Jetzt hat der Stadtrat endlich entschieden. Der Antrag von Juliane Nagel (Die Linke), die Einführung von Tempo 30 auf der Wolfgang-Heinze-Straße zu prüfen, wurde mit Stimmen von SPD, Grünen und Linken angenommen. Die Diskussion wird damit aber wahrscheinlich noch nicht zu Ende sein.
Im Antrag von Juliane Nagel heißt es nämlich nicht: Die Stadt führt Tempo 30 auf der Wolfgang-Heinze-Straße ein. Sondern dort steht, dass die Stadt Tempo 30 bis zum III. Quartal 2023 prüft. Der Antrag soll nämlich nur die Prüfung, die bereits stattfindet, beschleunigen.
Außerdem soll die Stadt im gleichen Zeitraum zusätzlich die Lärmbelastung auf Abschnitten der Karl-Heine- und der Richard-Lehmann-Straße berechnen. Warum das so kompliziert ist: Rechtlich gibt es viele Hürden für die Einrichtung von Tempo 30 auf Haupt- und Vorfahrtsstraßen, auch wenn die Lärmbelastung hoch ist.
„Es ist festgestellt, dass die Auslösewerte zur Lärmbelästigung im Bereich der Wolfgang-Heinze-Straße überschritten werden: die Auslösewerte, die wir im Lärmaktionsplan auch festgelegt haben“, so Juliane Nagel.
Dabei wurde außerdem in der 2. Fortschreibung des Lärmaktionsplans (LAP) der Stadt Leipzig die Straße erwähnt als „Hauptverkehrsstraße mit einer schwierigen Straßen-Oberflächen-Beschaffenheit, Großverbundplatten, Straßenbahnschienen, die mit Pflaster umgeben sind und in dieser Beschaffenheit erzeugt diese Straße, wie auch Straßen mit ähnlicher Bauart in Leipzig, Lärm“, so Nagel.
Umständlicher Prozess ist kein Zufall
Ob die Prüfung tatsächlich schneller gehen wird, ist aber fraglich. Die Stadt argumentierte, dass im LAP Brennpunkte festgelegt seien, auf die sich die Maßnahme konzentriere. Flächendeckend sei die Tempo 30-Prüfung ein zu großer Aufwand.
Das heißt: Auch wenn sich inhaltlich vielleicht niemand gegen Tempo 30 auf der Wolfgang-Heinze-Straße stellt, sind Zeit und Kapazitäten einfach begrenzt. Genau deshalb hatte der Verwaltungsstandpunkt zu dem Antrag vorgeschlagen, die Prüfung in die 3. Fortschreibung des Lärmaktionsplans aufzunehmen. Diese kommt aber planmäßig erst 2027/28.
Die Diskussion um die Wolfgang-Heinze-Straße weist auf ein größeres Problem hin. Laut Baubürgermeister Thomas Dienberg sind die Hürden für Tempo 30 auf Haupt- und Vorfahrtsstraßen bisher extrem hoch. Das bedeutet entweder großen Arbeitsaufwand für die Kommunen oder gar die rechtliche Unmöglichkeit, Tempo 30 auf einigen Straßen einzuführen.
Dabei sei das nach Dienberg in Zeiten von Verkehrs- und Mobilitätswende eine sehr preisgünstige Maßnahme. Außerdem wird dadurch nicht nur der Lärm reduziert: auch das Unfallrisiko und die Umweltbelastung sinken.
Damit das Klein-klein nicht in jeder Kommune und für jede Straße neu ausgetragen werden müsse, wolle Dienberg nun Druck auf Bundesebene machen. Schnell gehen werde das aber nicht.
Mehr als zweijährige Diskussion
Dementsprechend wird auch die Diskussion in Leipzig schon lange geführt. Bereits 2020 hatte das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA) auf Anfrage von Juliane Nagel keinen belastbaren Grund für Tempo 30 auf der Wolfgang-Heinze-Straße gesehen. Das VTA stützte sich auf Berechnungen, welche die Lärmbelastung durch die Schienen in der Straße nicht einbezogen. Auch Thomas Kumbernuß erhielt 2022 die gleiche Begründung, wieder mit Verweis darauf, dass die gesetzliche Grundlage fehle.
Erst vor Kurzem kam das Thema bei der Veröffentlichung der 2. Fortschreibung des LAP wieder auf. Die CDU argumentierte gegen flächendeckende Tempo 30 Zonen in Leipzig, die der Plan gar nicht vorsieht. Die seien nämlich gar nicht so wirkungsvoll, betonte Sabine Heymann (CDU-Stadträtin) und bezog sich auf eine Studie, die sich allerdings gar nicht auf Lärmbelastung, sondern auf Verkehrsverlagerung bezieht.
„Ich will nochmal betonen, um was es geht: Lärm macht krank und schränkt die Lebensqualität ein“, so Juliane Nagel. „Wir tun gut daran, ihn mit der Prüfung der Anordnung von Tempo 30 zumindest zu lindern und wir sind gesetzlich auch dazu verpflichtet.“
Auch das Leibniz-Institut hatte sich eingemischt und bot mal ein paar Fakten: in Leipzig sind nur 39,5 % der Straßen bei Tempo 30. Im Vergleich dazu: Spitzenreiterin Berlin liegt bei 60 %. Die Analysen für die Gründe dieser Zahlen seien laut Leibniz-Institut noch nicht abgeschlossen. Das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage sei jedoch naheliegenderweise ein Auslöser für diese schlechten Zahlen in Leipzig.
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Eine längst überfällige Maßnahme.
Das einzige was stört ist der Fakt vom Leibniz-Institut der ohne Aufschlüsslung nach Straßentyp nicht aussagekräftig ist wie das Berlin x% Straßen mit Tempo 100 gegen Leipzig mit 0% hat.