondere die CDU-Faktion steigt genau in dem Moment aus, in dem endlich etwas für mehr Gleichberechtigung im Verkehrsraum getan wird.
Der Beschlussvorschlag des Petitionsausschusses zur Petition „Gleichberechtigung aller Menschen im Verkehrssektor“
Die Vorlage zählt auf:
„Planungs- und Baubeschlüsse, die eine gerechte Verkehrsraumaufteilung vorsehen, wie u. a. die Beschlüsse Anfang des Jahres zur Prager Straße und Delitzscher Straße.
Gestaltung zu Stadtplätzen auf ehemals großflächig versiegelten Verkehrsflächen in den Quartieren, wie u.a. auf dem Liviaplatz im Waldstraßenviertel oder Am Tanzplan in Leutzsch.
Mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes, nach dem das bestehende Radverkehrsverbot auf größeren Teilen des Leipziger Innenstadtrings durch die Stadt aufgehoben werden musste, wurde ein Zeichen für sichere Radverkehrsanlagen auf dem Promenadenring gesetzt. Damit wurden mehrere Ringabschnitte für den Radverkehr geöffnet und ein attraktives Angebot geschaffen, welches viele Bürgerinnen und Bürger nutzen. In Zukunft wird es noch enger mit dem Hauptnetz-Rad verflochten.“
Die heftigen Debatten bis in den Stadtrat konnte man nicht überhören. Debatten, die am Schluss immer persönlicher wurden, was endgültig deutlich machte, dass es da schon längst nicht mehr um eine gerechte Aufteilung des Verkehrsraums ging, sondern darum, die Entwicklung Leipzigs zu einer umweltfreundlichen Stadt mit aller Gewalt zu verhindern.
Lebensqualität und Klimakrise
Und dabei hat das Ringen um eine gerechtere Verkehrsraumaufteilung erst begonnen, wie die Beschlussvorlage betont: „Die Beispiele verdeutlichen exemplarisch, dass Leipzig im Sinne der genannten Zielstellungen vorangeht und gesunde, nachhaltige und leistungsfähige urbane Räume entwickelt, die eine hohe Lebensqualität aufweisen und der Klimakrise entgegenwirken. Die Mobilitätswende und eine klimagerechte Stadt- und Verkehrsplanung stehen dabei in der jetzigen und zukünftigen Planung im Vordergrund.“
Und dann kam die Passage, die im Grunde an die empörten Diskussionsteilnehmer gerichtet war: „Der motorisierte Individualverkehr ist für viele Menschen aber immer noch ein wichtiges und notwendiges Transportmittel für den täglichen Arbeitsweg, aber auch für viele Dienstleistungen, Handwerkerinnen und Handwerker für den Wirtschafts- und Versorgungsverkehr. Erst durch einen Ausbau des Umweltverbundes können wir einen sozialverträglichen Umstieg gewährleisten und mit Argumenten, Angeboten und innovativen Ideen die Bürgerinnen und Bürger für eine notwendige Mobilitätswende begeistern.“
Ein Angebot, das ja schon viele Leipziger wahrnehmen. Das aber eben auch mit einer Umverteilung des Verkehrsraums – wie für den Radverkehr – zu tun hat.
Da war schon fast erstaunlich, dass bis auf sieben AfD-Stadträte, die sich der Stimmabgabe enthielten, alle anderen Fraktionen dem Petitionsvorschlag zustimmten.
Was geradezu verblüffend ist, nachdem schon mehrere CDU-Stadträte gesagt hatten, sie würden das nachhaltige Mobilitätsszenario nicht mehr unterstützen. Jetzt haben sie es doch wieder getan. Wenn auch nur mit stiller Zustimmung.
Es gibt 13 Kommentare
@SebastianT
Ich finde es schade, dass Sie es anscheinend wohl nie gelernt haben, sich sachlich und wertschätzend auszudrücken. Und ebenso bedauerlich, dass die Redaktion dies zulässt.
Wohlgemerkt und explizit: Es geht mir hiermit in keiner Weise um Ihre Meinung zum Autoverkehr und Umweltschutz. Vermutlich sind wir hier in unseren Meinungen ziemlich deckungsgleich. hre Ausdrucksweise ist jedoch unterirdisch, extrem pöbelhaft und beleidigend. Meinen Sie, dass Sie auf diese Art und Weise irgend etwas anderes erreichen, als Ihrer Wut und Ihrem Hass Ausdruck zu verleihen. Na ja, vielleicht besser so, als irgendwo Mülleimer abzufackeln oder Leute auf der Straße anzupöbeln.
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Ich bitte die Redaktion, sich doch mal ernsthaft zu überlegen, ob der User nicht ernsthaft auf Dauer gesperrt wird. Dies sind keine Diskussionsbeiträge, was SebastianT hier einbringt. Der Sprachstil ist meiner Meinung nach schon pathologisch. Internethetze ist wohl nicht nur politisch rechts zu verorten – SebastianT scheint uns dies deutlich machen zu wollen. So was bin ich eher von AfD und Co. gewöhnt.
Oh wie schön, der Nächste der mit dem Vorwurf des “völkischen” kommt?
Warum nicht gleich bis zu Christi Geburt zurück gehen, um Anderen die Dümmlichkeit hinterhertragen zu können? Da war es sicher noch grüner als 1850 und man hat gleich noch jemanden blöd gemacht.
Wer auf Nachlesen hier im Faden keine Lust hat: Urs schrieb von ” je zu Lebzeiten auch des ältesten Einwohners”, ich von “Generationenweit”. Was ich meinte: Generationen, die man selbst kannte. Und ob es zu Zille’s Zeiten wirklich sauber und schön war, ist wohl eine Sache des persönlichen Geschmacks.
Wie ich inzwischen weitere Kommentare lese und zudem nochmal das Titelbild dieses Posts sehe, lieber Autor, das von einer “Greenpeace”-Demo 17.Mai unmittelbar vor der damals angesetzten Stadtratssitzung, an u.a. der Herr Oberbürgermeister seine auch in diesem Medium beachtete wegweisende Rede hielt, stammt, habe ich mich erinnert, daß ich an dem Tag auf dem Weg zum Peterssteinweg zur fraglichen Zeit dort vorbeikam und die “Greenpeace”-Demonstranten mit genau dem oben gezeigten Transparent vorm Rathausportal stehen sah. Es war allenfalls ein halbes Dutzend. Einer darunter nahm ein Megaphon, und wenn ich mich aus der Entfernung nicht verhört habe, begrüßte er die “zahlreich Erschienen”, was mir kurios vorkam.
Wenn ich mir nun in Ruhe das Transparent anschaue, frage ich mich, wie die Leute öffentlich eigentlich ernstgenommen werden wollen? “Städte für Menschen, nicht für Autos” ist ein Slogan, der mir als Karikatur vorkommt. Nun könnte ich mir selbst einwenden, daß es halt das Destillat von breiten Ãœberlegungen sein könnte. Ja, das wird es auch sein, aber ein Großteil der Ãœberlegungen von “Greenpeace” (und eben auch der o.g. Petition) artikulieren eine überwiegend groteske, die Grenze zur Infantilisierung nicht scheuende, trotzig aufstampfende Ansicht, wir hätten es mit Leipzig mit einer sog. autogerechten Stadt zu tun. Das ist, von sehr wenigen Ausnahme-Straßen (z.B. der Trasse der heutigen Bowmanstraße) abgesehen, Stuß. Auch das kurze Stück der heutigen Käthe-Kollwitz-Straße zwschen Elsterstraße und heutigem Westplatz ist so eine Ausnahme, die allerdings durch die fast vollständige Zerstörung des dort eigentlich gewesenen Quartiers im Bereich der Alexanderstraße und deren südlichem Teil, der heute Max-Beckmann-Straße heißt, erheblich begünstigt wurde (mitten auf der heutigen Fahrbahn stand einstmals eine katholische Bürgerschule, entnehme ich dem historischen Stadtplan).
Zurück zur “Greenpeace”-Demo vorm Rathaus am 17.Mai. Unter https://greenwire.greenpeace.de/greenpeace-leipzig/veranstaltung/demo-fuer-nachhaltige-verkehrspolitik findet sich noch der Aufruf dazu. Dort schrieb ein gewisser Erik Butter:
“Wir gehen am 17.5. vor der Stadtratssitzung für eine nachhaltige Verkehrspolitik auf die Straße. Gemeinsam mit euch fordern wir den Stadtrat und die Verwaltung auf, Leipzig voranzubringen, indem das Nachhaltigkeitsszenario der Mobilitätsstrategie konsequent umgesetzt wird. Die ewig-gestrigen Verzöger[er] und Verhinder[er] aus der Autolobby versuchen immer wieder[,] mit schwammigen und unaufrichtigen Behauptungen die Verkehrswende zu blockieren. Dem möchten wir gemeinsam etwas entgegensetzen.”
Klingt kühn und kämpferisch. Und weiter:
“Warum brauchen wir eine nachhaltige Verkehrswende?
– Wir wollen die Zahl der Verletzten und Toten im Straßenverkehr reduzieren.
– Leipzig muss auch nach der Velocity zeigen, dass es nicht nur Bikewashing betreibt, sondern schwächere Verkehrsteilnehmer und den Umweltverbund stärkt
– Verkehrpolitik muss den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht werden. Dazu gehören die Klimakrise, aber auch steigende Presie für fossile Treibstoffe
– Den steigenden Preisen (auch für fossile Kraftstoffe) muss eine Verkehrspolitik entgegengesetzt werden, für die man nicht erst anderthalb Tonnen Blech als Eintrittskarte braucht.”
Selbstverständlich halte ich nicht alle vier Punkt für grundfalsch. Leider aber kommt nur ein Punkt davon ohne bemühte Ãœbertreibung aus. Warum? Gerade der letzte Punkt in der vorgetragenen Fassung disqualifiziert sich eigentlich selbst. Der zweite Punkt mit dem Neologismus “Bikewashing” sollte den Enthusiasten peinlich sein, was aber bestimmt nicht der Fall war und ist. Und der erste Punkt ist, bitte entschuldigen Sie meine Wortwahl, mit der ich dennoch die Pietät Opfern gegenüber wahren möchte, ein Tränenzieher. Und nicht zuletzt das auf der “Greenpeace”-Seite zu sehende und damals auch vor dem Rathaus hochgehaltene Banner mit “Wo ein Wille, da ein Radweg.” zeigt einen Grad der Eindimensionalität, den ich bei Erwachsenen Zeitgenossen in der Großstadt Leipzig eigentlich nicht für möglich gehalten habe.
Wie ich damals am Rathaus vorbeikam, begegnete mir noch Getu Abraham (SPD), den ich aus anderem Zusammenhang kenne und der offenbar zur Stadtratssitzung eilte. Wir plauderten eine Weile und vereinbarten uns für bald. Hätte ich damals gewußt, daß in der genau der Sitzung Burkhard Jung, dessen Eintritt in die SPD ich vor ca. 20 Jahren mal ungewollt aus seinem Mund laut von einem Nebentisch eines Freisitzes auf dem Marktplatz vernahm, eine verkehrspolitische Rede, die sich genau der hier dargestellten, oft grotesken Übertreibungen bedient, halten würde, hätte ich Getu, der wirklich ein kluger Kopf ist, sofort gefragt, ob er nicht erwägen könnte, absehbar die Nachfolge von Burkhard Jung anzustreben. Das werde ich nachholen.
Genau, Leipzig ist heute viel grüner und sauberer als 1950 oder 1900 oder 1850. Ganz klar!
Das ist leider nur noch dümmlich; nicht jeder hat so ein kurzes Gedächtnis wie die vermeintlichen “Volksversteher”.
Hallo SebastianT,
Für Ihre anscheinend große Sorge vor dem Verlust der “Deutungshoheit” kann hier niemand etwas. Und was war noch mal der Umriss des Begriffes “faschistoid”? Wenn man andere Gedanken / Abweichung nicht zulässt, oder?
Sie wurden übrigens letztens nicht beleidigt. Sie wurden lediglich um den beleidigenden Teil Ihrer “Botschaften” durch die Redaktion erleichtert. Und das ging auch nicht von Urs aus, sondern von Leuten die eigentlich mit auf Ihrer Seite stehen. Was natürlich egal ist, wenn man sich erst mal selbst genügt…
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Und natürlich hat Urs völlig recht wenn er sagt, dass Leipzig generationenweit gedacht nie grüner und sauberer war als heute. Auch wenn er sagt, dass die gewählten Begriffe meistens völlig übertrieben und die beschriebenen Zustände kaum belegbar und herbeigeredet sind. Es handelt sich einfach nur um einen Traum, den manche Leute gern vor ihrer Haustür umsetzen wollen, und nicht um die einzig wahre, vernünftige Gestaltung einer Stadt.
*[…] CDU, Teilen der FDP […]
Das Hetzbärchen mal wieder: Schreibt extrem viel, doch alles nur wieder neurechtes Geschwurbel und regressiver Spam. Keine Chance, daß ich diesem Müll auch noch komplett lese.
Das Einzige, was ich hierbei an Eindimendionalität erkenne, kommt von diesem mitteilungsbedürftigen Lügenspammer und Autofetischisten hier. Erneuter pathologischer Versuch des Gewinnens einer “Deutungshoheit” durch Schimpfen, Jammern, ständiges Lügen und neurechte Hetze? Gescheitert…
Die Aktionen laufen hoffentlich konsequent weiter, die Verkehrsräume werden weiter konsequent neu aufgeteilt, und niemals sollte die regressiv-rechte Sabotagefraktion um CD, teilen der FDP und NSAfD auch nur ein Fraktum an Mehrheitsverhältnissen im Stadtrat erlangen!
Und auch wenn das Schipmfebärchen mich wieder zu beleidigen und diskreditieren versucht: Dinge werden weiterhin beim Namen genannt, wenn mir danach ist. Sein faschistoides Gedankengut eignet sich ideal, um sein wahres Gesicht zu verdeutlichen. Sachlichkeit und Toleranz hat solch ein Subjekt, analog wie der Namensvetter, wenn er ausfällig wird, nicht verdient.
Was ist an einer Petition, die irgendwie doch mit “Gleichberechtigung aller Menschen im Verkehrssektor” einen Titel hat, so besonders, wenn es darin im Grunde um nix anderes als den putzigen Gehzeug-Mann https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Knoflacher geht, lieber Autor? “WIen hat es geschafft, Autofahrern das Autofahren richtig schön zu vergraulen.” sagt Anna Tillack vom ARD-Studio Wien. Ja und? Was bitte soll daraus für Leipzig abgeleitet werden, lieber Autor?
Die ganze Petitions-Passage, die Sie bereits zitiert hatten
“Es hat auch mit dem Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz zu tun, dass man Autos, welche nicht nur erheblich dem Klima- und der Umwelt schaden, sondern jeden Tag den ÖPNV in Leipzig ausbremsen und neben direkt Verkehrstoten die Gesundheit der Menschen ruinieren, aus der Stadt verbannt, indem man allen Menschen auf öffentlichen Wegen den gleichen Platz einräumt. Zurzeit werden Autofahrer demnach massiv bevorteilt, Fläche wird versiegelt, man vernichtet jeden Tag durch das Verkehrschaos Leben.”
ist voller gut erkennbarer Übertreibungen, Dramatisierungen, Verabsolutierungen, Schlichtheiten und Eindimensionalitäten, was festzustellen eben auch überhaupt nicht pietätlos ist, denn Opfer gibt es sehr wohl, bei Autounfällen, Radunfällen, Straßenbahnunfällen, und so weiter.
Und der egalitäre Petitions-Gedanke, “Ziel der städtischen Verkehrsplanung und Stadtentwicklung soll es sein, praktisch allen Menschen den gleichen Platz in der Stadt auf öffentlichen Straßen zuzusagen, was zu einer drastischen Reduzierung der Autobelastung führen würde.” rüttelt derart an den Grundfesten der gesamten Gesellschaftsordnung, daß ich zwar spontan rufen möchte, “Klar, wohlan, mehr davon!”, aber ich weiß eins: wer zuerst zuckt, verliert! Die Gesellschaft, sie ist nicht so. Noch jeder notverkaufte Kleinwagen mit 4000km Jahresfahrleistung eines Unterschichtsangehörigen wird Platz schaffen für die, die es sich unter allen Umständen auch mit einem Hummer und der zehnfachen Fahrleistung werden leisten können. Wenn das nicht ein Zeichen eines elitären Programms ist?
Knoflachers Logik ist schlicht und eindimensional, die des Petenten oder der Petentin ebenfalls. Den Videoclip als Fachmeinung hinzustellen, ist albern. Daß man ins Zentrum einer Großstadt wie Wien erwartungsgemäß mit der Bahn flotter vorankommt, als mit dem Auto, weil das so gewollt ist (wie die Kioskverkäuferin raunt), ist wirklich langweilig. Das erinnert mich an ähnliche Versuche der LVZ, die so in etwa ergaben, daß man mit dem Auto halt flotter, sagen wir, von Markranstädt nach Liebertwolkwitz kommt, als mit was anderem, auch das ist gewollt.
Mir würde wirklich viel einfallen, womit man Autofahrer in Leipzig weiter vergraulen könnte, aber wozu? Was soll dabei rauskommen, wem wäre geholfen, ich meine, wirklich geholfen? Auf allen Maßstäben, auf alle gesellschaftlichen Bereiche? Mal ohne Dramatisierung gedacht?
Sie meinen, lieber Autor, es sei im Stadtrat letzthin auch weniger um “eine gerechte Aufteilung des Verkehrsraums” gegangen, “sondern darum, die Entwicklung Leipzigs zu einer umweltfreundlichen Stadt mit aller Gewalt zu verhindern”. Nein, lieber Autor, so einfach liegen die Dinge nicht. Weder gibt es Flächengerechtigkeit (ein Buzzword aus dem Thinktank) als solche, noch ist jemand “mit aller Gewalt” dagegen, daß es ein umweltfreundliches Leipzig gibt und weiter geben wird.
Leipzig ist umweltfreundlicher, als es je zu Lebzeiten auch des ältesten Einwohners war. Aber der gesellschaftliche Druck (etwa Abstiegsängste, Ungleichheit, Blasenbildung) ist markant. Wenn sich unter solchen Umständen eine durchaus heterogene, aber überwiegend privilegierte Szene bildet, die sich an den Hauptbahnhof stellt und jeden Radler auf der neuen Spur mit “Heh” bejubelt und sich hinstellt, sie seien die Helden von Gerechtigkeit, dann glaubt die Majorität der Leute genau diese Botschaft unter keinen Umständen. Ich möchte bitten, daß sie künftig in diesem Medium genau dieses dicke Brett Gesellschaft bohren. Autos zu verteufeln, hätte meine Mutter selig gesagt, “kann jeder Dumme”. Und umgekehrt, Fahrräder in den Himmel zu heben, genauso.
L.A. hat auch den Klimanotstand ausgerufen.
Hallo fra,
Da wir den Klimanotstand nur in den kommunalen Grenzen von Leipzig ausgerufen haben, genügt es doch vollkommen, wenn hier die Push-Faktoren auf Autobesitzer verstärkt werden. In Taucha, Halle oder Los Angeles ist das wieder was GANZ anderes. 😉
Ãœber Jobs und Steuern freuen wir uns alle, aber irgendwie passt der Enthusiasmus an dieser Stelle wirklich nicht so ganz zum Rest.
@EarlGrey
Das Sie Autos mit Waffen vergleichen ist ein interessanter Ansatz den Sie mir irgend wann mal erklären können.
Das nicht alle Fahrzeuge für Leipzig bestimmt sind ist mir schon klar. Mir geht es nur um den offensichtlichen Missverhältnis. Auf der einen Seite möchte man an der Produktion von noch mehr Autos für den MIV partizipieren, auf der anderen Seite den MIV in Leipzig reduzieren.
Was das mit den anderen Absatzmärkten ist, sind Sie wahrscheinlich der Meinung das der dortige Anstieg des MIV nicht so schlimm ist. Leider haben wir nur eine Welt.
In Leipzig werden Autos gebaut, weil hier die Voraussetzungen zum Wirtschaften günstig waren/ sind, u.a . für eine Werkserweiterung. Leipzig ist nicht der Absatzmarkt für die Produkte. Ein ordenticher Anteil verlässt sogar zügig das Land, weil dort die Absatzmärkte ist.
Wenn nun immer wieder ein vermeindlicher Zusammenhang hergestellt wird, dann müssten auch durch Kassel ständig Panzer rollen und auf den Straßen von Suhl andauernd geschossen werden.
Da ist es doch gut, das in Leipzig demnächst noch mehr Autos gebaut werden.
“die Stadt Leipzig dem Autobauer eine freie Fläche im Industriepark Nord zur Verfügung” Meldung vom 22.05.2023