Bereits im Mai 2020 wurde im Stadtrat ein Antrag der Linken zur Förderung der Kinder- und Jugend beschlossen. Fast drei Jahre und die Corona-Pandemie später zeigt sich, wie unverhältnismäßig langsam schon wieder gehandelt wird, wenn es um Menschenrechte geht.
Laut der Linken kommt die Erarbeitung der Kindercharta „nur schleppend voran“. Deshalb stellte die Fraktion im Dezember 2022 einen weiteren Antrag, der die Arbeit der Stadtverwaltung beschleunigen soll. Der Antrag wurde in der Neufassung der Linken mit 34 Stimmen dafür, null Enthaltungen und 20 Stimmen dagegen angenommen.
„Der Kern des Antrags ist, das Thema Kinderrechte bekannter zu machen“, so Juliane Nagel (Die Linke) stellvertretend für William Rambow. „Das soll (…) über einen gut gewählten ‚Platz der Kinderrechte‘ in Leipzig passieren. Wir wollen aber nicht, dass einfach ein Platz benannt wird und dann ein Häkchen gemacht wird, sondern stellen uns eigentlich einen Ort vor, der lebendig ist und an dem eine öffentliche Auseinandersetzung mit Kinderrechten auch gefördert wird.“
Am 20. Mai 2020 war die erste Vorlage der Fraktion Die Linke im Stadtrat beschlossen worden, in der ein Leipziger Kinder- und Jugendgrundgesetz gefordert wird. Dazu sollte die Stadt eine „umfassende Gesamtstrategie zur Prävention armutsbedingter Folgen“ (Beschlussvorlage vom 20.05.20) entwickeln, einen Runden Tisch dazu ins Leben rufen und das Thema bei der Leipziger Bildungskonferenz aufbringen. Die Umsetzung sollte bis 2021 stattfinden.
Kinder haben keine Lobby
„Das ist durchaus kein neues (Thema) hier bei uns im Stadtrat. Kinder- und Jugendrechte erfordern aber unser besonderes Augenmerk, da Kinder und Jugendliche ihre Interessen nicht selbst, auch hier im Stadtrat nicht, vertreten können“, so Nagel.
In dem Antrag steht dementsprechend wenig Neues. Die Neufassung sieht vor, dass der OBM die Arbeit der Stadtverwaltung „fortlaufend kritisch“ überprüft, um die Umsetzung der bereits beschlossenen Konzepte für Kinder- und Jugendrechte sowie die Hilfeplanung umzusetzen.
Zusätzlich soll es einen „Platz der Kinderrechte“ in Leipzig geben, um öffentliche Sichtbarkeit zu schaffen, denn so lautet die Begründung der Vorlage: „Nur Kinderrechte, die bekannt sind, können auch eingefordert werden.“
Außerdem soll der OBM sich auf Landes- und Bundesebene für Maßnahmen zur Bekämpfung der Kinderarmut einsetzen.
Stadtverwaltung will sich selbst überprüfen
Der Verwaltungsstandpunkt zur Vorlage der Linken griff den Vorschlag eines „Platzes für Kinderrechte“ auf und will geeignete Plätze dafür prüfen. Statt einer kritischen Begleitung des OBM schlug sie jedoch vor:
„Die Stadtverwaltung setzt die Beschlüsse des Stadtrats bezüglich der Kindercharta, eines Präventionskonzepts gegen Kinderarmut sowie die Überarbeitung des Konzepts ‚Kinder- und Jugendbeteiligung‘ um. Die Zwischenergebnisse aus diesen Prozessen werden dem Stadtrat bis spätestens zum III. Quartal 2023 vorgelegt.“
Gegenstimmen von CDU und AfD
Die AfD äußerte sich nicht, ließ aber ihr einhellig negatives Abstimmungsverhalten für sich sprechen. Anders Karsten Albrecht von der CDU:
„Wir haben ein Kinder- und Jugendbüro, Kindertelefon, Familienbüros, Kinderschutzhaus, Jugendparlament, Schülerrat, Schulsozialarbeit, Jugendhilfeeinrichtungen wie OFTs, aufsuchende Teams, Kinder- und Jugendnotdienst, Familienhilfen der freien Träger und vieles mehr. Wie viel Öffentlichkeit wollen wir noch haben?“
Die wenige Öffentlichkeitsarbeit, die durch all diese Institutionen ausgeübt wird, weil sie täglich alle Hände voll damit zu tun haben, den Beratungs-, Begleitungs- und Betreuungsbedarf der Leipziger Kinder und Jugendlichen zu decken, scheint dem Stadtratsmitglied nicht präsent zu sein.
Ebenso gilt der Einwand von Juliane Nagel in dem vorangegangenen Statement, dass Kinder und Jugendliche strukturell wenig bis keine Mitbestimmungsmöglichkeiten haben, da zum Beispiel auch eine Absenkung des Wahlalters in Sachsen momentan nicht zur Debatte steht.
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