Was nutzt eigentlich ein Ordnungsdienst, der den ruhenden Verkehr nur tagsüber kontrolliert, wenn alle auf der Arbeit sind? So ungefähr dachte sich das Alexander John, als er im März kurzerhand eine Petition an die Stadt Leipzig richtete, die das Ordnungsamt verpflichten sollte, sieben Tage in der Woche sogar rund um die Uhr zu kontrollieren. Doch der Stadtrat wird über diese Petition nicht abstimmen, das wurde schon am 31. März klar.

Da beschäftigte sich der Petitionsausschuss des Stadtrates mit der Petition „Kontrollzeiten des Ordnungsamtes ausweiten“. Doch als Petition für die Ratsversammlung würde man ihn nicht annehmen können.

Stadtrat ohne Entscheidungsrecht

„Der Ausschuss fasste den Beschluss, Ihr Anliegen nicht als Petition für den Stadtrat, sondern als Petition für den Oberbürgermeister anzunehmen. Ihr Anliegen wurde dem fachlich zuständigen Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung und Sport zur Bearbeitung und Beantwortung übergeben. Sie werden von dort eine abschließende Antwort erhalten. Eine Beteiligung des Stadtrates erfolgt von Rechts wegen nicht“, teilte der Petitionsausschuss mit.

Und begründete das auch. Denn wenn es um die Arbeitszeiten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ordnungsamtes geht, hat der Stadtrat kein Beschlussrecht.

„Mit Ihrem Anschreiben schlagen Sie vor, aufgrund des im Haushaltsplans beschlossenen Stellenaufwuchses im Ordnungsamt die Kontrollzeiten des ruhenden Verkehrs auf 24 Stunden/7 Tage die Woche auszuweiten. Die Aufgaben des Ordnungsamtes werden von der Orts- bzw. Kreispolizeibehörde wahrgenommen. Die Aufgaben der Orts- bzw. Kreispolizeibehörde obliegen der Stadt Leipzig als Weisungsaufgaben (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 und 4 sowie Abs. 2 des Sächsischen Polizeibehördengesetzes (SächsPolBG)).

Weisungsaufgaben erledigt der Oberbürgermeister in eigener Verantwortung ohne Beteiligung des Stadtrates (§ 53 Abs. 3 Satz 1 SächsGemO)“, so der Petitionsausschuss.

In Weisungsaufgaben kann der Stadtrat nicht eingreifen.

Kontrolldichte soll erhöht werden

Aber nimmt dann wenigstens das Ordnungsdezernat die Gelegenheit wahr, wenn jetzt insgesamt 43 zusätzliche Stellen für die Verkehrssicherheit zur Verfügung stehen, die Kontrollzeiten auszuweiten?

Dem erteilt Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal in einem Brief an Alexander John, der uns vorliegt, eine klare Absage. Denn eigentlich, so Rosenthal, werde das zusätzliche Personal gebraucht, die Kontrolldichte im Stadtgebiet zu erhöhen.

„Die Regeldienstzeiten (Montag bis Freitag 07:00 bis 22:00 und Samstag 09:00 bis 17:30 Uhr) decken zusammen mit Sondereinsätzen an Sonn- und Feiertagen, für die bedarfsweise Personal gestellt wird, die verkehrsreichen Zeiten ab“, teilt der Bürgermeister mit. Die Kontrolldichte solle innerhalb dieser Zeit erhöht werden. Aber: „Eine Erweiterung der Regeldienstzeiten würde diesem Ziel zuwiderlaufen.“

Außerdem arbeite man gerade an Ausstattung und Unterbringung des zusätzlichen Personals. Und letztlich müsse bei Veränderung von Dienstzeiten der Personalrat gefragt werden, dem die Dienststelle darzulegen habe, „aus welchen Gründen die Arbeit im Nachtzeitraum und an Sonn- und Feiertagen notwendig ist.“

Gefragt hat der Bürgermeister den Personalrat freilich noch nicht, deswegen könne er auch noch keine Prognose abgeben, wie sich der Personalrat dazu stellen würde.

Wenig Kontrollen außerhalb der Kernzeit

Womit dann wieder die Frage im Raum steht, ob Kontrollen nach Feierabend tatsächlich nicht notwendig sind, obwohl es gerade in dieser Zeit viele Beschwerden über zugeparkte Gehwege und Kreuzungen gibt. Denn laut Arbeitsvertrag wird zwar zwischen 7 Uhr und 22 Uhr kontrolliert.

Aber in der Regel trifft man außerhalb der Kernzeit 8 Uhr bis 21 Uhr keine Ordnungsamtsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter beim Kontrollieren des ruhenden Verkehrs mehr an.

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Es gibt 14 Kommentare

Ich verstehe Alexander John gut, lieber Autor, er will sich nicht selbst die Nächte um die Ohren schlagen! Aber Hilfe naht: KI auf autonomer mobiler Robotik. Dann wird das Verzeigen der Vergangenheit angehören, die Dinger erfassen alle Ordnungswidrigkeiten und räumen dann auch gleich selbst und gründlich mit geeigneter Aktorik auf, Stichwort: Zerlegung in aseptische Einzelteile (ok, das ist jetzt von Loriot geklaut).

Hallo “Leser”,
nicht über jedes Stöckchen springen. Manchen gehts nur ums Wiederholen des privaten Kleinkrieges, oder das am-Leben-halten des längst verbrauchten Kindergartenhashtags. “Der Heiko” wird sich hier aller Voraussicht nach nicht melden.

@EarlGrey: Unsinn. Heute morgen sah ich zwei Politessen um 07:05 Uhr Strafzettel an Falschparker verteilen.

@C.
In den Niederlanden ist die Erfassung mittels Scan-Fahrzeugen schon seit Jahren Standard. In Dtl. ist Datenschutz allerdings höher gewichtet und es soll das Hindernis erfasst und beseitigt werden. Teil 2, die Beseitigung, funktioniert auch jetzt schon schlecht und würde mit Scan-Fahrzeugen sicherlich nicht besser werden.

In den kommenden Jahren wird es sicher auch hierzulande gelingen, die digitale Parkraumkontrolle mithilfe von Scan-Fahrzeugen durchzusetzen. Das ist weniger personalintensiv und effizienter als das Begehen der Straßen zu Fuß.

@ Christian
Aus der Warte des Strafrechts betrachtet haben sie recht, keine Frage. Ich sehe aber auch eine politische Verantwortung, wenn Gefahren bekannt sind und jahrelang nichts unternommen wird, um sie abzustellen. Das wäre hier die konsequente Sanktionierung von Falschparkern in den betroffenen Quartieren und das 24/7. Natürlich kostet das. Ein wenig wird durch die immer noch viel zu billigen Verwarnungen refinanziert und die Abschlepper gestalten ihre Tarife schon so, dass sie für sie auskömmlich sind.
„Schäden entstehen“ habe ich nicht geschrieben, sondern „Menschen Schaden nehmen“. Das bedeutet im ungünstigsten Fall „ersticken oder verbrennen“.

Wie bitte? Die Verkehrsüberwachung sieht man erst ab 8 Uhr. Das ist doch Arbeitszeitbetrug. Weiss da #heikoluegt mehr?
Es wurden “im Bereich der Vollzugsbediensteten keine Fälle festgestellt” (VII-EF-08467). Puh, na dann können wir uns alle ja wieder hinlegen.

Oh ja, ein ganz schmerzliches Thema. In meinem Stadtteil ist es für Rollstuhlfahrer, alte Leute, gehbehinderte Menschen mit Rollator oder andere Gehhilfen eine schlimme Sache. Alles nach dem Motto: Nach mir die Sinnflut. Abends und nachts müssen die halt gucken wo sie bleiben. Interessiert manche autofahrenden Mitmenschen einen feuchten Kehricht.

@christian und Sebastian
Wenn man die Arbeitszeiten flexibler gestaltet, ist das für Arbeitnehmer*innen attraktiver.
Selbst das Finanzamt bietet den Angestellten die Möglichkeit jederzeit zu arbeiten.
Es gibt übrigens Menschen, die sehr gern Nachts arbeiten.
Mir fallen im Bekanntenkreis spontan 20 Leute ein, die vor allem Nachts arbeiten, weil es ihrem natürlichen Tagesrhythmus entspricht.

@Sebastian Beyer
Das fürchte ich auch.
Ich glaube, vielen Bürgern geht es tierisch auf den Senkel, dass manche motorisierte Verkehrsteilnehmer abends machen und parken, was sie wollen; erst früh löst sich das wieder auf. Oft z.B. zugeparkte Straßenecken oder Markierungen.
Gut wäre schon, wenn es eine dichte adäquate Kontrolle innerhalb der zugesagten Zeiten gäbe.
Nicht perfekt, aber immerhin.
Letztens habe ich das tatsächlich wieder einmal erlebt, nach 20Uhr!

@Rudi Bauer
Schuldumkehr? Warum soll die Verwaltung Schuld sein, wenn es zu Schäden durch “Parkassis” kommt?
Genau diese sind es, die zu diesen Zuständen beitragen!
Schlimm genug, wenn die Verwaltung erhebliche Ressourcen aufwenden muss, um dem wenigstens etwas Herr zu werden.
Das sind unser aller Steuergelder!

So verständlich das Anliegen ist, mehr Kontrollen zu wünschen: Eine Ausweitung der Arbeitszeit auf 24/7 könnte dazu führen, dass das Leipziger Ordnungsamt einfach keine Bewerber mehr hätte. Im Augenblick wird in allen Verwaltungen gesucht und die Bewerberzahlen reichen schon nicht um den altersbedingten Schwund der nächsten Jahre auszugleichen. Auch das sollte beachtet werden. Eine Verstärkung der Kontrollen bis 22.00 Uhr sollte aber drin sein und vielleicht auch was bewirken. In meinen über 20 Jahren in Leipzig bis 2021 habe ich keine einzige solche Kontrolle persönlich wahrgenommen. Das sagt vielleicht einiges.

Mhh. Wenn zu den 57 Stellen aktuell noch 43 hinzukommen, müsste man dann nicht sogar zwangsläufig die Arbeitszeiten ausweiten? Der Personalaufwuchs bedeutet immerhin fast eine Verdopplung und im Moment gibts doch auch noch mehr als 100 Straßen, wo gar nicht kontrolliert werden darf.

@Uwe Ich fürchte, genau das soll es heißen. Die Variante hinter dem Schrägstrich trifft es ganz gut. Und ich fürchte weiterhin, dass, sollte es einmal in der Nacht brennen und Menschen Schaden nehmen, weil die Drehleiter nicht um eine rücksichtslos zugeparkte Straßenecke kommt, nur der kleine garagenlose Parkassi an die Wand genagelt wird und nicht die für den jahrelangen, gemeingefährlichen Schlendrian Verantwortlichen.

“die verkehrsreichen Zeiten” des ruhenden Verkehrs sind aber gerade die Nachtstunden.
Und nun? Oder soll das heißen, wenn weniger nicht ruhender Verkehr unterwegs ist, ist Falschparken legal/scheißegal!?

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