Rechtliche Vorgaben sind wichtig für das Zusammenleben aller Menschen – aber manchmal einfach nur, gelinde gesagt, absurd. Da geht es beispielsweise um drei Bänke auf einem gepflasterten Platz in der Stadt, die ernsthaft nicht gebaut werden dürfen, weil hier das Urheberrecht in die Quere kommt. Höchste Zeit, dass hier gegengesteuert wird, fand die SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat.
Als konkretes Beispiel für diesen unsäglichen Zustand galt der 2013 umgestaltete Huygensplatz in Leipzig-Möckern: „Aufgrund eines Architektenwettbewerbs und der damit verbundenen Urheberrechte der beteiligten Architekten, kann dieser Platz für viele Jahre nicht mehr umgestaltet werden, selbst wenn die Stadt auf sich ändernde Nutzungen oder das steigende Bedürfnis nach mehr Grün im urbanen Raum reagieren möchte“, wie die SPD-Fraktion ihren Antrag erläuterte.
Oder, mit anderen Worten: Es ist gesetzlich vorgesehen, dass Architektinnen und Architekten ein eingeräumtes Urheberrecht an der Gestaltung eines Platzes genießen, der damit quasi zum schutzwürdigen Kunstwerk statt Allgemeingut wird. Mit der paradoxen Konsequenz, dass dieses Areal nicht mehr ohne Weiteres angerührt werden darf und jenen fehlt, die dort Zeit verbringen wollen, alten Menschen, die eine Bank zur Rast suchen oder Wohnungslosen, die dort schlafen wollen.
Änderungen auch rückwirkend möglich?
In seiner kurzen Rede zum Thema warb SPD-Stadtrat Andreas Geisler um Zustimmung für einen Antrag seiner Fraktion, der da lautete: „Der Oberbürgermeister prüft, wie auch mit Blick auf Fördermittelbindungen oder Urheberrechte nach Architekturwettbewerben sichergestellt werden kann, dass kommunale Freiflächen und Plätze entsprechend sich ändernder Anforderungen (Nutzungsart, -verhalten und -intensität) zeitnah angepasst werden können.“
Plätze in Leipzig müssten an die Bedürfnisse der Bevölkerung angepasst werden, nicht zuletzt wegen der Lebensqualität und im Hinblick auf klimatische Veränderungen, führte Geisler aus und mahnte eine bessere Vertragsgestaltung an. Entscheidend war dabei nicht zuletzt auch die Möglichkeit, durch Gespräche, Verhandlungen und einen möglichen Abkauf von Urheberrechten eventuell rückwirkend tätig zu werden.
Hier hatte sich die Stadt in ihrem Verwaltungsstandpunkt (VSP) skeptisch gezeigt: Änderungen im Nachhinein seien teuer, zeitintensiv und eventuell rechtlich nicht umsetzbar, obgleich mehr Flexibilität im Umgang mit dem öffentlichen Raum richtig und geboten sei. Man wolle daher eine in diesem Sinne bessere Vertragsgestaltung hinsichtlich Urheberrechten und der Bindungsfrist von Fördermitteln prüfen.
Ein Beispiel aus Berlin
Für die AfD-Fraktion schloss sich deren Stadtrat Christian Kriegel dem VSP an und übernahm die Argumentation, dass man die Gesetze nicht zur Vergangenheit hin beugen könne.
Ute Elisabeth Gabelmann (Freibeuter-Fraktion) verwies dagegen auf das Beispiel der Hedwigs-Kathedrale in Berlin: Die Neugestaltung des Innenraums im Gotteshaus war dort nach heftigem Streit genehmigt worden, nachdem gerichtlich entschieden war, dass der Umbau nicht gegen das Urheberrecht des Architekten Hans Schwippert (1899–1973) verstieß. Sie sprach sich für den Originalantrag aus.
Prüfauftrag an OBM abgesegnet – Ergebnisse voraussichtlich im 2. Quartal
Der Antrag in der Fassung der SPD-Fraktion wurde nach kurzer Debatte mit 38 zu 7 Stimmen angenommen, Enthaltungen gab es keine. Der VSP dagegen ist mehrheitlich abgelehnt (39 zu 10 Stimmen, 3 Enthaltungen). Damit ergeht nun ein Prüfauftrag an OBM Burkhard Jung, wie Verträge zur Gestaltung öffentlicher Räume künftig aussehen können.
Das könnte konkret bedeuten, dass künftig nur noch jene Architekturbüros einen öffentlichen Auftrag auf ihren Tisch bekommen, die auf keinem Urheberrecht beharren und Plätze in der Stadt als Gemeingut begreifen, das angesichts dynamischer Faktoren wie Bevölkerungswachstum oder Klimawandel-Anpassung problemlos zeitnah umgestaltet werden darf.
Mit Prüfergebnissen wird im kommenden Quartal gerechnet.
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